Innsbrucker Theologiedekan: Streit mit Papst schadete Trump nicht

Dem Rechtspopulisten Donald Trump hat die Auseinandersetzung mit Papst Franziskus im US-Vorwahlkampf nicht geschadet: Zu diesem Schluss kommt der Theologe Wolfgang Palaver im Interview.

 Innsbruck, 9.3.2016 (KAP) Dem Rechtspopulisten Donald Trump hat die Auseinandersetzung mit Papst Franziskus im US-Vorwahlkampf nicht geschadet: Zu diesem Schluss kommt der Theologe Wolfgang Palaver im Interview mit der Linzer Kirchenzeitung. Der umstrittene Geschäftsmann, der sich zuletzt in Mississippi, Michigan und Hawaii innerhalb seiner Partei durchsetzte, kanalisiere Ängste und suche Sündenböcke, so der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck. Dass sein Verhalten im krassen Widerspruch zur Botschaft Jesu von Gewaltfreiheit, Frieden und Zugehen auf andere steht, interessiere die Menschen nicht - obwohl Religion in der US-Politik eine enorm wichtige Rolle spiele.

Der prominenteste Kritiker des Republikaners war Papst Franziskus selbst, der auf dem Rückflug von Mexiko vor mitreisenden Journalisten den von Trump befürworteten Ausbau der Grenzanlagen zwischen Mexiko und den USA mit den Worten kommentiert hatte: "Jemand, der nur daran denkt, Mauern (...) und keine Brücken zu bauen, ist nicht christlich." Trump reagierte daraufhin empört: "Wenn ein religiöses Oberhaupt den Glauben einer Einzelperson infrage stellt, ist das schändlich", hatte der Gescholtene via Facebook geschrieben.

Zuletzt waren einige konservative US-Katholiken auf Distanz zu Trump gegangen und hatten erklärt, der Immobilienmogul sei "offenkundig nicht für das Präsidentenamt geeignet", so die einflussreichen Wortführer der katholischen Konservativen, George Weigel und Robert George, im Magazin "National Review". Trump appelliere an rassistische Ängste und Vorurteile, die katholischem Empfinden ebenso zuwider liefen wie seine Äußerungen zum Einsatz von Foltermethoden bei mutmaßlichen Terroristen. Trumps bisheriges Auftreten sowie seine Wahlkampagne zeugten nicht von Weitsicht und Größe, sondern förderten lediglich "einen weiteren Verfall unser Politik und Kultur", so das Urteil von Weigel und George.

Palaver wies jedoch darauf hin, dass Trump dennoch bei seiner Auseinandersetzung mit dem Papst gar kein großes Risiko eingegangen sei. Schließlich gäbe es selbst unter den US-Katholiken "einen großen Anteil derer, die mit Papst Franziskus gar nicht so viel anfangen können".

So sähen viele Kommentatoren der "New York Times" Franziskus als "einen der fahrlässigsten Päpste, der alles aus den Händen gleiten lässt". In manchen religiösen Kreisen sei deshalb ein Streit mit dem Papst "nicht automatisch negativ". Dazu wesentlich beigetragen hat laut dem Innsbrucker Theologen die Papstreise in die USA im September 2015. Franziskus habe damals manche konservative Katholiken verunsichert, als er die Umwelt und das Klima sowie Wirtschaft, Globalisierung und die Option für die Armen ansprach, nicht aber "klassische Themen" wie Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Ehe. "Das passt vielen konservativen Katholiken, die seit vielen Jahren politisch mit den Republikanern verbandelt sind, gar nicht. Manche von ihnen leugnen den Klimawandel als von Menschen gemacht. Sie setzen dafür stärker auf Themen wie Ehe-, Sexual- und Familienmoral", erläuterte Palaver.

Inhalte rund um Abtreibung und traditionelle Moral spielten im US-Wahlkampf mittlerweile aber viel weniger eine Rolle als die Verunsicherung und Verängstigung und die darauf eingehende deftige Reaktion Trumps. Denn der Immobilienhändler punkte mit seinem ordinären, harten Auftreten bei jenen, "die in der aktuellen krisengeladenen Situation auf einen Wundertäter hoffen, der mit Brutalität die USA wieder auf die Siegerstraße bringt". Überraschenderweise gelte dies auch für viele konservativ-evangelikale Protestanten. Diese müssten eigentlich Trumps Lebenswandel - darunter seine zwei Scheidungen - ablehnen, und sie hätten mit dem Pastorensohn Ted Cruz sogar eine stimmige Alternative, so der Theologe. 

Religion sei ein "wichtiger Faktor" in der Gesellschaft sowie auch in der Politik der USA, erinnerte er. "Bis heute gilt der Grundsatz, es könnte kein Kandidat ernsthaft mit einer Präsidentschaft rechnen, der sich als völlig religionslos, als Atheist outen würde", so der Theologe. Deshalb verweise auch Hillary Clinton oft auf die Bibel. Sie bezeichne sich als gläubige Christin und Methodistin, und selbst ihr demokratischer Mitbewerber Bernie Sanders, bei dem als einziger derzeitiger Kandidat Religion keine wichtige Rolle spielt, ließ es offen, ob er als Jude in eine Synagoge gehe oder nicht. Palaver: "Er würde nie sagen, Religion sei unwichtig. Das ist ein No-Go in den USA."

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