Stubaier Projekt “Netzwerken” fürs Pfarrleben

Bischof Hermann bei Auftaktsspredigt in Neustift: Angesichts vieler gesellschaftlicher Herausforderungen braucht es ein geduldiges Erarbeiten von Lösungen "und nicht das parteipolitische Bewirtschaften der Probleme"

Unter dem Titel Netzwerken verbirgt sich vieles, mit dem sich die Pfarre Neustift im kommenden Jahr intensiv auseinandersetzen wird. “Wir als Pfarre öffnen unsere Pforten und laden die ganze Pfarrbevölkerung ein, sich in das Pfarrleben zu integrieren und sich einzubringen”, erklärt Pfarrkurator Andrae Nardin. Beim „Netzwerken“ mit Menschen, Vereinen, Gruppierungen und Einrichtungen, geht es darum, “die Botschaft unseres Glaubens weiterhin am Puls der Zeit weitergeben können.” Dies brauche neue Kreativität und Umsetzungsgestaltungen. Menschen vor Ort setzen sich intensiv damit auseinander, so Nardin: “Menschen, die uns unterstützen und Menschen, die uns als Pfarre Rückmeldungen, Ideen, Vorstellungen aber auch Kritik geben. Nur wenn wir alle zusammen einen Weg des Glaubens gehen, kann es uns auch in Zukunft gelingen, viele Menschen für den Glauben zu begeistern und zu motivieren.” Am Sonntag fiel dazu der Startschuss.

 

Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat in seiner Predigt zum Auftakt an die Regierungsverhandler appelliert, "Menschen zusammenzuführen und das Miteinander zu stärken". Er sagte am Sonntag in der Pfarre Neustift in Richtung der verantwortlichen Politiker: "Bitte nicht das soziale Klima weiter vergiften!" Angesichts vieler gesellschaftlicher Herausforderungen brauche es ein geduldiges Erarbeiten von Lösungen "und nicht das parteipolitische Bewirtschaften der Probleme".

Das freiwillige Engagement so vieler Menschen müsse unterstützt und nicht durch angedrohte Kürzungen infrage gestellt werden, so der Bischof. Vor allem brauche es die nötige Weitsicht in der Europa-Politik und im Einsatz für die Umwelt. Und der Bischof fügte hinzu: "Wir wollen keine neuen Feindbilder, sondern die Sorge um ein gutes Leben für alle - besonders für Armutsgefährdete und Heimatsuchende."

 

Bis Dienstag gibt es nun zahlreiche Treffen mit Vereinen und weiteren Einrichtungen, wo die Pfarrverantwortlichen mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch kommen wollen, "um die Anliegen der Menschen wahrzunehmen" wie es vonseiten der Pfarre hieß.

Bischof Hermann würdigte das Projekt, mit dem die Kirche vor Ort zukunftsfit gemacht werden soll. Eine mehrfache Hinwendung werde dafür nötig sein: "Hinhören, Hinschauen, Hingehen und Hingabe." Wer dies in Angriff nimmt, sei Protagonist einer synodalen Bewegung, wie sie Papst Franziskus wünscht. Und in Richtung der Pfarrgemeinde fügte der Bischof hinzu: "Mit dem  mehrtägigen 'Netzwerken' wagt ihr einen Aufbruch. Ihr nistet euch nicht in der Jammerei über diese und jene Defizite ein und ergeht euch nicht in der Suche nach Schuldigen. Ein viel zitierter Reformstau, rückgängige Zahlen beim Kirchenbesuch und vieles mehr ist suboptimal, ja Anlass zu berechtigter Sorge. Dennoch: Glaube ist immer Wagnis, ein Los-Gehen und Aufbrechen. - Danke, dass ihr es wagt!"

Stubaier Projekt “Netzwerken” fürs Pfarrleben
Foto: Pfarre Neustift

Netzwerken – im Auftrag Jesu!

Predigt von Bischof Hermann Glettler, Projektstart „Netzwerken“, Pfarre Neustift, 9. Febr. 2025

Ich freue mich über euer Projekt, das heute startet! Durch ein proaktives „Netzwerken“ wollt ihr als Kirche vor Ort zukunftsfit werden. Eine mehrfache Hinwendung wird dafür nötig sein: Hinhören, Hinschauen, Hingehen und Hingabe. Wenn ihr dies versucht, seid ihr Protagonisten einer synodalen Bewegung, wie sie Papst Franziskus wünscht. Das heutige Evangelium vom erfolgreichen Fischfang (Lk 5,1-11) ist dafür die größte Inspiration, ja Leitbild und Auftrag. Ich versuche es mit zwei Glückwünschen und zwei kleinen Hinweisen zu übersetzen.

