Fasten ist kein Leistungssport
Gedanken zur Fastenzeit von Generalvikar Jakob Bürgler. Das Interview ist erschienen in der TIroler Krone, deren Leserinnen und Leser vom Generalvikar durch die Fastenzeit begleitet werden.
Tiroler Krone: Herr Generalvikar, heute ist Aschermittwoch. Was bedeutet Ihnen dieser Tag?
Jakob Bürgler: Ich habe mich auf den Aschermittwoch gefreut, weil er ein Zeichen setzt, eine Einladung ist. Das hilft, entschieden mit dem Fasten zu beginnen. Was auch hilft, ist die Gemeinschaft, die etwa beim Ausschenken der Fastensuppe vor dem Stadtturm sichtbar wird. Sie ist Zeichen dafür, dass das Fasten auch in der heutigen Gesellschaft Bedeutung hat.
Viele streben aber nicht nach innerer Erneuerung, sondern haben eher Äußerlichkeiten wie das persönliche Idealgewicht im Visier.
Jakob Bürgler: Fasten ist kein Leistungssport, bei dem der größte Asket den ersten Preis gewinnt. Oft fragen mich die Leute nach dem Sinn. Fasten soll helfen, das richtige Maß zu finden und zu erkennen, was im Leben trägt und was beschwert. Es soll uns helfen u erkennen, wovon wir weniger, aber auch von was wir mehr brauchen. Zum Beispiel Erholung, Bewegung, Gemeinschaft. Fasten ist nicht nur Verzicht, nicht nur Last, sondern Bereicherung und Erfüllung.
40 Tage sind eine lange Zeit, da ist die Gefahr des Scheiterns groß.
Es ist ein wichtiges Signal des Christentums, dass die Sonntage von der Fastenzeit ausgenommen sind. Unser Glaube ist nicht darauf aus, die Menschen klein zu halten, sondern sie zu stärken. Fasten bedeutet nichts anderes, als sich auf Ostern, dem wichtigsten Fest des Christentums, vorzubereiten. Beim Fasten zählt der gute Wille und dass man nicht im Scheitern verharrt. Ich erzähle gerne die Geschichte jenes Gefängnisseelsorgers, der auf dem Weg zum Altar gestürzt ist. Er ist aufgestanden und hat gemeint: Seht ihr, es ist nicht entscheidend, dass ich gefallen bin. Wichtig ist, dass ich wieder aufstehe.
Wenn Sie auf die moderne Gesellschaft blicken: welche Fasten-Vorsätze fallen Ihnen spontan ein?
Eine Entschleunigung täte unserer Gesellschaft gut. Der Drang, immer und überall zu sein – und das möglichst schnell – setzt den Menschen zu. Auch die ständige Reizüberflutung, die viele junge, aber auch alte Menschen stark belastet. Außerdem würde ich mir wünschen, dass wir öfter Kritik-Fasten. Sich einmal ausschließlich dem Positiven zuwenden, nicht immer nur nach Fehlern suchen.
