Scheuer zum Islam-Dialog: Trotz Misserfolg keine Alternative

Auch wenn die Situation für die Christen im Nahen Osten immer schwieriger wird, gibt es zum Dialog zwischen den Kulturen und Religionen keine Alternative. Das hat der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer im "Kathpress"-Gespräch betont.

 (KAP) Auch wenn die Situation für die Christen im Nahen Osten immer schwieriger wird, gibt es zum Dialog zwischen den Kulturen und Religionen keine Alternative. Das hat der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer im "Kathpress"-Gespräch betont. Er äußerte sich am Rande der diesjährigen Jahrestagung der "Initiative Christlicher Orient" in Salzburg, die unter dem Motto "Der Dialog zwischen Christen und Muslimen im Nahen Osten" steht. Auch wenn im Orient immer mehr Christen mit Gewalt unterdrückt und vertrieben werden, könne die Antwort darauf nur Gewaltfreiheit sein, so der Bischof. Das sei der Weg Jesu. Gegengewalt oder Ausgrenzung seien für Christen keine tauglichen Mittel im Umgang mit Fremden.
Doch nicht nur im Orient, sondern vor allem auch im Westen gelte es diesen Dialog zu führen. Die Christen in Europa müssten zuallererst auch ihre "eigenen Hausaufgaben" machen, sagte der Bischof: "Der Dialog mit den Muslimen muss vor der eigenen Haustür passieren." Dazu brauche es gegenseitiges Kennenlernen, Verstehen und Wertschätzung. Freilich setze ein gelungener Dialog auch voraus, dass die Christen in ihrer eigenen Religion fest verwurzelt sind, so Scheuer.
Der Innsbrucker Bischof eröffnete die diesjährige Jahrestagung der ICO, die noch bis Dienstag dauert. Er besuchte im vergangenen Frühling gemeinsam mit ICO-Obmann Prof. Hans Hollerweger den Nordirak, um sich vor Ort ein Bild über die Lage der Christen zu machen.
Theologischer Austausch wenig zielführend
Der ägyptische Vatikan-Berater und Jesuitenpater Samir Khalil Samir plädierte bei der ICO-Tagung dafür, keine zu hohen Erwartungen in einen theologischen Dialog mit Muslimen zu stecken. Ein solcher Dialog sei weitestgehend sinnlos. Im Gespräch müsse es vielmehr zuerst um kulturelle Fragen gehen. Dazu zählte Samir u.a. die Diskussion um die Gültigkeit der Menschenrechte. Wenn es so etwas wie Menschenrechte gibt, dann müssten diese für alle Menschen gelten. Es dürfe keine religiösen Vorbehalte geben, wie dies vom Islam immer wieder geäußert wird.
Heftige Kritik übte der Jesuit auch an muslimischen Migranten in Europa, die sich von der europäischen Kultur abschotten wollen. Wenn man schon in einen anderen Kulturkreis auswandert, dann müsse man sich in gewisser Weise auch an die jeweilige Kultur anpassen, so Samir: "Ich muss mich dann an die in Europa geltenden Normen anpassen, und nicht: Diese Normen müssen sich an die Scharia anpassen."
Der gebürtige Ägypter, der neben Theologie und Philosophie auch Islamwissenschaft studierte, lehrt in Rom, Paris und Beirut, wo er u.a. auch Imame über das Christentum unterrichtet. Er gab in seinen Ausführungen einige Beispiele, wie sehr die arabische und europäische Kultur auseinander liegen würden, was den Dialog erschwere. So bedeute der Begriff "Freiheit" für einen Ägypter etwas ganz anderes als für einen Europäer. Die Religion setze der Freiheit aus der Sicht der Muslime Grenzen. Der Europäer hingegen können sich
auch frei entscheiden, nicht religiös zu sein. Für Muslime sei aber der Gedanke einer "Freiheit des Gewissens", die es einem erlaubt, die Gemeinschaft der Muslime zu verlassen, völlig inakzeptabel und undenkbar.
Auch Muslime haben "Recht auf das Evangelium"
Zuletzt warnte der ägyptische Jesuit auch davor, den Missionsauftrag Jesu nicht ernst zu nehmen. Auch den Muslimen müsse das Evangelium verkündet werden: "Sie haben ein Recht darauf." Freilich dürfe diese Verkündigung nicht mit Zwang oder Gewalt erfolgen sondern durch das eigene christliche Lebenszeugnis.
P. Samir hielt am Montagabend den Hauptvortrag bei der ICO-Tagung, für den eigentlich der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako vorgesehen gewesen war. Der Patriarch hatte allerdings kurzfristig seine Teilnahme absagen müssen. In einem Grußwort würdigte Sako aber die Arbeit der ICO, die einen wichtigen Beitrag dafür leiste, dass die Präsenz der Christen im Orient auch weiterhin gegeben ist.
Dialog: Orden nahmen Konzil vorweg
Der Salzburger Theologe Franz Gmainer-Pranzl skizzierte in seinem Vortrag die Bemühungen der offiziellen katholischen Kirche um den Dialog mit den Muslimen. Initiativen von Seiten zahlreicher Ordensgemeinschaften hätte es schon seit Jahrhunderten gegeben, die Amtskirche habe sich aber erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) für einen ernsthaften Dialog geöffnet. Diese Neuorientierung der Kirche stehe und falle mit dem Bekenntnis zum "universalen Heilswillen Gottes", so Gmainer-Pranzl.
Als "Turbomotor" des Dialogs bezeichnete der Theologe Papst Johannes Paul II. Dieser habe von sich aus offensiv die Begegnung und das Gespräch gesucht. Die vielleicht spektakulärste Aktion sei dabei die Begegnung des Papstes 1985 mit 80.000 Jugendlichen im marokkanischen Casablanca gewesen. Aber auch noch später im hohen Alter habe der Papst etwa mit seinem Besuch in der Omajjaden-Moschee im syrischen Damaskus 2001 ein bewegendes Zeichen gesetzt.
Damit ein Dialog mit dem Islam aber überhaupt in Gang kommen kann, brauche es überzeugte Gesten der westlichen Kirchen für Gerechtigkeit und Frieden. Nur allzu oft werde das Christentum von den Muslimen als Religion des Kapitalismus bzw. der USA oder des Westens angesehen. Diesem Bild gelte es durch entschiedenen Einsatz für mehr Gerechtigkeit entgegenzuwirken, so Gmainer-Pranzl. 

Im Rahmen dieser Veranstaltung hat auch der Referent des Bischofs, Dr. Josef Walder, einen Vortrag gehalten, der hier nachgelesen werden kann.
O-Töne von Bischof Scheuer und der Vortrag im Wortlaut stehen als Download zur Verfügung: 

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