 

Glückwunsch Nr.1: Im Evangelium wird berichtet, dass die Jünger nach einer erfolglosen Arbeit am Morgen ihre Netze wuschen. Vergebliche Mühe, Vorwürfe der enttäuschten Kunden und weitere negative Emotionen lagen in der Luft. Mit dem mehrtägigen „Netzwerken“ wagt ihr einen Aufbruch. Ihr nistet euch nicht in der Jammerei über diese und jene Defizite ein und ergeht euch nicht in der Suche nach Schuldigen. Ein vielzitierter Reformstau, rückgängige Zahlen beim Kirchenbesuch und vieles mehr ist suboptimal, ja Anlass zu berechtigter Sorge. Dennoch: Glaube ist immer Wagnis, ein Los-Gehen und Aufbrechen – Danke, das ihr es wagt!

 

Glückwunsch Nr.2: Ihr seid keine Solisten, sondern mit den unterschiedlichen Berufungen und Talenten begabt, gemeinsam in der Pastoral tätig. Glückwunsch dazu! Sobald die Leute merken, dass die Verantwortlichen der Kirche gemeinsam am Werken sind und sich in den Dienst Jesu stellen, horchen sie auf und lassen sich ansprechen. Ihr seid Netzwerker Gottes – jetzt mit einem neuen Anlauf. Ich bete, dass euch in diesen Tagen vieles gelingt. Vor allem freue ich mich, dass ihr versucht mit den unterschiedlichsten Personen, mit den Verantwortlichen der vielen Einrichtungen, Vereinen und aktiven Gruppen ins Gespräch zu kommen. Das wird zum Segen!

 

Hinweis/Vorsicht Nr.1: Kirche lässt sich letztlich nicht „machen“, nicht attraktiver gestalten, nicht designen. All das bleibt fruchtlos oder wird sogar „kitschig“. An erster Stelle steht das Gebet, die geistliche Verbundenheit mit Gott. Kirche ist vor aller allem die Gemeinschaft derer, die auf das Wort Jesu hören – seinen Auftrag im Heute „wahr-nehmen“. Kirche wird lebendig, wenn sie durch Seelsorge, Dienste der Nächstenliebe und Begleitung von Menschen eine zeitgerechte Antwort zu geben versucht. „Fahrt nochmals hinaus!“ Trotz vieler Einwände ließ sich Petrus auf das Wort Jesu ein und wurde positiv überrascht. Ermutigen wir uns gegenseitig!

 

Hinweis/Vorsicht Nr.2: „Die Kirche“ sollte, hätte zu ändern, müsste mehr dies und jenes – immer „die“ Kirche. Es ist verführerisch, in der Rolle der Konsumenten zu verharren und von den anderen, von der Diözese und den Pfarrverantwortlichen zu fordern. Diese Haltung braucht eine innere Be-Kehrung, denn: Kirche sind wir alle! Kirche ist kein Wunschkonzert, sondern die Gemeinschaft derer, die ein Plus an Liebe, an Aufrichtigkeit, an geistlicher Sorge und Freude in die Gesellschaft einbringen. Der innere Motor für diese Bewegung ist der Heilige Geist. Er schenkt euch und allen Gläubigen die nötigen Charismen und Gaben, die es heute braucht.

 

Liebe Pfarrbevölkerung von Neustift! Ich wünsche euch Mut und Freude beim „Netzwerken“ – und so nebenbei erwähnt: Euer Projekt ist Maßstab für die aktuelle Regierungsbildung. Warum? Es geht darum, Menschen zusammenführen und das Miteinander zu stärken! Bitte nicht das soziale Klima weiter vergiften! Angesichts vieler gesellschaftlicher Herausforderungen braucht es ein geduldiges Erarbeiten von Lösungen und nicht das parteipolitische Bewirtschaften der Probleme. Das freiwillige Engagement so vieler Menschen muss unterstützt und nicht durch angedrohte Kürzungen in Frage gestellt werden. Vor allem braucht es die nötige Weitsicht in der Europa-Politik und im Einsatz für die Umwelt! Und wir wollen keine neuen Feindbilder, sondern die Sorge um ein gutes Leben für alle – besonders für Armutsgefährdete und Heimatsuchende.