Erfolgreiche Vorträge beim Dies facultatis und Diözesantag
Unter den Teilnehmern waren offizielle Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche, evangelische und katholische Theologen sowie Wissenschafter aus dem gesamten deutschen Sprachraum. Die Diözese Innsbruck beging damit auch den Gedenktag an ihren Diözesanpatron, den heiligen Petrus Canisius, am 27. April.
Die Referate und Diskussionsbeiträge machten klar, welch tiefgreifende geistesgeschichtliche und soziale Wirkungen die Reformation auslöste. Das zeigte der Wiener evangelische Kirchenhistoriker Univ.-Prof. Rudolf Leeb am Beispiel Tirols mit Blick auf die Geschichte der Tiroler Städte Hall, Schwaz und Rattenberg. Der Bergbau hatte im 16. Jahrhundert tausende Arbeiter und Handelsreisende angezogen. Und mit ihnen kamen viele neue Ideen – auch die lutherischen. Chronisten berichten etwa von tumultartigen Szenen in Hall nach den Predigten des evangelischen Theologen Jakob Strauss im Jahr 1522. Der Erfolg seiner Reden war derart groß, dass ihn Stadt und Bürgerschaft unterstützten. Allerdings musste er auf Geheiß der katholischen Obrigkeit die Stadt verlassen, was die sozialen Spannungen zusätzlich anheizte. Die zunehmende Polarisierung war der Nährboden für die wenig später einsetzenden Bauernkriege und eine weitere religiöse Radikalisierung. Die Täuferbewegung entstand, die von den katholischen Landesherren äußerst brutal niedergeschlagen wurde. Rund 600 Mitglieder wurden ermordet. Bis zur Entstehung der ersten öffentlichen evangelischen Gemeinde in Tirol vergingen weitere 350 Jahre. So lange hielten sich evangelische Christen unter zum Teil großer Verfolgung.
Liturgiewissenschaftliche Folgen der Reformation bedachte die Berliner Theologin Univ.-Prof. Dorothea Wendebourg. „Im Gottesdienst geschieht nichts anderes, als dass Gott mit uns redet“, zitierte sie Martin Luther. Liturgie sei für die Reformation wesenhaft Dialog, was eine ungeheure Aufwertung der Gemeinde bedeutete. Luther habe sich gegen das Messopfer gewandt, weil er fürchtete, dass dadurch die Einmaligkeit des Kreuzesopfers in den Hintergrund trete.
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer berichtete über Stand und Perspektiven der Ökumene. So Scheuer: „Ich habe am Beginn des Jubiläumsjahrs zu „500 Jahre Reformation“ betont, dass ich dieses Gedenkjahr mit der Grundstimmung der Freude und Dankbarkeit beginnen möchte.“ „Die Evangelische Kirche sieht auf die Katholische, und die Katholische Kirche auf die Evangelische, wir blicken aufeinander mit Dankbarkeit. Wir danken Gott für einander, für die Verbundenheit als Geschwister, für den Ruf in die gemeinsame Nachfolge und den Dienst an der Welt. Diese Dankbarkeit für einander ist die Frucht eines langen Weges, auf dem die einzelnen Christenmenschen und die Kirchen sich aufeinander zu bewegt haben. Darum sind wir heute nicht nur in der Lage, sondern haben den festen Willen, das Gedenkjahr der Reformation im Geist der Ökumene und in der Verantwortung vor dem einen Herrn der Kirche zu begehen.“, betonte der Bischof.
Der jährliche Diözesantag wurde in den vergangenen zwei Jahren von Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche in Tirol vorbereitet. Superintendent Mag. Olivier Dantine bedankte sich bei der katholischen Kirche für das „große Zeichen der Wertschätzung und das große Interesse“. Und er wünschte sich, Reformation als gemeinsamen Schatz zu entdecken: „Die Reformation ist noch nicht am Ziel“. Dekan Univ.-Prof. Dr. Josef Quitterer erinnerte an die Geschichte der Theologischen Fakultät, die ihre Existenz in gewisser Weise der Reformation verdanke. Diözesanadministrator Mag. Jakob Bürgler sprach sich für verstärkte ökumenische Anstrengungen aus: „Wenn die Kirchen zu den großen Fragen der heutigen Zeit nicht mit einer Stimme sprechen, wird die christliche Stimme immer schwächer werden“, so Bürgler.
