Versöhnung: Annäherung nach einem Streit (Alfred Natterer)

Streit gehört zum Beziehungsalltag und manchmal endet eine Auseinandersetzung in Eskalation oder Sprachlosigkeit. Was zunächst Luft verschafft, lässt bald danach fragen: Wie versöhnt man sich nach einer Auseinandersetzung? Ein paar Anregungen, die aus der Paarpschologie entnommen sind:

1. Eskalation frühzeitig unterbrechen 

Sobald einer der Partner merkt, dass die Auseinandersetzung in Richtung Eskalation führt oder einen so aufwühlt, dass es schwer wird, einen klaren Kopf zu behalten, unterbrechen Sie, nehmen sich eine Auszeit und setzen dann wieder ruhig ein – in einer Gesprächsform, die nach den Kommunikationsregeln der Kunst hilfreich ist: von sich sprechen, konkret Dinge und Verhaltensweisen benennen und bei einem Thema bleiben.

 

2. Emotionen abkühlen  

Eskaliert der Konflikt oder führt er zur Sprachlosigkeit, dann abkühlen. Solange die Gemüter noch erhitzt sind, ist eine Versöhnung nicht möglich. Tun sie, was Ihnen gut tut: Spaziergang, Schreien, sich verkriechen, eine Freundin kontaktieren. Wichtig: zur Ruhe zu kommen.

 

3. Reflektieren und dem inneren Dialog auf die Schliche kommen 

Ruhig geht es in die Reflexion: Worum ging es tatsächlich? Was waren die Auslöser? Welche Reizworte haben was bei mir hervorgerufen? Welche Gefühle haben mich dann geleitet? Was war denn das Thema hinter dem Thema? Was hätte mir gut getan? Was brauche ich, was braucht womöglich mein Partner für eine Versöhnung?

  

4. Den ersten Schritt machen 

Das ist sicher ein ganz schwieriger Punkt. Egal für wen. Er ist in der Regel mit großer Unsicherheit verbunden: Wie ansprechen? Wie viel will und kann ich von mir zeigen? Was ist der rechte Weg, ohne mich vorschnell zu entschuldigen oder irgendetwas zuzugeben? Wie geht mein Partner mit meinem offenen Visier um? Wage ich es, verletzt zu werden? Oft hilft es all die Fragen offen anzusprechen: Ich tu mich schwer, etwas zu sagen. Ich weiß nicht, wie beginnen. Wie sollen wir weiter? Was ist passiert? Hab ich dich richtig verstanden, dass dir… Mir schnürt es die Kehle zu, aber ich muss etwas sagen, auch wenn ich Angst habe….

  

5. Um Verzeihung bitten 

In der Regel gibt es nach so einer Auseinandersetzung nicht nur einen Verwundeten, sondern beide haben ihre Wunden davongetragen. Gehen Sie in Vorleistung, bitten Sie ehrlich und aufrichtig für das, was Sie gesagt oder getan haben um Verzeihung. Achten Sie darauf, dass es wahrhaftig ist. Nicht mehr und nicht weniger. Erst damit ist die Basis für eine Versöhnung

  

6. Sachlich bleiben und Wege finden 

Wenn die emotionale Ebene passt, bleibt trotzdem noch die sachliche Differenz. Diese gilt es zu klären und Wege des Miteinanders zu finden. Reden Sie in Ich-Botschaften, machen Sie bei der Versöhnung klar, was in Ihnen vorgeht seit dem Streit: „Es tut mir weh, wenn du…“. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen („Nur, weil du…“), Pauschalierungen („Immer machst du…“) und das Eröffnen von Nebenkriegsplätzen („Außerdem hast du…“). Hören Sie dem Partner zu, ohne ihn zu unterbrechen. Lassen Sie seine Kritik stehen, ohne sich zu verteidigen. Finden Sie Wege, die helfen, dass solche Konfliktsituationen nicht wieder auftauchen. Manchmal ist es hilfreich, dabei über den Tellerrand hinauszudenken. Vereinbaren Sie, dass Sie einander anerkennen, wenn Schritte gemacht wurden.

 

7. Versöhnen und verzeihen 

Wenn Sie sich versöhnen wollen, darf das gegenseitige Verzeihen nicht fehlen. Vergeben Sie sich ehrlich die Verbalverletzungen im Konflikt. Das bedeutet vor allem, dass tatsächlich ein Haken dahinter gemacht wird. Und nicht, dass Sie das Gesagte dem Partner bei Bedarf erneut vorwerfen dürfen.

Streitkultur und Versöhnungskultur ist lernbar. Die in München entwickelten Paarkommunikationstrainings, die wir auch in der Diözese Innsbruck anbieten fördern nachweislich eine positive Konfliktkultur