Zwei Lebensdrittel als Diözesanpriester

Der ehemalige Generalvikar Klaus Egger feiert zum Diözesanjubiläum seinen 90. Geburtstag

Geboren am 27. April 1934, am Tag des Heiligen Petrus Canisius, erlebte Klaus Egger als 30-jähriger Priester, wie aus der apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch eine neue Diözese wurde. Damit fielen seine weiteren Geburtstage auf den Gedenktag des neuen Diözesanpatrons. Er wirkte als Diözesanpriester in verschiedensten leitenden Positionen. Darunter als Präfekt des Bischöflichen Gymnasiums Paulinum in Schwaz, als Regens des Priesterseminars, aber auch als Generalvikar unter Bischof Reinhold Stecher und als Bischofsvikar für Ordensangelegenheiten gestaltete er die Diözese über Jahrzehnte mit.

 

Obwohl er mit annähernd 90 Jahren beruflich längst den Ruhestand angetreten hat, von seiner Berufung ist Klaus Egger nicht in Pension gegangen. Noch heute hilft er manchmal aus und ist so auch Seelsorger geblieben. Erst im Vorjahr hat er in Zusammenarbeit mit der Diözese Innsbruck und dem Tiroler Sonntag ein Buch über das Vaterunser verfasst. Ein Gebet, das ihn schon lange fasziniert, ein Gebet für jede Gelegenheit: “Selbst in Verfolgungszeiten, wo es keine Bibel gegeben hat, keine Briefe für Gottesdienste, haben die Menschen mit dem Vaterunser, manchmal sogar ein paar Jahrzehnte, in ihrem Christsein Halt gefunden.”

 

Dabei hat der Begriff "Aufrichten" ganz große Bedeutung. Jesus ist ja gekommen, um das so vielfach durchkreuzte Leben aufzurichten. Genau darum geht es auch in der Seelsorge:  "Aufrichten" und auch "Sich aufrichten lassen", wenn es nötig ist - sagt der 90-Jährige.

 

Vom MK-Mitglied zum Theologiestudium 

Diözesanpriester in Innsbruck war Egger vom ersten Tag der Gründung der Diözese an, gerade fünf Jahre davor, 1959, wurde er zum Priester geweiht. Angesprochen wird er heute am liebsten mit seinem akademischen Titel: “Sagen Sie Doktor Egger, den habe ich mir selbst verdient, die anderen sind Ehrentitel, die man halt so bekommt. Aber von denen kann man eigentlich nicht leben. Was man selbst geschafft hat, das ist das Fundament.” Schon in seiner Schulzeit war er fasziniert von der Jugendseelsorge. Damals war er bei der MK - dem von Jesuiten geleiteten Jugendzentrum in der Sillgasse. Es war eine Zeit des "Aufbrechens" und des "Aufrichtens". So entstand der Berufswunsch, selber "Jugendseelsorger" zu werden.

 

Die ersten zwei Studienjahre waren dem jungen Klaus Egger deshalb auch etwas zu wenig praxisbezogen. “Dann habe ich ein Jahr in Belgien in Löwen studiert, das war für mich die große Weichenstellung. Da ist mir vor allem die Welt der Bibel aufgegangen.” Dazu kamen auch praktische seelsorgerliche Erfahrungen. Im zweiten Studienabschnitt war auch Karl Rahner sein Lehrer, den er sehr geschätzt hat.

 

Große Veränderungen brachte der neue Status als Diözese in der Erinnerung Eggers vorerst nicht: “Das hatte vor allem rechtliches Gewicht.” Bischof Paulus Rusch hatte schon zuvor Weichen in Bezug auf die Pastoral gestellt. Im Jahr 1964 - noch mitten im Konzil - war es dann nach jahrzehntelangem Warten - so weit: die "Apostolische Administratur" wurde zur Diözese erhoben. Große Veränderungen in der Seelsorge brachte diese Entscheidung nicht, wohl aber in rechtlicher Hinsicht. Und noch etwas: seitdem gibt es auch einen Diözesanpatron - Petrus Canisius, ein Jesuit der ersten Generation. Er war auch in Innsbruck und Hall als Seelsorger tätig. Berühmt wurde er durch die von ihm verfassten Katechismen. Gefeiert wird er am 27. April - auch der Geburtstag von Klaus Egger.

 

Mit dem Konzil Türen geöffnet 

Wie weitreichend die Änderungen waren, die in den 60 Jahren der Diözesangeschichte folgten, hatte Egger sich nicht vorstellen können: “Wir sind damals in einer Kirche groß geworden, in der sehr viel fixiert war. Wir hatten zwar eine geheime Hoffnung, dass sich etwas ändern müsse, aber erst Papst Johannes XXIII. war der Mann, der dann Türen geöffnet hat durch das Konzil.” Die Diözesansynode von 1971 bis 72 sollte dann auch die Ergebnisse des Konzils auf die Ebene der Diözese übertragen: “Die Diözesansynode hat die Pfarrgemeinderäte für unsere Diözese gebracht. Ohne sie wäre die spätere Arbeit überhaupt nicht mehr vorstellbar.” Dazu kamen weitere Weichenstellungen in Bezug auf die Liturgie, die Egger in positiver Erinnerung hat. Wichtigste Neuerung: Liturgie in der Muttersprache und die Einführung der Pfarrgemeinderäte.

