Bischof Scheuer zu Konzil und Hungerkrise

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur KATHPRESS spricht Bischof Manfred Scheuer über unterschiedliche Lesarten des Konzils und die Hungerkrise in Westafrika.

(KAP) Auch 50 Jahre nach seiner Eröffnung spaltet das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) noch Bischöfe, Theologen und Gläubige. Für eine positive Bewertung dieses aktuell wieder aufflammenden Streits spricht sich der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer aus. "Der Streit um das Konzil zeigt die Lebendigkeit der Kirche", so Scheuer im Gespräch mit "Kathpress".
Konkret geht es in diesem Streit etwa um die Frage einer Kontinuität oder Diskontinuität des Konzils zur kirchlichen Tradition, um die Frage nach dem Verhältnis von kirchlicher Hierarchie und "Communio"-Struktur und das Verhältnis von Orts- und Weltkirche zueinander. In diesen Fragen habe das Konzil selbst sich nicht auf die eine oder andere Seite festgelegt, sondern bewusste Spannungen aufgebaut. Wenn man sich im heurigen Jubiläumsjahr dem Konzil neu nähere, so müsse man daher sehen, dass "Kirche nie ein monolithischer Block ist", sondern immer von Deutungs- und Auslegungsprozessen bestimmt ist.
Eng verknüpft mit dem Konzilsjubiläum sieht Bischof Scheuer das heurige, von Papst Benedikt XVI. ausgerufene "Jahr des Glaubens". Ähnlich wie das Konzil ziele auch das "Jahr des Glaubens" auf eine "Erneuerung des Glaubens" und auf einen "Gang zu den Quellen des Glaubens" ab. Wenn das Konzil etwa die starke Fixierung des Glaubens auf Christus (Christozentrik) unterstreicht, so seien damit "Spuren gelegt, die heute noch lange nicht eingeholt sind" - etwa wenn es darum geht, größere "Gelassenheit" im Blick auf hitzige Reform- und Strukturdebatten zu entwickeln.
Auch gelte es, im "Jahr des Glaubens" Kirche neu vom Konzil her zu begreifen: Denn Kirche sei - das hat das Konzil aufgezeigt - "nicht selbst die Antwort auf die Fragen der Menschen, sondern Gott". Kirche sei "ein Werkzeug" und "für sich allein genommen eigentlich Nichts", so Scheuer. 

Im Interview mit KATHPRESS kam auch die schwierige Situation in der afrikanischen Sahelzone zur Sprache. Angesichts der wachsenden Hungerkrise in der Sahelzone ruft Caritasbischof Scheuer die Österreicher dringend zu Spenden auf. "Ich bitte Sie um Ihre Solidarität, denn die Betroffenen haben vielerorts bereits mit schwierigen politischen Verhältnissen zu kämpfen und dennoch ihren aufrechten, würdevollen Gang bewahrt - nun brauchen sie Ihre Hilfe", so der Innsbrucker Bischof im Gespräch mit "Kathpress". Nach Caritas-Angaben sind insgesamt mehr als 13 Millionen Menschen vom Hunger bedroht.
Die Kirche biete durch ihre vorhandenen Strukturen wichtige Anlaufstellen in den betroffenen Ländern, erklärte Bischof Scheuer der "Kathpress". Es sei erstaunlich, dass selbst dort, wo die Christen gegenüber der muslimischen Mehrheitsbevölkerung eine
deutliche Minderheit darstellten, die Kirche über starke Strukturen und ein hohes öffentliches Ansehen verfüge.
Dies sei einerseits auf das starke kirchliche Engagement im sozialen sowie im Bildungsbereich zurückzuführen, andererseits auf die gute Gesprächsbasis mit dem Islam in einigen der Länder. In Mali und Burkina Faso etwa - beide Länder hat Bischof Scheuer selbst bereist - sei der Dialog mit dem Islam "selbstverständlich"; in anderen Ländern wie etwa Nigeria sei dies jedoch problematischer. 

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