Neue Herausforderungen für Pfarrgemeinderäte

Bischof Manfred Scheuer zu den Pfarrgemeinderatswahlen 2012 in der Diözese Innsbruck. Außerdem viele Zahlen, Daten und Fakten ...

In der Arche in Zirl, dort wo aktuell die Pfarre regelmäßig ihre Pfarrgemeinderatssitzungen abhält und einem Musterbeispiel für gelungene Pfarrarbeit, lud die Diözese Innsbruck zu einer Pressekonferenz anlässlich der bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen am Sonntag, 18. März 2012.

Pfarrgemeinderäte sind Antlitz von Kirche 

Bischof Manfred Scheuer schilderte Eindrücke von seinen vielen Pfarrbesuchen: „Bei den Visitationen und vielen Pfarrbesuchen erlebe ich lebendige Pfarrgemeinden, die Glauben bezeugen, Feste feiern, Gemeinschaft stiften und die ein offenes Ohr und Herz für Menschen in Not haben. Das meiste von dem wäre ohne die Pfarrgemeinderäte nicht möglich. Pfarrgemeinderäte sind ein sympathische Antlitz von Kirche.“

Seelsorge im Wandel 

Veränderungen sieht Bischof Manfred Scheuer in der Seelsorge: „Diese hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Die traditionelle Bindung an die Kirche nimmt ab, Menschen wollen aber weiterhin Antworten auf Fragen des Lebens und des Glaubens. Daher ist es auch für die Pfarrgemeinderäte wichtig, auskunftsfähig zu werden in Sachen Leben und Glauben. Es sind viele Dienste, die meist nicht wahrgenommen werden, die mit einer großen Selbstverständlichkeit getan werden. Und da soll es bewusst keine Rangordnung von Bedeutsamen und Unwichtigem geben. In einer Pfarrgemeinde gibt es nicht nur Produzenten und Konsumenten, sondern viele Menschen, die mittun. Auch Menschen mit Einschränkungen haben ihr Charisma und sind wichtig.“

Wahlen in der Kirche haben Tradition 

Wahlen in der Kirche sind nicht so außergewöhnlich wie vielleicht angenommen wird, so Bischof Manfred Scheuer: „Wahlen haben in der Kirche seit dem Apostel Matthias und den Diakonen eine Tradition. Die Annahme der Amtsträger durch das Gottesvolk war mit konstitutiv für die Berufung. Durch Wahlen wurde gesagt: Wir brauchen dich, du kannst es, du gehörst dazu. Und so bringen Wahlen auch immer wieder eine Auffrischung durch junge Leute. Die Glaubensweitergabe an die junge Generation halte ich für die entscheidende Aufgabe der Kirche in den nächsten Jahren. Durch die Wahl bekommen die Pfarrgemeinderäte den Rückhalt der Gemeinde zu spüren: ‚Ich traue Dir das zu!’“

Es bedarf einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit jenseits von Konkurrenz und Neidgefühlen 

Das Miteinander und die Kooperation in den Pfarrgemeinderäten ist wichtig und hat Scheuer bei seinen Visitation zumeist gut erlebt. Dennoch braucht es eine Feinfühligkeit in der Arbeit: „Pfarrgemeinderäte arbeiten in den Pfarren der Diözese Innsbruck sehr verantwortungsvoll zum Wohl der christlichen Gemeinden und Gemeinschaften. Ehrenamtliches Engagement hat gewiss auch seine Grenzen. Hilfreich ist eine klare Beschreibung der Tätigkeit und der Aufgabenfelder, Klärung zeitlicher Anforderungen, ausreichende Information und gute Kommunikation. Wenn dies zu wenig beachtet wird, kann es nicht selten zu Spannungen kommen. Reibungspunkte entstehen, wenn die Freiwilligkeit selbstverständlich scheint, wenn hauptberufliche Mitarbeiter den Ehrenamtlichen Qualifikationen absprechen, wenn Zeitressourcen zu wenig bedacht werden, wenn der Grundton das „Anschaffen“ und Diktieren ist, wenn der Pfarrer bloß Vertreter „meiner“ oder „unserer“ Interessen wird. Es bedarf einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit jenseits von Konkurrenz und Neidgefühlen, und es braucht ein Klima des Respekts und der gegenseitigen Wertschätzung. Überforderungen und Überlastungen müssen ernst genommen werden. Manchmal gibt es auch den Wunsch nach Unterbrechung, nach einem „Zurückstecken“, nach einem (bedankten) „Aufhören dürfen“. Dafür gilt es sensibel zu sein, und dies gilt es auch ernst zu nehmen.“

