Friedensgebet: Mit Krieg und Waffenproduktion nicht abfinden

Interreligiöse Veranstaltung bei Telfer Friedensglocke am Herz-Jesu-Sonntag - Früherer EU-Kommissar Fischler: EU muss sich durch Dialoginitiativen und Bildung auch "präventiv" mehr für Frieden einsetzen

Zum Ende der Kriege und des Waffenhandels hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler aufgerufen. "Wie wollen den Frieden und möchten uns mit der zerstörerischen Tatsache des Krieges nicht abfinden - und schon gar nicht mit dem Wahnsinn einer ins Unermessliche steigenden Produktion von Waffen, deren Vernichtungspotenzial alles Bisherige übertrifft", sagte der Tiroler Oberhirte am Sonntagnachmittag im Rahmen eines interreligiösen Gebetes bei der Friedensglocke im Telfer Ortsteil Mösern.

Derzeit bestimme Ohnmacht das Lebensgefühl der für den Frieden Engagierten, so Glettler. Appelle und Friedensaufrufe würden scheinbar allesamt in die Leere gehen, da die "faktische Brutalität der unvermindert weitergehenden Kriegshandlungen" alles hinwegspüle. "Das Morden im Namen von Machtgier und Vergeltung geht weiter", klagte der Bischof.

 

Mehr Engagement der EU gefordert
Aus Sicht des Glaubens hätten jene Bekehrung vonnöten, die Angst und Terror verbreiten und mit dem Krieg Geschäfte machen: Sie würden sich dadurch an der ganzen Menschheit schuldig machen, "weil jeder Krieg Zukunft vernichtet", zitierte Glettler Papst Franziskus. Weiters sei es wichtig, dass sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und religiöser Überzeugung begegnen: Dies sei ein "Hoffnungszeichen" einer gemeinsamen Friedenssehnsucht.
Wesentlich mehr Engagement der EU für den Frieden forderte der frühere EU-Kommissar Franz Fischler bei der ökumenischen Feier. Wichtig sei, einerseits "reaktiv" die von Russland angegriffene Ukraine militärisch zu unterstützen, andererseits aber auch, "präventiv" Dialoginitiativen zu starten und zur Bildung beizutragen von "Menschen, die die Vision eines geeinten Kontinents vor Augen haben und auch die Verantwortung Europas in einer sehr herausgeforderten Weltsituation wahrnehmen können." 

 

Interreligiöse Begegnung 
Sowohl Glettler als auch Fischler sind "Friedensbotschafter" der Friedensglocke von Telfs - ein Titel, mit dem jährlich im Oktober Menschen oder Institutionen ausgezeichnet werden, die sich in besonderer Weise um Frieden und Völkerverständigung im Alpenraum eingesetzt haben. Bei der 1997 errichteten, im Vorjahr erneuert und an einem neuen Standort errichteten 10-Tonnen-Glocke handelt es sich um das größte freistehende Läutwerk der Alpen. Sie wird täglich um 17 Uhr "für die gute Nachbarschaft und den Frieden" geläutet und gilt mittlerweile als eine Art Wallfahrtsort, der von 100.000 Besuchern jährlich angesteuert wird. 

Die interreligiöse Begegnung am Tag der EU-Wahlen bildete den Abschluss des in Tirol besonders gefeierten Herz-Jesu-Festes sowie des "Tags der Herzlichkeit". Beiträge kamen auch von Aleksander Stolic von der serbisch-orthodoxen Kirchengemeinde, Mircea-Ioan Oniga von der rumänisch-orthodoxen Gemeinde, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Siegfried Aviel Gitterle, Matthias Lauer von der Altkatholischen Kirche, dem evangelischen Superintendenten Oliver Dantine, Max Valtingojer von der Neuapostolischen Kirche und Dilek Er von der muslimisch-christlichen Dialoggruppe "Aufbruch". Am Ende gab es die Europahymne und ein Läuten der Friedensglocke.

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Friedensgebet: Mit Krieg und Waffenproduktion nicht abfinden
Foto: Peter Jungmann

Einleitendes Statement

Das vollständige Statement von Bischof Hermann Glettler

„Angesichts der weltweiten Krisen, Kriege und Vertreibungen, die Millionen von Menschen ins Elend treiben, kann es nicht genug Zeichen der Sehnsucht nach Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung geben. Dennoch ist unsere heutige Begegnung auch ein Ausdruck von Ohnmacht, weil scheinbar alle Appelle und Friedensaufrufe ins Leere gehen und von der faktischen Brutalität der unvermindert weitergehenden Kriegshandlungen hinweggespült werden. Das Morden im Namen von Machtgier und Vergeltung geht weiter.

 

Und trotzdem: Jede Begegnung von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft und religiöser Überzeugung ist ein Hoffnungszeichen, dass wir dieselbe Sehnsucht im Herzen tragen: Wir wollen den Frieden und möchten uns mit der zerstörerischen Tatsache des Krieges nicht abfinden – und schon gar nicht mit dem Wahnsinn einer ins Unermessliche steigenden Produktion von Waffen, deren Vernichtungspotentiale alles Bisherige übertreffen.

 

Wir richten an Gott die eindringliche Bitte um Bekehrung all derer, die Angst und Terror verbreiten sowie ihre weltweiten Geschäfte mit dem Krieg machen. Sie machen sich dadurch an der ganzen Menschheit schuldig, weil jeder Krieg Zukunft vernichtet, wie es Papst Franziskus einmal formuliert hat. Ebenso beten wir um Kraft und Schutz für alle Bedrängten. Wir bitten Gott um das Wunder des Friedens im Namen all jener, die in den unzähligen Kriegsgebieten unserer Welt ausharren müssen, direkt betroffen, bedroht oder in Kämpfe verstrickt sind.“