65 Millionen Menschen auf der Flucht und auf Hilfe angewiesen

Hilfsorganisationen rufen anlässlich des Internationalen Tages der humanitären Hilfe zu verstärkter Hilfe auf und warnen vor zunehmender Gleichgültigkeit gegenüber Menschen in Not.

65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht und benötigen dringend Hilfe. Darauf haben am Donnerstag zahlreiche Hilfsorganisationen anlässlich des Internationalen Tages der humanitären Hilfe (19. August) aufmerksam gemacht. Die Fluchtbewegung könne man letztlich nicht mit Sanktionierungsmaßnahmen in Europa in den Griff bekommen. Wirklich effektiv sei nur die Hilfe vor Ort in und rund um die Konfliktgebiete, so Georg Matuschkowitz, Leiter der Abteilung Internationale Programme der Caritas Österreich, im "Kathpress"-Interview. Das sei letztlich freilich auch nur in Kombination mit einer entschiedenen internationale Krisen- und Friedenspolitik sinnvoll.
Kein gutes Haar ließ der Caritas-Experte an den Großmächten, die oftmals auch Eigeninteressen gemeinsame Konfliktlösungen (etwa im Rahmen der Vereinten Nationen) blockieren würden, sei es in Syrien, in der Ukraine oder auch im Südsudan. Matuschkowitz rief die aktuellen Flüchtlingszahlen allein für den Syrienkrieg in Erinnerung: Rund fünf Millionen Syrer sind im Ausland - meist in den Anrainerstaaten - offiziell als Flüchtlinge registriert. 6,6 Millionen Menschen sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Insgesamt sind 13,5 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen.
  

"Die größte Katastrophe ist das Vergessen"
Diakonie-Direktor Michael Chalupka warnte anlässlich der täglichen Kriegs- und Katastrophenmeldungen vor einer zunehmenden Gleichgültigkeit gegenüber Menschen in Not: "Viele Millionen Unschuldige werden aus ihrer Heimat vertrieben, geraten zwischen Fronten, verlieren all ihr Hab und Gut, ihre Angehörigen, ihre Lebensgrundlage. Betroffen sind alle: Jung und Alt, Frauen und Männer, Kinder und Kranke", so Chalupka. Vor dem Hintergrund der täglichen schlimmen Schlagzeilen dürften nicht die einzelnen Menschen vergessen werden, die das Kriegsunheil täglich trifft: "Denn die größte Katastrophe ist das Vergessen!"
Die Caritas ist seit 2011 um die Syrien-Flüchtlinge bemüht und hat dafür bisher rund 12,7 Millionen Euro aufgewendet. 130.000 Menschen (vor allem Kinder) konnten damit erreicht werden, hauptsächlich in den Nachbarstaaten Jordanien und Libanon, punktuell aber auch in Syrien selbst. In der Ukraine ist die Caritas laut Matuschkowitz seit März 2014 verstärkt engagiert. 40.000 vom gewaltsamen Konflikt in der Ostukraine betroffene Menschen konnten bisher im Rahmen der Nothilfe erreicht werden, allein 2016 werden dafür rund zwei Millionen Euro aufgewendet. 
Auch die Diakonie hat bereits wenige Monate nach Beginn des Krieges in Syrien ihr Hilfsprogramm für Menschen in Not und auf der Flucht aufgenommen. Der Umstand, dass so viele Menschen auf der Flucht nun seit der Sperre der Balkanroute in Südeuropa festsitzen, mache ihre Flucht noch länger, und ihre Situation noch weit schwieriger, so die Diakonie. Sie unterstütze daher im Rahmen ihrer Katastrophenhilfe u.a. auch lokale Partnerorganisationen in Griechenland und Serbien, "die Menschen aus den Kriegsregionen in ihrem Leid nicht alleine lassen".
  

Globale Nachhaltigkeitsziele
Caritas-Experte Matuschkowitz erinnerte gegenüber "Kathpress" an die im vergangenen Herbst im Rahmen der UN-Generalversammlung verabschiedeten globalen Nachhaltigkeitsziele ("Sustainable Development Goals"/SDGs), mit denen bis 2030 Hunger und Armut weltweit überwunden werden sollen. Insgesamt umfasst diese Agenda siebzehn Entwicklungsziele, die über die bisherige Entwicklungspolitik hinausgehen und Leitlinien für nachhaltige Entwicklung auf wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Ebene bilden. An erster Stelle steht weiterhin die Überwindung von Armut und Hunger. Ebenso bleiben Gesundheit, Bildung und der Schutz von Lebensgrundlagen auf der Agenda. Allerdings kommen auch gesellschaftspolitische Ziele wie Gleichheit der Geschlechter, eine gerechte Steuerpolitik, die Verringerung der Ungleichheit zwischen Staaten oder der Zugang zu Rechtshilfe und inklusive Institutionen hinzu.
Papst Franziskus hatte die Entwicklung der "Sustainable Development Goals" ausdrücklich unterstützt und eine zügige Umsetzung angemahnt. Die Ziele sind allerdings nur zu erreichen, wenn die dafür notwendigen Gelder zur Verfügung gestellt werden. Die Vereinten Nationen gehen von einem Jahresbedarf von mindestens drei Billionen US-Dollar aus. Matuschkowitz: "Die Staaten sollten diese Nachhaltigkeitsziele und die damit verbundenen eigenen Pflichten endlich ernst nehmen. Das Rezept, wie die humanitäre Not auf der Welt wirksam verringert werden kann, liegt ja schon auf dem Tisch." 

21,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe 
Die Austrian Development Agency (ADA) hat seit Sommer 2015 rund 21,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe im Nahen Osten oder in Afrika abgewickelt. Damit konnte rund 1,7 Millionen Menschen unmittelbar geholfen werden, hieß es in einer Aussendung am Donnerstag. "Humanitäre Hilfe sichert auch heuer weltweit Millionen Menschen in Kriegsgebieten wie Syrien das Überleben. Darüber hinaus unterstützen wir über diese 'Erste Hilfe' - die noch vor der Entwicklungszusammenarbeit ansetzt - Regionen nach Naturkatastrophen", so Martin Ledolter, Geschäftsführer der ADA. Durch die Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds von 5 auf 20 Millionen Euro könne nun noch mehr Menschen direkt geholfen werden.
Mit dem ADA-Geld werden sowohl internationale Organisationen als auch qualifizierte österreichische Nichtregierungsorganisationen und ihre Partner vor Ort unterstützt. "Zum Beispiel versorgt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mit 5 Millionen Euro aus Österreich 8.400 syrische Flüchtlinge in der Region mit Gütern des täglichen Bedarfs, Unterkünften und medizinischer Hilfe", erklärte Ledolter. 
"Für Äthiopien haben wir heuer bereits zusätzlich 1,3 Millionen Euro zu Verfügung gestellt, um die Folgen der Dürre, wie etwa Nahrungsmittelknappheit, zu bekämpfen. Gemeinsam mit dem Roten Kreuz, der Caritas und CARE versorgen wir über 160.000 Menschen mit Trinkwasser, verteilen Saatgut für die Anbausaison und helfen dabei, dass erzielte Entwicklungsschritte im Land nicht zunichte gemacht werden", so Ledolter. 

 

Eine Meldung von http://www.kathpress.at

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