Bischof Scheuer für Verhaltensregeln im Internet
Geregelt werden solle vor allem die gegenseitige Verantwortung der Generationen, das Verhältnis der Partner und der Umgang mit Besitz, Macht, Gewalt, Tod und Rache sowie auch mit dem guten Ruf des Menschen, sagte Scheuer bei einem Linzer "Aschermittwochsgespräch" mit Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie. Das Thema hat laut dem Bischof "auch religiöse Relevanz", da es durchaus die Gottesbeziehung berühre.
"Positive Effekte der digitalen Revolution stehen außer Frage", stellte der Bischof klar und verwies dabei etwa auf die leichtere Erreichbarkeit von Daten, neue Optionen für körperbehinderte Menschen oder Erleichterungen im Alltag. Gleichzeitig gebe es jedoch neue Probleme: "Datenmüll" und "Datenflut", eine Beschleunigung des Lebens, neue Spielarten von Desinformation, Diffamierung, Falschdarstellung und Mobbing, sowie auch neue Räume für gewaltverherrlichendes, rassistisches und pornografisches Material, alles meist zum Nachteil von ohnehin schon benachteiligten Menschen. Verstärkt werde auch das Phänomen der "Filterblase", wonach "Bestätigungswelten" für die je eigene Weltsicht geschaffen werden. Wichtig sei eine "Unterscheidung der Geister"- und auch neue Verhaltensregeln, so Scheuers Überzeugung.
"Zehn Gebote für digitale Welt"
Zehn konkrete "Gebote für die digitale Welt" schlug der Bischof vor - und verwies dabei auf die deutsche Theologin und Medienethikerin Johanna Haberer. "Du brauchst dich nicht vereinnahmen lassen", zitierte Scheuer die erste Regel, mit der er aufrief, sich zu "befreien von Mächten, die drohen, einen allumfassenden Anspruch auf mein Leben zu erheben". Gebot Nummer Zwei: "Du sollst keine Unwahrheiten verbreiten", gefolgt von "Du darfst den netzfreien Tag heiligen" - Scheuers Appell dazu, das "Privileg der Nichterreichbarkeit" zu schätzen und am Sonntag keine Käufe oder Handel zu tätigen.
Weitere Gebote beziehen sich u.a. auf den Jugendschutz im Internet, verurteilen klar digitalen Rufmord, Diebstahl virtueller Identität und illegalen Download, rufen die Verantwortung für persönliche Daten anderer ins Bewusstsein und mahnen zur Selbstdisziplin und zur Offenlegung des Umgangs mit Kundendaten seitens der Unternehmen. Richtiger Umgang mit der Digitalisierung erfordere Selbstdenken und "Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen", sagte der Linzer Bischof. Im Kontakt mit anderen Menschen gehe es darum, "sich an die Stelle des anderen zu denken", zudem sollte jeder auch "jederzeit mit sich selbst einstimmig denken".
"Notwendig und notwendend sind Haltungen der Aufmerksamkeit, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Ehrfurcht gegenüber dem konkreten Leben", fasste Scheuer zusammen. Würden hingegen menschliche Freiheit und Ethik sowie zwischenmenschliche Begegnung und Gespräch ausgeblendet und suche man Sicherheit und Gewissheit ausschließlich in der Rationalität, "dann führt das in die Isolation", warnte er vor der alleinigen Fixierung auf Daten und Statistiken. Die digitale Welt versage darin, entscheidende Dimensionen des Lebens zu fassen, wie etwa das Gesicht oder den Blick eines Menschen, Schönheit, Liebe, Zärtlichkeit und Eros, das Gebet als die reinste Form von Aufmerksamkeit oder auch Realitäten wie Krankheiten, Arbeitslosigkeit oder Gerechtigkeit.
Dem einzelnen User wie auch der Politik legte Scheuer ein "Frühwarnsystem" nahe: Man solle sich darum bemühen, Antriebe, Motive, Strömungen, Tendenzen und mögliche Entscheidungen "zu Ende zu denken und zu Ende zu fühlen". Denn oft würden sich unter dem "Schein des Guten und Faszinierenden" destruktive Tendenzen und Lebensflucht verbergen, weshalb der Bischof für die beurteilende "Unterscheidung der Geister" eine Grundfrage empfahl: "Was führt auf Dauer zu mehr Trost, das heißt, zu einem Zuwachs an Glaube, Hoffnung und Liebe?"
Eine Meldung von www.kathpress.at
