kfbö-Delegation nimmt in Südkorea hohe Auszeichnung für Tiroler Ordensschwestern entgegen
Eine Delegation aus Vorsitz und Geschäftsführung der Katholischen Frauenbewegung Österreichs hat in Südkorea stellvertretend für die beiden österreichischen Ordensschwestern Marianne Stöger und Margit Pissarek den „Manhae-Preis für soziales Handeln“ entgegengenommen. Mit dem Preis, der als hohe Auszeichnung Südkoreas in unterschiedlichen Kategorien bisher an Persönlichkeiten wie Nelson Mandela, den Dalai Lama, Fethullah Gülen oder Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi vergeben wurde, würdigte das Land den Dienst der beiden Christkönigschwestern an den Kranken auf der „Lepra-Insel“ Sorok. Während 43 Jahren gelang es den zwei Tirolerinnen, umfassende Einrichtungen zu initiieren, die die die Verbreitung von Lepra bzw. Morbus Hansen in Südkorea nahezu zum Stillstand gebracht haben. Die Preisverleihung am 12. August, die von den seit 2005 wieder in Österreich lebenden Ordensfrauen selbst nicht wahrgenommen werden konnte, war verbunden mit der Würdigung der langjährigen Unterstützung des Hilfsprojekts auf Sorok durch die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, die 1958 mit dem Schwerpunkt auf Südkorea gestartet worden war. Die seinerzeitige Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs und Wegbereiterin des entwicklungspolitischen Engagements der kfbö, Herta Pammer, stand in engem Kontakt mit Marianne Stöger und Margit Pissarek.
„Wir waren und sind überwältigt von der überaus hohen Wertschätzung und Dankbarkeit, die Marianne Stöger und Margit Pissarek in Südkorea entgegengebracht werden“, berichtet Eva Oberhauser. Oberhauser war als stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung und Zuständige für die Agenden der Aktion Familienfasttag gemeinsam mit der zweiten stellvertretenden Vorsitzenden Andrea Ederer sowie Maria Hauer, Mitglied der Geschäftsführung, von der kfbö delegiert worden, die Ehrung für Stöger und Pissarek entgegenzunehmen. „Ich war in Kalkutta und habe das Werk von Mutter Teresa kennengelernt – das, was ich auf Sorok gesehen habe, kommt dem recht nahe“, so Oberhauser, die mit ihren Kolleginnen auf Einladung des Gouverneurs der Provinz Goheung-Gun gereist war.
Kultstatus in Südkorea
In Südkorea war die Preisverleihung auf hohes mediales Interesse gestoßen, die größte Tageszeitung des Landes wie auch elektronische Medien haben berichtet.„Marianne Stöger und Margit Pissarek genießen regelrechten Kultstatus. Man kann die Häuser, die die beiden errichten ließen, besichtigen, sie wurden zu nationalen Kulturgütern erklärt, und ein Museum informiert über die Arbeit der Schwestern“, berichtet Oberhauser.
Einsatz im Namen der Menschenwürde
Als Stöger und Pissarek 1962 im Alter von 27 bzw. 28 Jahren nach Sorok kamen, trafen sie auf nackte Not. Nach dem Ende der 35-jährigen japanischer Besatzungszeit, während der an Morbus Hansen Erkrankte auf die Insel verbannt worden waren, hatte sich nichts an der bestehenden Ächtung und Verbannung geändert. „Die Kranken hatten unterwürfig zu sein, Schläge standen an der Tagesordnung, auch Zwangsabtreibungen und Sterilisationen. Es brauchte Jahrzehnte, um das zu ändern“, erklärt Marianne Stöger. Stöger und Pissarek ging es darum, den Kranken ihre Menschenwürde zurückzugeben. Das ließ sie mit bloßen Händen zupacken, Medikamenten- und Geld-Sammelaktionen starten, um ein Haus für die Kranken zu errichten, einen Krankentrakt für Tuberkulose-PatientInnen anzuschließen, einen weiteren für geistig Behinderte.
Von der „Lepra-Station“ zur international beachteten Pflege- und Forschungseinrichtung
Die „Lepra-Station“ entwickelte sich schließlich zu einer weltweit renommierten Pflege- und Forschungseinrichtung, die jüngst das „World Hansen´s Disease Forum“ mit rund 30 nationalen Delegationen aus aller Welt ausrichtete. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen reicht inzwischen nahe an Null, das Durchschnittsalter der verbliebenen 539 Kranken auf Sorok beträgt gegenwärtig 75 Jahre.
Stöger und Pissarek für Friedensnobelpreis vorgeschlagen
Bereits in den vergangenen Jahren haben Marianne Stöger und Margit Pissarek zahlreiche Auszeichnungen erhalten. 1996 verlieh ihnen der südkoreanische Ministerpräsident die „Koreanische Nationalmedaille“, 1999 bekamen sie den „Ho-Am-Preis“ der Samsung-Foundation, und am 8. Juni diesen Jahres hat das koreanische Justizministerium den beiden Frauen die Ehrenstaatsbürgerschaft verliehen, eine seltene Würdigung, die zuvor nur einer einzigen weiteren Person zuteil geworden ist. Die Verwaltung von Goheung-Gun hat die beiden Tiroler Ordensfrauen für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Dem Ruf Gottes gefolgt
Marianne Stöger und Margit Pissarek haben die Einladung, ihren Lebensabend gut versorgt in Südkorea zu verbringen, ausgeschlagen. Für Stöger ist das, was sie 43 Jahre lang getan hat, „nichts Besonderes“. „Ich bin dem Ruf Gottes gefolgt“, erklärt die Tirolerin, und sie würde es wieder tun: „Unter den gleichen Bedingungen: wenn man versteht und erkennt, dass Jesus in uns lebt, dann kann man jeden Menschen lieben“. Mit großer Genugtuung erfüllte Stöger der Beschluss der südkoreanischen Regierung im Mai 2015, ehemalige Morbus Hansen-Erkrankte, die Opfer von Abtreibung und Sterilisation geworden waren, zu entschädigen.
Zuwendungen der Aktion Familienfasttag unverzichtbar
Die Unterstützung des Familienfasttages der Katholischen Frauenbewegung Österreichs würdigt Stöger als wichtigen Baustein dessen, was sie gemeinsam mit Margit Pissarek voranbringen konnte: „Ohne die jahrelangen Zuwendungen seitens des Familienfasttags wären wir nicht so weit gekommen.“ Die stellvertretenden Vorsitzenden der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, Eva Oberhauser und Andrea Ederer, bezeichnen ihrerseits die „Korea-Hilfe“ als „eines der nachhaltigsten Projekte der Aktion Familienfasttag“.
Im Mai diesen Jahres war Marianne Stöger zur 100-Jahr-Feier der „Lepra-Station“ in Sorok, im Oktober wird der Pfarrer der katholischen Kirche in Sorok, Kim Yeon-Jun, nach Tirol kommen, um Stöger und Pissarek, die in einem Pflegeheim lebt, zu besuchen. Ein Dokumentarfilm über „die Schwestern der Lepra-Kranken“ ist auf Initiative der katholischen Kirche in Südkorea in Vorbereitung.
