Glettler: Integration ist Aufgabe für Gesellschaft insgesamt

Recht verstandene Integration meint nicht die Anpassung von Flüchtlingen und Migranten an die sie aufnehmende Gesellschaft, sondern eine Aufgabe für die Gesellschaft insgesamt.

Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler bei der Fachtagung "Integration - Chancen und Herausforderungen" des Landes Tirol im Innsbrucker Bildungshaus Grillhof betont. Es brauche daher ein "Gesamtkonzept", welches Rechte wie Pflichten für beide Seiten umfasse, eine Art gemeinsame "Hausordnung": Die Aufnahmegesellschaft müsse dafür sorgen, dass Migranten am öffentlichen Leben teilhaben können - von den Migranten dürfe indes erwartet werden, dass sie Deutsch lernen und Werte wie Menschenrechte, Demokratie, Religionsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und die Gleichberechtigung von Mann und Frau achten.

Zugleich sprach sich Glettler dafür aus, die Rechte für Migranten wie etwa den Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu einer fairen sozialen Absicherung nicht aufzuschieben bzw. allein an einen positiven Bescheid zu knüpfen: Dies würde Menschen zu "Empfängern von Sozialhilfe degradieren", ohne ihnen die "Möglichkeit zur Mitgestaltung" und zur aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu geben. Was bis dahin an Integration nicht geschehe, sei schließlich nur "schwer nachholbar": "Wer auf die Verliererstraße gedrängt wird, baut bewusst oder unbewusst ein gefährliches Aggressionspotenzial im Vis-a-Vis zur Mehrheitsgesellschaft auf", sagte der Bischof. Integration sei insofern "die beste Investition in die Zukunft unseres Landes".

Zu den entscheidenden Faktoren für das Gelingen von Integration zählt laut Glettler das Recht auf Familienleben, ein Zugang zum Arbeitsmarkt, eine "faire soziale Absicherung", der Zugang zu Bildung als "wohl entscheidender Schlüssel zur Armutsvermeidung" sowie "adäquate Wohnverhältnisse", die Unterstützung bei der Aufnahme in kleineren Gemeinden etwa durch "Integrationshelfer", und schließlich eine "Einräumung des Wahlrechts auf kommunaler Ebene" und eine Reform des Zugangs zur österreichischen Staatsbürgerschaft: Konkret brauche es da einen "Abbau der hohen Verleihungsgebühren oder eine bessere Berücksichtigung der so genannten 'zweiten Generation'", so Glettler.

Integration in dem von ihm beworbenen breiten Verständnis fuße letztlich auf einem beidseitigen "Bekenntnis zu einer offenen Gesellschaft", führte der Innsbrucker Bischof aus. Pluralität sei "das Grundmerkmal heutiger Gesellschaft" und schlichtweg "ein Faktum". Dies gelte es sowohl seitens der aufnehmenden Gesellschaft wie auch seitens der Migranten zu akzeptieren. "Gegenüber einer programmatischen Intoleranz kann es keine Toleranz geben", betonte Glettler. Integration sei daher auch keine "Assimilation", sondern meine einen "wechselseitigen Kommunikationsprozess, bei dem alle Beteiligten Schritte aufeinander zugehen müssen".

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Bischof Hermann Glettler im Flüchtlingsheim Haus Liah in Igls Bild: Diözese Innsbruck/Sigl