Glettler: Christliche Grundhaltungen können Teil des Erfolges von wirtschaftlichen Unternehmen sein

Diözese Innsbruck lud VertreterInnen der Wirtschaft zum 1. Business-Brunch ins Haus der Begegnung

Zum 1. Business-Brunch lud die Diözese Innsbruck am Freitag VertreterInnen der Wirtschaft ins Haus der Begegnung. Finanzkammerdirektor Markus Köck begrüßte die Gäste aus der Wirtschaft, allen voran den Tiroler Wirtschaftskammerpräsidenten Jürgen Bodenseer. Die Sorge um die Menschen, die mit der Kirche arbeiten, seien der Diözese ein Anliegen, so Köck. Dazu gehörten UnternehmerInnen in gleichem Maß wie die ArbeitnehmerInnen. Köck wünschte den TeilnehmerInnen wegweisende Begegnungen, bei denen voneinander gelernt werden könne.

 

Bodenseer: Entscheidungen aus dem Herzen 

WK-Präsident Jürgen Bodenseer zeigte sich über die Initiative im Haus der Begegnung erfreut, hatte er doch den Eindruck gewonnen, dass das Unternehmertum im Haus der Begegnung thematisch in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen sei.

Bodenseer zitierte den 1977 ermordeten deutschen Unternehmer Hanns-Martin Schleyer: Unternehmertum heißt Mehr. Tirols UnternehmerInnen würden diesen Grundsatz leben mit einem sozialen Engagement und einem oft sehr persönlichen Verhältnis zu den MitarbeiterInnen. „Wer soziale Nähe lebt, bekommt immer wieder etwas zurück“, so der WK-Präsident. Bei vielen Entscheidungen in der Wirtschaft stünde man an einer Weggabelung. Die Frage bleibt, ist es gut für alle. Die richtige Antwort komme meist aus dem Herzen, so Bodenseer.

  

Glettler: Gut geführte Unternehmen fördern die Würde der Arbeitnehmer, fördern Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit 

Bischof Hermann Glettler unterstrich die Bedeutung der Beziehungen von Diözese zur Wirtschaft des Landes. Die Bemühungen um Kontakte zur Wirtschaft hätten im Haus der Begegnung lange Tradition, traf sich doch hier Verband christlicher Unternehmer. Glettler: „In dieser Tradition stehen wir, auch wenn in diesem Haus mittlerweile sozialpolitische und sozialethische Fragestellungen einen größeren Platz einnehmen. Wir stellen uns der Frage: Sind Evangelium und Wirtschaft, Prinzipien der christlichen Religion und Arbeitswelt vereinbar?“

Der Bischof skizzierte das kürzlich veröffentlichte Schreiben aus dem VatikanFragen der Wirtschaft und des Geldes“. Dokument spare nicht mit Kritik am Ist-Zustand des herrschenden globalen Wirtschafts-Systems. „Kurz zusammengefasst: Der Mensch und das Gemeinwohl müssen im Zentrum der globalen Wirtschaft und Finanzwelt stehen, nicht der reine Profit. Mit diesem Appell wendet sich der Vatikan an Führungskräfte in Wirtschaft und Geldwesen“, so Glettler.

Der Bischof persönlich an die TeilnehmerInnen gerichtet: „Viele von Ihnen, erfolgreiche UnternehmerInnen unseres Landes Tirol, sind täglich mit einem nicht immer nur beflügelnden Spannungsverhältnis vertraut: Der betriebswirtschaftliche Auftrag, gut zu wirtschaften, dabei nicht wenig gesetzliche Auflagen und Vorgaben zu erfüllen und auch soziale Werte im Unternehmen zu verwirklichen. Es wird vermutlich nicht immer leicht sein, das richtige Maß zwischen sozialen Werten und Erfolgszielen zu finden. Sie übernehmen dabei große Verantwortung: für die gesunde Entwicklung Ihres Unternehmens, für die Umwelt, für die MitarbeiterInnen, die Zulieferer, die KundInnen und für die Region. Für dieses Engagement bei dem christliche Werte für Sie eine nicht unwesentliche Rolle spielen, möchte ich als Bischof, möchten wir als katholische Kirche Ihnen heute einmal herzlich danken. Es ist bei weitem nicht selbstverständlich, dass Menschen ihr Vermögen, ihre Lebensenergie und ihre Zeit einsetzen, um unternehmerisch tätig zu werden. Sie leisten einen unersetzlichen Beitrag zum materiellen Wohlstand in unserem Land und zumindest indirekt tragen sie damit auch zum seelischen Wohlbefinden der Menschen bei. Bereits Papst Paul VI hat unternehmerisches Handeln als eine Form der Nächstenliebe beschrieben. Gut geführte Unternehmen fördern die Würde der Arbeitnehmer, fördern Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit.“

