Perspektivenwechsel zum Tag des Judentums

Gottesdienste und Veranstaltungen in ganz Österreich zeigen Verwurzelung des Christentums im Judentum

Seit einem Vierteljahrhundert begehen die christlichen Kirchen am 17. Jänner den Tag des Judentums. Es ist ein bewusst gewähltes Datum, direkt vor dem Start der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Damit soll Christinnen und Christen bewusst der Ursprung ihres Glaubens im Judentum vor Augen geführt werden. Zugleich geht es darum, an das Unrecht in der Geschichte, das an jüdischen Menschen und ihrem Glauben begangen wurde, erinnert zu werden. „Ich sehe diesen Tag als Ausdruck der Wertschätzung. Man bemüht sich um eine Beziehung, die ehrlich ist“, sagt dazu Siegfried Aviel Gitterle. Im vergangenen Jahr wurde er zum neuen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg gewählt. Der gebürtige Fließer hofft, dass sich auch zu anderen Anlässen Religionsgemeinschaften auf jüdische Inhalte beziehen.

 

Jüdische Perspektive 

Österreichweit finden zum Tag des Judentums Gottesdienste, Gedenk- und Lernveranstaltungen statt. In diesem Jahr wird der Tag des Judentums in Innsbruck bereits am 16. Jänner begangen, damit die Veranstaltung nicht auf den Schabbat fällt. Der Oberrabbiner von Salzburg und Gemeinderabbiner von Bern, Jehoschua Ahrens, wird um 19 Uhr im Haus der Begegnung über „Jesus aus jüdischer Perspektive“ sprechen. Die Veranstaltung wird vom Lokalkomittee für jüdisch-christliche Zusammenarbeit Tirol organisiert, Bischof Hermann Glettler und Superintendent Olivier Dantine laden dazu ein.

 

Unterschiede respektieren 

„Wichtig ist, dass man das Anders-Sein des Anderen schätzt“, fasst Gitterle seinen Wunsch für den Kontakt zwischen den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften zusammen. Der 66-Jährige kennt diesen Blick auf die Unterschiede. Er ist selbst vor etwa 40 Jahren vom Katholischen Glauben zum Judentum übergetreten. Die Zusammenarbeit in Innsbruck in den vergangenen Jahrzehnten weiß er zu schätzen: „Unter anderen hat auch Bischof Stecher der jüdischen Gemeinde in Innsbruck zu einer sehr schönen Struktur verholfen. Dafür sind wir sehr dankbar!“ Seit 1993 ist die „Neue Innsbrucker Synagoge“ mit ihrem Gemeindesaal das Zentrum der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg.

 

Gitterles Ziel ist es nun, diese Strukturen auch mit einem Mehr an religiösem Leben zu füllen. Er hofft, dass es möglich ist, mehr als die drei hohen Feiertage und den ersten Schabbat im Monat zu feiern. Darüberhinaus will die Kultusgemeinde ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm anbieten. Auch die Website soll erneuert werden.

 

Gitterle ergänzt zur derzeitigen Sensibilität des Dialoges: "Für den ehrlichen Dialog, der heute zwischen Juden und Christen möglich ist, mussten unzählige Juden sterben. Mögen wir das Erreichte nicht wieder durch unüberlegte Worte gefährden!"

Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen.

 

Internationale Gebetswoche 

Vom 18. bis 25. Jänner wird die internationale Gebetswoche für die Einheit der Christen begangen. Während dieser Ökumene-Woche kommen Christinnen und Christen aus unterschiedlichen Konfessionen zusammen, um gemeinsam für die Einheit der Christenheit zu beten. Heuer steht die Woche unter dem Motto: „Glaubst du das?“ Das Zitat ist dem Johannes-Evangelium entnommen. Die diesjährigen, online verfügbaren Texte zur Weltgebetswoche wurden von den Brüdern und Schwestern der Gemeinschaft von Bose in Norditalien vorbereitet.

 

2025 jährt sich zum 1.700. Mal das erste christliche ökumenische Konzil, das 325 nach Christus in Nizäa in der Nähe von Konstantinopel stattfand. Die Gebetswoche lädt dazu ein, aus diesem gemeinsamen Erbe zu schöpfen und sich intensiver in den Glauben zu vertiefen, der alle Christen eint.

 

Der zentrale Gottesdienst des ÖRKÖ zur Gebetswoche findet am Dienstag, 21. Jänner, in der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskathedrale in Wien statt. In Tirol lädt der Ökumenische Arbeitskreis Tirol am 25. Jänner um 18 Uhr zu einem ökumenischen Gottesdienst in die Innsbrucker Pfarrkirche St. Pirmin. (Weitere Gottesdienste in Tirol: www.oekumene-tirol.at/veranstaltungen)

Perspektivenwechsel zum Tag des Judentums
Foto: Gitterle/privat