Ehrendoktorat für Jose Casanova

Der bekannte spanisch-amerikanische Religionssoziologe Jose Casanova erhält die theologische Ehrendoktorwürde der Universität Innsbruck. Casanova gilt als einer der weltweit führenden Religionssoziologen. Er hat in Innsbruck Theologie studiert.

Der bekannte spanisch-amerikanische Religionssoziologe Jose Casanova erhält die theologische Ehrendoktorwürde der Universität Innsbruck. Wie die Universität am Dienstag mitteilte, findet die Verleihung des Ehrendoktorats am Samstag, 12. Juni, in Innsbruck statt. Casanova gilt als einer der weltweit führenden Religionssoziologen. Er hat derzeit eine Forschungsprofessur am "Department of Sociology and Anthropology" der Georgetown University in Washington inne und leitet dort das "Program on Globalization, Religion and the Secular" des "Berkley Centers for Religion, Peace, and World Affairs". Zu Beginn der 1970er Jahre hat Casanova an der Theologischen Fakultät in Innsbruck studiert und dort mit dem Grad eines Magisters der Theologie abgeschlossen.

Wie der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Jozef Niewiadomski, gegenüber "Kathpress" betonte, lösten die Arbeiten Casanovas in den letzten Jahren einen weltweiten Paradigmenwechsel in der Religionssoziologie aus. Seine Arbeiten hätten aufgezeigt, dass die "Angst vor Religion, wie sie derzeit in Europa an vielen Fronten geschürt wird, nicht gerecht ist", so Niewiadomski.

Säkularisierung - so habe Casanova gezeigt - gehe nicht automatisch einher mit Demokratisierung und Toleranz. Dieses "säkularistische Dogma" schüre nur Angst - nicht zuletzt auch eine "neurotisierende Angst vor dem Islam" - und unterschlage die "integrative Rolle von Religionen", so Niewiadomski.

Als Religionssoziologe habe Casanova sich von diesem "Dogma" nie infizieren lassen - im Gegenteil, habe er doch wie kaum ein anderer Religionssoziologe die durch das Zweite Vatikanische Konzil eingeleitete Wende "kreativ in sein Denken integriert" und so eine Annäherung von Kirche und Zivilgesellschaft erst ermöglicht.

Casanova habe einen wesentlichen Beitrag geleistet, das Christentum in der Moderne nicht zur "Privatsache" herabsinken zu lassen, sondern es seinen genuinen Ort in der Zivilgesellschaft finden zu lassen, so Niewiadomski.

Damit habe Casanova auch interreligiös wichtige Signale gesetzt, wenn es etwa um die Frage gehe, wie der Islam sich in Europa konstruktiv und ohne Aufgabe der eigenen religiösen Identität in die öffentliche Debatte einbringen könne. Diese neue Verortung von Religion in der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit, wie sie Casanova durch seine Studien aufgezeigt habe, bedeute zugleich aber auch eine Zumutung für die europäische politische Öffentlichkeit, so Niewiadomski. Diese müsse erst lernen, "was es zu bedeuten hat, wenn die Zivilgesellschaft zum eigentlichen Ort religiöser Öffentlichkeit wird".

Grund zur Ehrung Casanovas habe die Innsbrucker Universität aber auch angesichts der Beiträge Casanovas im Problemfeld von Religion und Gewalt. Seit vielen Jahren widmet sich die Universität Innsbruck - initiiert vom verstorbenen Dogmatiker und Dekan Prof. Raymund Schwager - der Erforschung dieses Gebiets u.a. im Rekurs auf die "Mimetische Theorie" Rene Girards (Dieser führt die zwischenmenschlichen Konflikte auf Nachahmung - "mimesis" - zurück.) Nach und nach sei die umfassende Problematik der integrativen Rolle der Religion in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, so Niewiadomski. Die Universität Innsbruck habe darauf etwa mit dem Forschungsschwerpunkt "Religion-Gewalt-Kommunikation-Weltordnung" reagiert.

Religion und Globalisierung  

Jose Casanova wurde 1951 im spanischen Saragosse geboren. Nach dem Studium der Philosophie in Saragossa, der Katholischen Theologie in Innsbruck und der Soziologie in New York lehrte er von 1987 bis 2007 Soziologie an der New School for Social Research in New York. Seit Januar 2008 hat er die Professur an der Georgetown University inne. Er ist außerdem Mitglied der Arbeitsgruppe Religion, Säkularisation und internationale Angelegenheiten des Social Science Research Council.

Seine Forschungsschwerpunkte sind Religion und Globalisierung, Migration und religiöser Pluralismus, transnationale Religionen und die Theorie der Soziologie. Zuletzt erschien von ihm der gemeinsam mit dem Religionssoziologen Hans Joas herausgegebene Band "Religion und die umstrittene Moderne" (Stuttgart 2010). Außerdem ist Casanova immer wieder beim Wiener "Institut für die Wissenschaft vom Menschen" (IWM) zu Gast. Für den Sommer ist u.a. ein Beitrag Casanovas in der IWM-Zeitschrift "Transit" zum Thema "Säkularismus - Ideologie oder Staatskunst?" angekündigt.

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Ehrendoktorat für Jose Casanova