  

Arbeit gibt das Gefühl, als Mensch wertgeschätzt zu sein 

Arbeit habe einen wichtigen Platz in der Gesellschaft, sie gibt Sinn und einen Rahmen für das Leben, eröffnet soziale Kontakte und gibt das Gefühl, als Mensch wertgeschätzt zu sein. Glettler: „Gebrauchtwerden, Sinnstiftung und Selbstverwirklichung sind wichtige Werte, die durch Arbeit, bzw. durch ein aktives Beschäftigungsverhältnis realisiert werden.“ Und weiter: „Aus christlicher Sicht sind Respekt, Wertschätzung und Recht auf Mitbestimmung Grundsätze, die sich gute ArbeitgeberInnen zu eigen gemacht haben. Kommt es zu einer Entfremdung von Sinnstiftung und Geldverdienen, kann Arbeit auch krank machen. Auch belastende Arbeitsbedingungen wie ständiger Leistungsdruck und Schichtarbeit, Unsicherheit des Arbeitsplatzes, andauernde Überlastung, schlechtes Betriebsklima, mangelnde Wertschätzung im Umgang miteinander können dazu führen, dass Menschen psychisch erkranken. Gerade hier macht sich der Wert eines guten Betriebsklimas bemerkbar. Ein Unternehmen zu führen, ist auch immer eine Frage der Wertschätzung, Solidarität und Verantwortung füreinander. Ich danke allen, die sich in dieser Frage nicht nur an Mindeststandards orientieren.“

  

Blick auf das Gemeinwohl macht letztendlich selbst glücklich. 

Glettler richtete den Blick auchauf die kommenden Generationen: Es gehe um Nachhaltigkeit, es gehe um das Gleichgewicht von sozialen und ökologischen Zielen. „Die heutigen Ansprüche unserer Wohlstandsgesellschaft müssen in einer maßvollen und nicht Ressourcen schonungslos ausbeutenden Weise erfüllt werden. Die Chancen und Möglichkeiten der künftigen Generationen dürfen nicht restlos verbaut werden. Das erfordert einen guten Umgang mit Rohstoffen, einen guten Umgang zwischen den Generationen, aber auch einen guten Umgang mit den Sozialsystemen.“

Glettler abschließend: „Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, in unserer Gesellschaft möglichst wenig Menschen auf die Verliererstraße zu drängen. Wer den Blick auf das Gemeinwohl wahrt und sein wirtschaftliches Handeln auch danach orientiert, wird letztendlich auch selbst glücklich sein. Ich bin überzeugt, dass christliche Grundhaltungen Teil des Erfolges von wirtschaftlichen Unternehmen sein können – wenn auch nicht spannungsfrei in der konkreten Umsetzung. Vielen Dank, dass Sie die Einladung für die heutige Begegnung angenommen haben. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Gutes und Gottes Segen!“

Die TeilnehmerInnen am Business-Brunch nützten die Gelegenheit sich auszutauschen und Rückfragen zu stellen. Treffen mit der Wirtschaft sollen in Zukunft eine weitere fixe Einrichtung im Haus der Begegnung werden.

Viele Gespräche beim ersten Business-Brunch der Diözese Innsbruck im Haus der Begegnung. Bild: Diözese Innsbruck/Rachlé