Kunstinstallationen zur Fastenzeit

In einigen Innenstadtkirchen Innsbrucks laden zeitgenössische Kunstwerke ein, während der Fastenzeit über Leben und Glauben zu reflektieren und darüber ins Gespräch zu kommen.

Die Kunstinstallationen während der Fastenzeit stehen heuer in engem Zusammenhang mit dem von Papst Franziskus ausgerufenen "Jahr des Gebetes". Zu sehen gibt es Kunstwerke im Dom St. Jakob, in der Spitalskirche, in der Servitenkirche, in der Johanneskirche (Universitätskirche), in der Jesuitenkirche, in der Wiltener Stiftskirche und in der Pfarrkirche Allerheiligen. Im Anschluss finden Sie Informationen zu den einzelnen Werken:

Eine Installation von Lois Anvidalfarei im Innsbrucker Dom erinnert P. Franz Reinisch. Foto: Hölbling

Dom zu St. Jakob

Lois Anvidalfarei, „geköpft“, 2022, Bronzeguss

Ein überdimensionaler Kopf aus Bronze, das Werk des Südtiroler Künstlers Lois Anvidalfarei, entstand in Auseinandersetzung mit dem Schicksal von P. Franz Reinisch. Der „Märtyrer des Gewissens“ wurde aufgrund seiner Weigerung, den Fahneneid auf Hitler abzulegen, am 22. August 1942 in Brandenburg an der Havel enthauptet. Der Pallottinerpater, der im Juni 1928 in der Propsteikirche St. Jakob zum Priester geweiht wurde, hat für seine Überzeugung buchstäblich seinen Kopf hingehalten. Die faszinierende Skulptur des Bildhauers Anvidalfarei ist nach ihrer Erstpräsentation in der Stadtpfarrkirche von Hall nun in der Fastenzeit 2024 im Innsbrucker Dom zu sehen – ganz zentral vor den Stufen zum Altar. Die Seligsprechung von P. Franz Reinisch steht unmittelbar bevor.

Aschermittwoch der Künstler 

Die Propstei- und Dompfarre St. Jakob und der Arbeitskreis Kunstraum Kirche laden zum Aschermittwoch der Künstler und Kunstinteressierten in den Dom St. Jakob ein. Dieser findet um 19:00 Uhr Dom zu St. Jakob statt. In diesem Rahmen wird die temporäre Installation für die Fastenzeit vorgestellt: „geköpft“ – „P. Franz Reinisch – Gewissen in dunkler Zeit“ von Lois Anvidalfarei hat in Auseinandersetzung mit dem Geschick des Pallottinerpaters Franz Reinisch einen abgetrennten Kopf gestaltet, der in der Vierung am Boden liegen wird.   

Der Wortgottesdienst mit Segnung und Austeilung der Asche wird musikalisch an der Orgel von Manfred Novak, Kirchenmusikreferent der Diözese Innsbruck, gestaltet. Anschließend sind alle zu einer Begegnung mit dem Künstler und zu Suppe und Tee im Rahmen der Fastenaktion der Katholischen Frauenbewegung in den Pfarrsaal, Domplatz 7, eingeladen.

Servitenkirche

Herbert Brandl, o.T., 2007, Öl auf Leinwand

Als Fastentuch in der Klosterkirche der Serviten ist ein überdimensioniertes Ölgemälde von Herbert Brandl zu sehen. Der international renommierte Maler liefert auf einer Bildfläche von ca. 20 Quadratmetern (!) ein bewegtes Farbenspiel, das den Betrachter in einen „Sog nach oben“ hineinnimmt – oder mit einem himmlischen Energieausstoß von oben herab überflutet. Das Bild des österreichischen Künstlers wirkt im Kirchenraum jedenfalls wie ein aufsteigendes Gebet inmitten unserer belasteten Zeit. Im Zusammenklang der kräftigen, fast beiläufig hingesetzten Pinselstriche in diversen Blautönen und Grau-Weiß-Abstufungen wird eine Dynamik freigesetzt, die den gesamten Kirchenraum in Schwingung versetzt. Erst auf den zweiten Blick sind im lichtvollen, luftigen Farbspiel dunkle Linien zu erkennen, die in der linken, oberen Bild-Ecke eine Kreuzform andeuten – eine Anspielung auf Caspar David Friedrichs „Kreuz im Gebirge“? Nur Romantik oder ein tatsächlicher Lichtblick für die Seele? Wir wissen es nicht. In jedem Fall ist das bewegende Bildwerk eine erfreuliche Auf-Schau-Hilfe, die uns allen guttut.

Spitalskirche – Kirche im Herzen der Stadt

Rudolf Wach, „Das Tor der zwei Hände“, 2010, Zeichnung auf Leinwan

In der „Kirche im Herzen der Stadt“ ist eine große Zeichnung (180 x 180 cm) von Rudolf Wach zu sehen. Der bekannte Tiroler Künstler, von dem auch das lange Zeit umstrittene Kreuz auf der Innbrücke stammt, wird heuer 90 Jahre alt. Auf der Zeichnung lassen sich zwei Hände erkennen, die mit den Fingern nach unten gerichtet sind. Dieses Motiv spielt im graphischen und skulpturalen Werk von Rudolf Wach eine große Rolle. Es meint eine Geste des Loslassens und des Behütens. Zugleich bilden die beiden Handflächen ein eigenartiges organisches Gebilde, das an zwei Lungenflügel denken lässt, vielleicht sogar an eine Herz-Form. Der Titel gibt an, dass die zwei Hände ein Tor öffnen würden. In der leichten Drehung der Handballen lässt sich dies tatsächlich erkennen. In jedem Fall finden sich in der feingliedrigen Zeichnung einige wertvolle Assoziationen zum spirituellen Schwerpunkt der diesjährigen Fastenzeit mit dem Thema „Beten – in der Schule der Hoffnung“: Beten ist nicht primär unser Tun, sondern ein Geschehen-Lassen. Es öffnet sich geheimnisvoll ein Raum, der dem Leben eine Tiefe und Weit verleiht.

