Urlaubsgedanken von Bischof Manfred Scheuer

In der aktuellen Ausgabe "Moment" verrät Bischof Scheuer wie er heuer seinen Urlaub verbringt. Dazu gibt es Tipps für ein geistliches Leben.

In der aktuellen Ausgabe des "Moment" geht es vordergründig um Urlaub. Bischof Manfred Scheuer hat sich dazu seine Gedanken gemacht. 

In Kindergärten und Schulen fragen mich die Kinder oft: Hast du auch Freizeit und Urlaub und was machst du da? In diesem Sommer nehme ich mir Zeit für eine Reise nach innen bei dreiwöchigen Exerzitien, für eine Pilgerreise und für Touren in die Berge, z. B. in den Stubaier Alpen oder auf den Großglockner.

Ich versuche, meine äußere und innere, meine körperliche und geistliche Bewegungsfähigkeit zu üben. Das Gehen und Reisen wirkt Persönlichkeit bildend und Freundschaft stiftend. „Verlieren Sie vor allem nicht die Lust dazu zu gehen! Ich laufe mir jeden Tag das tägliche Wohlbefinden an, und entlaufe so jeder Krankheit; ich habe mir meine besten Gedanken angelaufen, und ich kenne keinen Gedanken, der so schwer wäre, dass man ihn nicht beim Gehen loswürde." (Sören Kierkegaard) Geistige Beweglichkeit hat etwas zu tun mit einem Überblick zu verschiedenen Denkweisen über die Fähigkeit zur Kritik bis hin zur Selbstkritik. Und der geistliche Weg richtet den Blick auf das Ziel des Lebens: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen! Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat!" (Psalm 121)

Nicht das Vielerlei ist entscheidend, sondern das Verweilen bei Einem 

Urlaub hat für mich etwas zu tun mit der Erfahrung von Schönheit. Manchmal nehme ich eine Blume am Wegrand wahr und staune darüber, dass es so etwas Schönes einfach gibt. Mein Inneres wird genährt durch das Erleben der Natur, durch Gedichte und Texte, durch eine berührende Symphonie, durch faszinierende Räume, durch Kunstwerke, durch die innere Schönheit von Menschen. Dabei ist es nicht so, dass ich vieles brauche. Nicht das Vielerlei, nicht die vielen Eindrücke, nicht die vielen Reize heilen letztlich die Seele, sondern das Kosten, das Verspüren der Innenseite der Dinge, das Verweilen bei Einem.

Und Urlaub hat für mich viel zu tun mit innerer und äußerer Regeneration. In den Knochen und auch im Kopf steckt viel Müdigkeit. Bewusster als sonst kann ich auf die Signale des Leibes achten. Unsere Alltagssprache zeigt, dass der Leib auch auf seelisch-geistige Vorgänge reagiert: Jemand hat eine Wut im Bauch; es schlägt einem ein Streit auf den Magen; es lastet Verantwortung auf den Schultern; er trägt schwer an etwas, ist gebeugt; es sitzt die Angst im Nacken; es zittern vor Angst die Knie usw. Damit ist aber der Leib eine Art Warnsystem. Er kann einen darauf aufmerksam machen, dass einiges im eigenen Leben nicht stimmt; dass der Geist schon einige rote Ampeln überfahren hat. „Tu deinem Leib Gutes, damit deine Seele Lust gewinnt, in ihm zu wohnen." (Teresa von Avila)

Fünf Tipps für ein augewogenes geistliches Leben 

Einer meiner Exerzitienbegleiter Franz Jalics gibt für das geistliche Leben folgende Hinweise: Die erste Priorität gilt dem Schlaf. Ein unausgeschlafener Mensch kann weder in der Meditation noch bei der Arbeit wach und aufmerksam sein. Als zweite Priorität kommt die körperliche Bewegung. Dies gilt besonders für Menschen, die von Berufs wegen meist stehen oder sitzen. Die dritte Priorität ist das Gebet, Kontemplation. Als vierte Priorität nennt Jalics die Zeit für Gemeinschaft. An fünfter Stelle steht schließlich die Arbeit, die noch immer genügend Zeit einnimmt.

Urlaub ist ein Freiraum, in dem wir uns nicht gehetzt und gedrängt fühlen, nicht unter Druck und Zwang stehen. Ich wünsche Ihnen Zeiten des Aufatmens, des Urlaubs, der Urerlaubnis leben zu können ohne Zwang zur Rechtfertigung, ohne Druck und Stress, Zeiten der Schwerelosigkeit und der Weite, der Zweckfreiheit und der Schönheit.

 Manfred Scheuer, Bischof von Innsbruck

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Urlaubsgedanken von Bischof Manfred Scheuer