Das Evangelium zum Palmsonntag

Der Bibeltext zum Palmsonntag berichtet vom umjubelten Einzug Jesu in Jerusalem. Hier finden Sie den Evangeliumstext und dazu Gedanken von Pfarrer Franz Wöckinger aus Oberösterreich.

Evangelium (zur Palmprozession)    Markus  11,1–10
Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte er zwei seiner Jünger voraus. Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los und bringt ihn her! Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn; er lässt ihn bald wieder zurückbringen. Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße einen jungen Esel angebunden, und sie banden ihn los. Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, den Esel loszubinden? Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren. Sie brachten den jungen Esel zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier, und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweige von den Büschen ab und streuten sie auf den Weg. Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe! 

Gedanken zum Palmsonntag (29. März 2015), von Christine Drexler, Theologin; verheiratet, vier Kinder; tätig im Seelsorgeamt der Diözese Innsbruck, dort zuständig für Tourismus und Pilgern, Lange Nacht der Kirchen, liturgische Projekte. Die Autorin erreichen Sie unter:  sonntag@koopredaktion.at
Abstieg? Mit Esel.
Eigensinnig, jung und unerfahren – mit so einem Esel lässt sich kein Staat machen; was ein richtiger Feldherr sein will, reitet auf einem kampferprobten Schlachtross einher! Selbst Don Quixote, der ‚Ritter von der traurigen Gestalt‘, besitzt ein standesgemäßes Pferd, obwohl Miguel de Cervantes offensichtlich eine Persiflage auf die Ritterzeit verfasst hat. Manche meinen sogar, es ging ihm ausdrücklich darum, dem übermäßigen Lesen von Heldengeschichten entgegenzuwirken, weil dies den Geist vernebeln, sprich: zu grobem Realitätsverlust führen kann. 

Wir feiern jedes Jahr den Einzug Jesu in Jerusalem. An das völlig unpassende Reittier in dieser Szene, die einem Triumphzug gleicht, sind wir längst gewöhnt. Ist uns (noch) bewusst, dass damit – weit über Cervantes’ Anspruch hinausgehend – landläufigen Vorstellungen von Herrschaft und Befreiung eine Absage erteilt wird?

Jesus gibt einer anderen Wirklichkeit Raum: Er kommt nicht geradewegs vom Schlachtfeld. Statt zu verletzen und zu töten, um den eigenen Machtanspruch zu erhalten oder zu vergrößern, hat er Blinde, Lahme, Taube geheilt und Sünden vergeben. Er hat die Ver­suchung, Reichtum, Einfluss und Macht anzuhäufen, hinter sich gelassen und sich entschieden, wenn es sein muss, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Er, der Gott gleich war, ist Mensch ­geworden und bereit, bis zum Äußersten zu ­gehen: verspottet, gequält und zerschlagen stirbt er.

Siegreiche Helden sehen anders aus: Sie heben sich von den Massen ab, sind aus eigener Kraft dem Sklavendasein entronnen, lassen die Gefallenen hinter sich, überleben den Showdown, wissen bestens zwischen Gut und Böse zu ­unterscheiden. Jesus Christus hingegen teilt die dunkelsten Ecken des Daseins mit uns; nichts Menschliches ist ihm fremd, und einem verurteilten Verbrecher, der in seiner Gegenwart umdenkt, wird er noch am Kreuz den Weg ins Himmelreich weisen.

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