Neue Herausforderungen 

Die neuen Seelsorgeräume und die verminderte Anzahl von Priestern lassen die Zukunft in einem neuen Licht erscheinen Bischof Scheuer: „Die Zusammenarbeit mit den Nachbarpfarren st eine große Herausforderung für die Zukunft. Es braucht in den Pfarren Menschen, die von ihrem Glauben Zeugnis ablegen und sich für gemeinschaftliches Glauben und Feiern einsetzen. Das sind nicht allein die Pfarrgemeinderäte, aber sie werden Ausschau halten müssen nach solchen „Zeugen des Glaubens und des Lebens“. Der Dienst aller in der Seelsorge wird in dem Maß fruchtbar, wie wir entdecken, dass wir alle „Geistliche“ sind - und füreinander werden sollen. Seelsorge geschieht dort, wo Jesus Christus in den Blick gerückt wird, wo Getaufte und Gefirmte sich miteinander vernetzen und Weggemeinschaften bilden, und wo anderen Menschen Türen zu Gott hin geöffnet werden.“

Vergelt’s Gott 

Sehr persönlich wendet sich Bischof Scheuer an die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter: „Ein Vergelt’s Gott allen, die in den nächsten Jahren das Leben in unseren Pfarrgemeinden mitgestalten werden. Mein Dank gilt auch all jenen, die sich zum Dienst im Pfarrgemeinderat oder Pfarrkirchenrat bereit erklärt haben und nicht gewählt oder bestellt werden. Mein besonderer Dank gilt den Jugendvertretern. Die Bereitschaft zum Guten ist in der Jugend sehr stark. Ich freue mich, dass es junge Menschen gibt, die mit der Kirche etwas zu tun haben wollen, die mit anderen zusammen ihren Glauben, ihr Leben teilen.“

Rund 50 Prozent Neue ermöglichen Erneuerung 

Seelsorgeamtsleiterin Elisabeth Rathgeb sieht durch die Wahlen eine gute Mischung bei den Pfarrgemeinderäten. "Die Zahlen der Vergangenheit zeigen, dass es immer rund 50 Prozent neue Mitglieder in den Pfarrgemeinderäten gibt." Diese Zusammensetzung ermögliche eine Erneuerung für das Leben in den Pfarren, so Rathgeb.

Pfarre ist eine große Familie 

Kathrin Plattner, Studentin aus der Pfarre Zirl, stellt sich erstmals der Wahl. "Mir macht die Arbeit ganz einfach Spaß. Ich sehr die Pfarre als große Familie, wo ich meine Talente einbringen kann", so Plattner. Sie freue sich darauf das Leben in der Pfarre mitgestalten und Jugendthemen einbringen zu können. "Für mich steht die Gemeinschaft an erster Stelle", so die 19-jährige Studentin.

