Krippenfeier: Erstmals vor 800 Jahren durch Franz von Assisi

In einer nächtlichen Grotte in den Bergen nördlich von Rom fand 1223 die erste Krippenfeier statt - Ohne Maria, Josef und Jesuskind, aber mit viel Heu und noch mehr Begeisterung - Von Roland Juchem

Es muss eine geradezu ekstatische nächtliche Feier gewesen sein, die Franz von Assisi in jener Nacht des 25. Dezember 1223 nahe des Bergdorfes Greccio inszenierte. Jedenfalls liest sich so die Beschreibung der ersten dokumentierten Krippenfeier: "Männer und Frauen jener Gegend bereiteten, so gut sie konnten, freudigen Herzens Kerzen und Fackeln, um damit jene Nacht zu erleuchten, die mit funkelndem Sterne alle Tage und Jahre erhellt hat", schreibt der Ordensmann und Chronist Thomas von Celano (1190-1260) rückblickend.

Eine Krippe wird "zurechtgemacht, Heu herbeigebracht, Ochs und Esel herzugeführt. Zu Ehren kommt da die Einfalt, die Armut wird erhöht, die Demut gepriesen, und aus Greccio wird gleichsam ein neues Bethlehem." "Der Wald erschallt von den Stimmen, und die Felsen hallen wider von dem Jubel. Die Brüder singen und bringen dem Herrn das schuldige Lob dar, und die ganze Nacht jauchzt auf in hellem Jubel."

Die Feier ist ein langes gehegtes Projekt des inzwischen gut 40-jährigen Franziskus. Mit seinen Gesinnungsgenossen führt der fromme Aussteiger ein Leben, das den radikalen Forderungen des Evangeliums entspricht. In einer Zeit, da die Kirche reich und mächtig ist wie nie zuvor, möchte er die Botschaft des Jesus von Nazareth konkret und sinnesfreudig vermitteln.
In jener Nacht des 25. Dezember feiert Franziskus in einer Grotte bei Greccio wie in spiritueller Ekstase eine Messe zur Erinnerung an die Geburt des Erlösers. Seufzend "voll tiefen Wehs, von heiliger Andacht durchschauert und von wunderbarer Freude überströmt" spricht er vom "Kind aus Bethlehem". Und jedes Mal, wenn er "Bethlehem" sagte, habe es "wie von einem blökenden Lämmlein" geklungen. So die verklärende Erinnerung der Ohrenzeugen.  

Gezielt vorbereitet
So fromm und beschaulich die Schilderung der ersten Krippenfeier sich heute liest, so war sie doch gezielt vorbereitet. In der Gegend gut 70 Kilometer nördlich von Rom hatte der junge, einen Monat zuvor vom Papst offiziell anerkannte Franziskanerorden besonders viele Sympathisanten. Außerdem fand Franziskus in einem lokalen Adligen namens Johannes einen bereitwilligen Förderer und Sponsor. Die Art und Weise, wie er diesen zwei Wochen vorher um Mithilfe bittet, erinnert an Jesus, wie dieser in den Evangelien seine Jünger bittet, das Pessachmahl - sein letztes Abendmahl - vorzubereiten.
"Wenn du wünschst, dass wir bei Greccio das bevorstehende Fest des Herrn feiern, so gehe eilends hin und richte sorgfältig her, was ich dir sage", so zitiert Thomas von Celano den Ordensgründer. Er wolle das Gedächtnis an das Kind von Bethlehem begehen. "Und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen." Natürlich eilte Johannes hin und tat wie ihm geheißen.
800 Jahre alte Tradition
Wie immer es sich mit historischen Fakten verhalten mag - eines ist sicher: Die Feier hat bei den Menschen, die dabei waren, Eindruck hinterlassen. Mit weitreichenden, über Jahrhunderte wirkenden Folgen. Bald darauf entstanden in den Kirchen Darstellungen der Geburt Christi. Im Zuge der katholischen Gegenreformation kamen nach dem Konzil von Trient (1545-1563) jene mobilen Krippen auf, die nur zur Weihnachtszeit aufgebaut wurden. Hochburgen dieser Frömmigkeitspraxis waren die Provence und Neapel. 

Heute noch sind in den säkularisierten Gesellschaften Westeuropas weihnachtliche Krippenfeiern die meistbesuchten Gottesdienste. Weswegen Papst Franziskus, dem "wunderbaren Zeichen der Krippe", einen eigenen Brief widmete. Um ihn zu unterzeichnen, reiste der Namensvetter des Heiligen eigens am 1. Dezember 2019 nach Greccio in das dortige Franziskanerkloster. "Es ist nicht wichtig, wie man die Krippe aufstellt" - immer gleich oder jedes Jahr anders - "was zählt, ist, dass sie zu unserem Leben spricht", so der Papst. Wie in jener Dezember-Nacht des Jahres 1223.

Papst Franziskus: Vor der Krippe brauche es nicht viele Worte. Die Szene der Geburt Jesu vermittle auch so die wesentliche Weisheit des christlichen Glaubens: "Gott liebt uns so sehr, dass er unsere Menschlichkeit und unser Leben mit uns teilt." Wie die Hirten von Bethlehem sollten auch heutige Gläubige die Freude, die sie vor der Krippe empfinden, dorthin bringen, wo Trauer herrscht.

 

Wortlaut des Papstschreibens "Admirabile signum" zur Bedeutung der Weihnachtskrippe, deutsch: https://www.vatican.va/content/francesco/de/apost_letters/documents/papa-francesco-lettera-ap_20191201_admirabile-signum.html; Auszug aus dem Bericht des Thomas von Celano über die Krippenfeier in Greccio, deutsch: https://bistum-osnabrueck.de/quellentext-zum-jubilaeum-800-jahre-krippe/) 

 

Eine Meldung von www.kathpress.at

 

Krippenmuseum im Innsbrucker Kapuzinerkloster  

Aufgrund dieses Jubiläums wurde am zweiten Adventsonntag das Krippenmuseum des Innsbrucker Kapuzinerklosters feierlich wiedereröffnet. Bis zum 2. Februar kann man dieses Museum nach Vereinbarung besuchen (an Wochenenden unter 0512584914/innsbruck@kapuziner.org werktags unter 051258491427/bibliothek.innsbruck@kapuziner.org). Auch andere Museen wie beispielsweise das Volkskunstmuseum oder eigene Krippenmuseen stellen Krippen aus.