Universitätskirche

Henry Jesionka, Black Holes, 2017-2023, Metallscheibe

Der kanadische Künstler mit polnischer Abstammung, Henry Jesionka, regt mit einer zweiteiligen Installation den Dialog zwischen Naturwissenschaft und Religion an. Vor dem barocken Bildnis des Hl. Johannes Nepomuk schwebt im Altarraum eine tiefschwarz beschichtete Metallschüssel – ein Hinweis auf das Phänomen der „Schwarzen Löcher“, die im Zentrum jeder Galaxie alle Energieflüsse und Gravitationskräfte zusammenhalten. Ihre Existenz führt zu einem ehrfürchtigen Staunen und dient zugleich als Metapher für eine spirituelle Reflexionen in der Fastenzeit. So z.B. müssen wir die Schattenseiten unserer Existenz wahrnehmen. Das Bildnis von Stephen Hawking (1942-2018) mit dem Titel „Black Holes“ im Eingangsbereich der Kirche ist darauf bezogen. Es zeigt den populären Physiker, der einen enormen Beitrag zur Erforschung des Universums und zum Verständnis von „Schwarzen Löchern“ leistete. Die ikonenhafte Darstellung ist ambivalent: Hawking steht für die genialsten Leistungen menschlicher Intelligenz und zugleich für deren Abgründe. U.a. wird mit dem Kupferemblem des geklonten Schafes Dolly und mit dem Hopfield-Netz (benannt nach dem amerikanischen Wissenschaftler John Hopfield, der das Modell 1982 bekannt machte) auf die problematischen Entwicklungen der Gentechnik und Künstlichen Intelligenz verwiesen. Nicht zu verschweigen ist in diesem Zusammenhang die Erwähnung von Hawking in den Epstein-Dokumenten – auch wenn ihm in diesen Akten nie ein persönliches Fehlverhalten weder vorgeworfen, noch nachgewiesen wurde. „Eingesackt“ in einem Mantel aus Blei sind vom extrem beeinträchtigten Körper des Physikers, der mithilfe eines Sprachcomputers kommunizierte, nur die Hände und das Gesicht sichtbar.

Jesuitenkirche

Hans Seifert, „Kreuzweg – wegschauen? 8 Tafeln“, Öl auf Leinwand

In der Innsbrucker Jesuitenkirche, wo es keinen dauerhaften Kreuzweg gibt, laden acht Kreuztafeln des Tiroler Künstlers Hans Seifert in der Fastenzeit zu einer persönlichen Kreuzweg-Meditation ein. Die Tafeln zeigen Menschen, die - wie der Erlöser - ein Kreuz tragen.  Als “Kreuze der heutigen Zeit” regen die gleich großen, aber unterschiedlich geformten Kreuze zum Nachdenken über die gezeigten Themen an. Das Wegschauen erweist sich bestimmt nicht als der richtige Weg, wie es der Künstler selbst formuliert.

Stiftskirche Wilten

Der Platz vor der Stiftskirche Wilten wird von Hans Seifert gestaltet zu einem Denkplatz. Damit lädt der Künstler ein, sich angesichts eines "Trümmer- und Abbruchfeldes" Gedanken zu machen über das eigene, bruchstückhafte Leben.

Der Denkplatz ist ein interaktives Kunstprojekt, das zum Verweilen und persönlichen Werden einlädt.

Hinführung zum Kunstwerk im Rahmen einer Abendmesse am ersten Fastensonntag, 18. Februar um 19 Uhr mit Abt Leopold Baumberger und dem Künstler Hans Seifert.

Pfarrkirche Allerheiligen

Klaus Giesriegl, "Balanced", Fastentuch

Klaus Giesriegl schreibt zu seinem Fastentuch 2024:

Die Sichtweise, dass wir die Natur nicht als ein distanziertes Gegenüber haben, sondern dass wir selbst Teil der Natur sind, ist der inhaltliche Träger des Bildes. Dieses Eingebundensein gelingt dann, wenn wir unser Handeln ausgewogen, mit Augenmaß betreiben, uns in Balance mit der Natur bringen. Die Hand auf dem Bild steht für unser Handeln, der Nagel als unser Werkzeug und das Ei, roh und zerbrechlich, kostbares Gut unserer Lebensgrundlage. Diese drei Elemente sind eingebunden in frisches Moos aus dem Wald. 

Das Bild ist in der Scribbeling -Technik mit feinster Feder und Tusche gezeichnet. Das Moos aus dem Wald wird am Ende der Fastenzeit, nach Abbau des Bildes wieder dorthin zurückgeführt.“