Theologe Palaver: An Ziel atomarer Abrüstung festhalten

Friedensforscher antwortet auf evangelischen Theologen Körtner, der in "Furche" den Verzicht auf Kernwaffen als "zumindest zweifelhaft" bezeichnet hat

Der Innsbrucker katholische Theologe und Friedensforscher Wolfgang Palaver drängt darauf, am Ziel der atomaren Abrüstung unbedingt festzuhalten. Alles andere würde unweigerlich irgendwann in eine Katastrophe führen, zeigte sich Palaver im Kathpress-Interview überzeugt. Palaver reagierte damit auf einen Gastbeitrag des Wiener evangelischen Theologen Ulrich Körtner, der in der "Furche" (aktuelle Ausgabe) einen Verzicht auf Kernwaffen zur atomaren Abschreckung als "zumindest zweifelhaft" bezeichnet hatte. Auf dieser Grundlage sei es nicht argumentierbar, warum man einem Land wie dem Iran oder anderen Mächten den Besitz von Atomwaffen absprechen sollte.

 

Zwar sei der Atomwaffensperrvertrag von 1970 inzwischen vielfach aufgeweicht worden, aber es gebe weiterhin unterstützenswerte Bemühungen, "die nukleare Abrüstung erneut auf die Agenda zu setzen und den Druck auf die Atommächte zu erhöhen", so Palaver unter Verweis etwa auf den Atomwaffenverbotsvertrag, der die Stationierung und den Einsatz von Kernwaffen ebenso verbietet wie die Drohung mit dem Einsatz von Kernwaffen. Der Vertrag, der 2021 in Kraft trat, sei inzwischen von 93 Ländern unterzeichnet und von 70 davon ratifiziert worden. Der Vatikan gehörte zu den Erstunterzeichnern. "Das mag realpolitisch aktuell keine große Relevanz haben, aber es ist ein wichtiges Signal, um die Problematik der atomaren Abschreckung anzusprechen."

 

Irritiert zeigte sich Palaver zudem von Körtners resignativem Tonfall, wenn er schreibe, die Aussicht auf eine kernwaffenfreie Welt sei mit dem Ukraine-Krieg "in weite Ferne gerückt. Wenn die Kirchen ehrlich seien, "müssen sie nüchtern anerkennen, dass eine Sicherheitsordnung ohne nukleare Abschreckung auf absehbare Zeit kaum denkbar ist." Dagegen könne in der evangelischen Theologie mit dem Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) festgehalten werden, dass die Kirche an einer "Langfrist-Perspektive" zum Ausstieg aus Atomwaffen festhalten müsse, ohne sich zugleich von der Politik abzusetzen oder sich moralisierend über sie zu erheben.

 

Entsprechend seien sowohl die Äußerungen von Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Fratelli tutti" (2020) in Erinnerung zu rufen, in denen er den Einsatz zur Abschaffung der Atomwaffen als "moralische Pflicht" bezeichnete, als auch die jüngsten Äußerungen der Deutschen Bischofskonferenz zu bekräftigen, die in einem gemeinsamen Friedenswort für eine "Abschreckung ohne Nuklearwaffen" geworben haben und vor einem neuen atomaren Wettrüsten gewarnt haben.

 

Körtner: Atomares Säbelrasseln
Körtner hatte in seinem Gastbeitrag betont, dass der "bisherige ökumenische Common Sense, wonach nicht nur der Einsatz, sondern schon die Drohung mit Atomwaffen jeder christlichen Ethik widerspricht", zuletzt unter Druck geraten sei. Man sei offenbar froh, "unter dem atomaren Schutzschirm der NATO zu leben" und müsse nun im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und des russischen atomaren Säbelrasselns "nüchtern anerkennen, dass eine Sicherheitsordnung ohne nukleare Abschreckung auf absehbare Zeit kaum denkbar ist." Europa, so Körtner, werde daher künftig "mehr für seine Sicherheit tun müssen, anstatt sich vornehmlich auf die USA zu verlassen". Eine denkbare Option sei auch für ihn die Integration von EU-Staaten in den Nuklearschutz Frankreichs. 

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Foto: Cincelli/dibk.at