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"GUT, DASS ES DIE PFARREN GIBT" 

Daten, Fakten und Zahlen Pfarrgemeinderatswahlen 2012 

Österreich-Zahlen 

Am 18. März wählen Österreichs Katholiken ihre Vertreter in den Pfarrgemeinderäten für die kommenden fünf Jahre. Die Wahlen in den 3.000 österreichischen Pfarren stehen unter dem Motto "Gut, dass es die Pfarre gibt". Insgesamt werden rund 30.000 "Mandate" vergeben. Vielfach werden Pfarrgemeinderäte als "ein Stück gelebte Demokratie in der Kirche" bezeichnet. Sie sind auch ein Rückgrat des ehrenamtlichen Engagements in den Pfarren. Laut Schätzungen leisten die gewählten PGR-Mitglieder jährlich rund 4,4 Millionen ehrenamtliche Arbeitsstunden. Laut Schätzungen sind rund 4,5 Millionen der österreichweit 5,4 Millionen Katholiken bei den Pfarrgemeinderatswahlen 2012 unter dem Motto "Gut, dass es die Pfarre gibt" stimmberechtigt.

In der Diözese Innsbruck seit 1971 

In Österreich wurden die ersten Pfarrgemeinderäte 1969 in der Erzdiözese Salzburg und in der Diözese Graz-Seckau gewählt.

In der Diözese Innsbruck finden die Pfarrgemeinderatswahlen seit 1971 statt. Bereits vorher gab es in einzelnen Pfarren Beratungsgremien für den Pfarrer. Es ist dies also die neunte diözesanweit organisierte Pfarrgemeinderatswahl.

Durchschnittsalter 39,5 Jahre, mehr Frauen als Männer 

Im Bereich der Diözese Innsbruck waren in der letzten Funktionsperiode 3087 Frauen und Männer als Pfarrgemeinderäte tätig. Das Durchschnittsalter lag bei den gewählten Mitgliedern zum Zeitpunkt der Wahl bei 39,5 Jahren. Nicht in dieser Zahl inkludiert sind die 417 amtlichen Mitglieder der Pfarrgemeinderäte wie zum Beispiel Priester, Diakone oder Pfarrkirchenratsvertreter. 53,7% der Pfarrgemeinderatsmitglieder waren Frauen, 46,3 % Männer.

Pfarrgemeinderat unterstützt Pfarrer bei der Leitung 

Der Pfarrgemeinderat ist jenes Gremium der Pfarrgemeinde, das den Pfarrer bei der Leitung der Pfarre mitverantwortlich unterstützt. Ziel ist die Verwirklichung der im Glauben lebendigen und missionarischen Gemeinde und die Planung und Sicherung der Grunddienste Liturgie, Verkündigung und Diakonie. Neu dazugekommen ist sicherlich auch die Zusammenarbeit über die Pfarrgrenzen hinaus in den Seelsorgeräumen.

Kriterien für einen Pfarrgemeinderat 

Die Kandidaten zur PGR-Wahl müssen getauft sein und Bereitschaft zum Engagement für den Glauben in ihrer Pfarre mitbringen. Es gibt in der Diözese Innsbruck im Wesentlichen zwei Modelle der Wahl: Die Urwahl: auf einen leeren Stimmzettel werden von den Wählern die Mitglieder eines künftigen Pfarrgemeinderates benannt. Sowie die Wahl mit Stimmzettel: Auf einem vorgefertigten Stimmzettel mit Namen werden die entsprechenden Personen angekreuzt. An dieser Stelle möchte ich alle Wahlberechtigten aufrufen bei der Pfarrgemeinderatswahl am 18. März 2012 geeigneten Männern, Frauen und Jugendlichen ihre Stimme zu geben. Sie drücken dadurch ihr Interesse und Ihre Mitverantwortung am Aufbau einer lebendigen Kirche aus.

Vorgesehene Mitgliederzahl 

Als Richtzahl für den gesamten Pfarrgemeinderat (gewählte, berufene und amtliche Mitglieder zusammen) wird empfohlen: Pfarren bis 300 Katholiken - acht, bis 2000 Katholiken - zwölf, bis 5000 Katholiken – vierzehn und darüber hinaus achtzehn Mitglieder.

Weitere Informationen unter

http://www.dibk.at/index.php?id=394&language=1&portal=28 und

www.kathpress.at und http://www.pfarrgemeinderat.at

 

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Neue Herausforderungen für Pfarrgemeinderäte