Scheuer: Europa ohne Religionen undenkbar

Kirchen und Religionen bemühen sich um soziale Gerechtigkeit, betonte Scheuer im Campus der Universität Wien.

Ohne Religion wäre Europa undenkbar, hat der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer am Dienstagabend im Campus der Universität Wien betont. Er diskutierte gemeinsam mit dem lutherischen Bischof Michael Bünker, dem rumänisch-orthodoxen Bischofsvikar Nicolae Dura, Rabbiner Schlomo Hofmeister und dem Vorsitzenden des Schura-Rats der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Zekirija Sejdini, zum Thema "Religionen für Europa". Konsens herrschte unter den Diskutanten über die religiöse Grundveranlagung des Menschen wie auch über den großen Wert der Religionsgemeinschaften für das "Projekt Europa".

Durch Vielfalt und Werteorientierung seien Religionsgemeinschaften in der Lage, aus Europa mehr als nur eine Zweckgemeinschaft zu machen, erklärte Bischof Bünker. Er sprach von einem Sozialstaat- und Wohlfahrtsstaatprojekt. Die Kirchen und Religionen setzten sich dafür ein, "dass Menschen nicht unter die Räder kommen; sie bemühen sich um soziale Gerechtigkeit".

Scheuer schränkte ein: "Wir können weder die Banken noch die Regierungen direkt beeinflussen. Wir können lediglich Zeichen setzen, die hoffentlich zu denken geben." Es gehe um zivilgesellschaftliches Engagement im rechtlich-politischen und ethischen Diskurs.

Bischof Bünker unterstrich die Bedeutung der Menschenrechte als Basis des Zusammenlebens. Freilich räumte er ein, dass die Menschenrechte weitgehend den Kirchen abgerungen hatten werden müssen. Erst die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts mit den totalitären Regimen und den Vernichtungen hätten dazu geführt, dass die Kirchen dann letztlich ein uneingeschränktes Ja zu den Menschenrechten sagen konnten, "und sie tun das nicht nur als Zugeständnis, sondern aus ihrer innersten Glaubensüberzeugung heraus", so der Bischof.

Zum Grundkonsens der Menschenrechte gehöre auch die rechtliche Sicherung der Religionsgemeinschaften als zentraler Faktor, unterstrich Scheuer. Ein Verzicht auf Religionen hätte daher fatale Auswirkungen auf die Menschenrechte, zeigte er sich überzeugt.

Die Bedeutung der Religionen für die Integration hob der Vorsitzende des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRKÖ), Bischofsvikar Dura, hervor. Kulturelle und religiöse Vielfalt sei letztlich ein Gewinn für alle.

Im Blick auf die orthodoxen Kirchen räumte der ÖRKÖ-Vorsitzende ein, dass die ökumenische Aufgeschlossenheit in den orthodoxen Stammländern nicht überall gleich groß sei wie in Österreich. Für eine wachsende Zahl stehe hingegen fest: "Ob Katholiken, Orthodoxe oder Protestanten - wir sind alle eine christliche Familie."

Zekirija Sejdini von der Islamischen Glaubensgemeinschaft ging in seinen Ausführungen u.a. auch auf die natürliche religiöse Veranlagung des Menschen ein. Wenn Staaten bzw. Ideologien die Religion zurückzudrängen suchten - Sejdini verwies auf Nordkorea bzw. den Kommunismus vor 1989 - komme es zur Herausbildung von Ersatzreligionen.

Rabbiner Hofmeister unterstrich die Verpflichtung aller Religionen, sich innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft gegen Extremismus und Fundamentalismus einzusetzen.

Zu der Veranstaltung hatte die Forschungsplattform "Religion and Transformation in Contemporary European Society" geladen. Die Plattform der Universität Wien vereint unter ihrem Dach Wissenschaftler verschiedenster Gebiete - von Theologie und Religionswissenschaft über Sozialwissenschaften und Rechtswissenschaften bis zu Kulturwissenschaften.

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