 

Egger erinnert sich auch, dass es zum Beginn der eigenständigen Diözese Innsbruck Bestrebungen gab, den Tiroler Anteil der Erzdiözese Salzburg zu übernehmen: “Da hat auch die Politik mitgemischt, aber es ist schiefgegangen. Bischof Stecher hat einmal gemeint, es werde wohl erst beim jüngsten Gericht endgültig entschieden werden, wo wir wirklich dazugehören oder nicht.” Aber eine kleinere Diözese habe ihre Vorteile: “Sie ist überschaubar und man kann leichter etwas ausprobieren. Das hängt dann viel von den Bischöfen ab.”

 

Als wichtige Station in der Geschichte der Diözese Innsbruck erlebte Egger das Diözesanforum, das von 1993 bis 1995 arbeitete. “Wir hatten damals natürlich noch keine Ahnung, was Papst Franziskus später einmal mit seiner Idee einer synodalen Kirche meinen würde. Aber diese Kirchenversammlung trug bereits ,synodale Züge‘: es ging um das Gespräch von Frauen und Männern als Repräsentanten aus den Gemeinden und Mitgliedern der Diözesanleitung, um Weichenstellungen für die ,Kirche von Morgen‘ zu erarbeiten. Und wir hatten auch eine Umfrage gemacht, um zu sehen, wo die Menschen der Schuh drückt und haben über 3000 Antworten bekommen aus unserer kleinen Diözese.”

 

Alle Bischöfe selbst erlebt 

Von 1969 bis 1979 Regens des Priesterseminars, als Professor für Religionspädagogik, von 1989 bis 1998 als Generalvikar und dann bis 2009 als Ordensreferent und Exerzitienbegleiter hat Klaus Egger alle fünf Diözesanbischöfe in Innsbruck miterlebt. Besonders stark habe nach seinem Erleben Paulus Rusch die Diözese geprägt, der ja schon seit 1938 als Apostolischer Administrator bis 1980 der Innsbrucker Oberhirte blieb. Reinhold Stecher erlebte er im Vergleich dazu als “Quereinsteiger”, da dieser zuvor nicht mit Leitungsaufgaben betraut gewesen ist: “Ich glaube, Bischof Reinhold hat genau das, was das zweite Vatikanum über Bischöfe gesagt hat, gelebt. Nämlich: der Bischof ist Priester, der Bischof ist Prophet und der Bischof ist Hirte.”

 

Bei Bischof Alois Kothgasser bedauert Egger, dass er nur fünf Jahre in der Diözese Innsbruck eingesetzt war: “Ein Bischof, der von auswärts kommt, der braucht meines Erachtens ungefähr fünf Jahre, bis er die Diözese kennt.” Aufgefallen sei ihm die große Freundlichkeit des Bischofs. Als dann Bischof Manfred Scheuer folgte, habe dieser die ersten Vorbereitungen Kothgassers, die auf den Ergebnissen des Diözesanforums von 1993 bis 95 fußten, aufgegriffen: “Das Wichtigste war damals sicher die Weichenstellung für Seelsorgeräume!” Darüber hinaus hat er den Oberösterreicher als “hervorragenden Theologen” erlebt.

 

Mit dem amtierenden Bischof Hermann Glettler ist es nun der Dritte, “der von auswärts gekommen ist und natürlich auch in den ersten Jahren die Diözese kennenlernen musste.” Auch dieser präge “mit seiner Art die Diözese”. Das Programm "Weggemeinschaften", das für die Zukunft unserer Kirche von großer Bedeutung ist, hat jedoch auch Vorfahren: "Bibelrunden, Familienrunden" und wohl auch die "Exerzitien im Alltag" - seit 1996 ein Fixprogramm in der Fastenzeit. “Bischof Hermann hat für die Weggemeinschaften, noch einmal einen Akzent gesetzt und deren Bedeutung gestärkt”, so Egger.

 

Wunsch an die Zukunft: Synodale Kirche 

In seinem 90-jährigen Leben und 60 Jahren als Priester der Diözese Innsbruck hat Klaus Egger erlebt, wie “die Bindung zur Kirche zum Teil radikal abgenommen hat.” Austritte, die früher nur schwer möglich und dadurch äußerst selten waren, sind nun häufig. Dagegen sinken die Zahlen in den Priesterseminaren und den Ordenshäusern. Für den einstigen Regens und Generalvikar liegt deshalb eine große Hoffnung in dem Entwurf von Papst Franziskus einer Synodalen Kirche: “Dass das nicht nur formal erledigt wird, sondern dass es lebendig ist. Und auch nicht nur in ganz engen, ausgewählten Kreisen, sondern zum Beispiel in Weggemeinschaften, in den Sitzungen diözesaner Gremien wie auch im Alltag, in den Pfarrgemeinderäten. Das wäre für mich ein ganz großer Wunsch. Und dass wir auch aufeinander Rücksicht nehmen.”

 

Eine große Feier plant Egger zu seinem Geburtstag nicht. Es wird einen Dankgottesdienst mit 25 bis 30 Verwandten und Wegbegleitern sowie ein schönes Festmahl.

Dr. Klaus Egger war vom ersten Tag an Diözesanpriester der Diözese innsbruck. Foto: cincelli/dibk.at