AK feiert Abschied von einer Institution

15. Josefitreffen in der AK Tirol: Zusammenkunft der Tiroler Sozialeinrichtungen im Zeichen der Armutsbekämpfung und der Verabschiedung des langjährigen Koordinators Lothar Müller

Das 15. Josefitreffen in der AK Tirol stand im Zeichen der Frage, wie eine Zukunft ohne Armut in unserer Gesellschaft geschaffen werden kann, ebenso ging es darum, wie das soziale Netz in Tirol gestärkt werden kann. Das Interesse der Vertreterinnen und Vertreter der im Josefikreis vertretenen Institutionen war groß, ebenso waren zahlreiche Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Einladung von Josefikreis-Koordinatorin Verena Steinlechner-Graziadei zum Josefitreffen gefolgt, darunter Landeshauptmann Anton Mattle, Soziallandesrätin Eva Pawlata, Nationalrat Bernhard Höfler, Landtagsabgeordnete Iris Zangerl-Walser, die Vorsitzende des ÖGB Tirol Sonja Föger-Kalchschmied, Vizebürgermeister Georg Willi und AK Vizepräsident Klaus Rainer sowie die kirchlichen Würdenträger Monsignore Clemens Bieber, Domkapitular des Bistums Würzburg, und Domprobst Monsignore Jakob Bürgler. Landeshauptmann Anton Mattle überbrachte im Namen des Landes den Dank an jene, die helfen, und betonte, dass die Vertreterinnen und Vertreter des Landes ihr Bestmögliches tun, um jenen zu helfen, die Unterstützung brauchen. Er verwies darauf, die Herausforderungen, die sich beim Thema Armutsbekämpfung stellen, anzugehen und dass sich das Land intensiv mit dem Thema Armut auseinandersetzt und nach Lösungen sucht. AK Präsident Erwin Zangerl unterstrich den Stellenwert des Josefikreises als permanente Einrichtung von Helfenden, die Tag für Tag der Frage nachgehen, wie in Not geratenen Menschen aus schwierigen Situationen geholfen werden kann.

 

Aus Anlass des Tiroler Landesfeiertages lädt die AK Tirol seit 2010 zum sogenannten „Josefitreffen“ ein – einer Zusammenkunft der Tiroler Sozialeinrichtungen. Die Ziele: gegenseitige Information, persönliches Kennenlernen sowie die Diskussion über gesellschaftliche Entwicklungen und der Austausch über die Probleme jener Menschen, mit denen man in der Praxis konfrontiert ist. In diesem Jahr ist es das drängende Problem der Armut, zumal in Tirol an die 100.000 Menschen armutsgefährdet sind, viele von ihnen Kinder und Jugendliche. AK Präsident Erwin Zangerl bedankte sich bei den Teilnehmer:innen der „Helfer:innen-Konferenz“ für ihren Einsatz und ihr soziales Engagement und stellte klar, dass eine Einrichtung wie der Josefikreis und die darin vertretenen Personen unverzichtbar für die Gesellschaft sind und dadurch ein wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung von Armut, Obdachlosigkeit und sozialer Not geleistet wird.

 

Einig war man sich auch in der Frage, dass viele nicht wüssten, welche Unterstützungen es geben würde, wobei Soziallandesrätin Eva Pawlata die Anstrengungen des Landes in Bezug auf Information hervorhob und die Anstrengungen gemeinsam mit den Sozialpartnern an Aufklärung, Nachhaltigkeit und Transparenz in Bezug auf Leistungen unterstrich.  

 

Das heurige Josefitreffen stand auch im Zeichen des Abschieds einer Institution: Der Initiator des Josefitreffens und langjährige Koordinator des AK Unterstützungsfonds, Sozialethiker Dr. Lothar Müller, wurde unter großem Beifall und dem Dank sowie den Glückwünschen zahlreicher Ehrengäste, darunter – neben den bereits genannten – Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth, Landtagsabgeordnete Andrea Haselwanter-Schneider sowie Innsbrucks Bürgermeister Johannes Anzengruber, verabschiedet. AK Präsident Erwin Zangerl bedankte sich beim seit 2009 unermüdlichem Motor des Josefitreffens.

 

Als Zeichen der besonderen Wertschätzung für Müllers Arbeit wurde eine Statue des deutschen Künstlers Günter Berninger von Probst Monsignore Jakob Bürgler geweiht, sie zeigt den „Heiligen Josef als Hörenden“, in Anlehnung an das Lebensmotto Müllers, für den der Mensch und das Zuhören im Mittelpunkt stehen.

 

Am Abend fand die traditionelle Josefsmesse in der Innsbrucker Jesuitenkirche statt. Diese wurde ebenfalls von Propst Jakob Bürgler zelebriert.

AK feiert Abschied von einer Institution
Monsignore Clemens Bieber, ÖGB-Vorsitzende Tirol Sonja Föger-Kalchschmied, Landtagsabgeordnete Andrea Haselwanter-Schneider, Landeshauptmann-Stellvertreter Philip Wohlgemuth, Soziallandesrätin Eva Pawlata, der langjährige Leiter des Josefkreises Sozialethiker Lothar Müller, Landeshauptmann Anton Mattle, Domprobst Monsignore Jakob Bürgler, Landtagsabgeordnete Iris Zangerl-Walser, Josefikreis-Koordinatorin Verena Steinlechner-Graziadei, AK Vizepräsident Klaus Rainer, Nationalratsabgeordneter Bernhard Höfler und AK Präsident Erwin Zangerl mit dem „Heiligen Josef als Hörenden“.

Predigt von Propst Jakob Bürgler

Hochfest des Heiligen Josef, 19. März 2025, Jesuitenkirche

Ein Pfarrer soll einmal die Predigt am Festtag des Heiligen Josef so begonnen haben: „Der Heilige Josef war ein Tischler. Tischler arbeiten mit Holz. Der Beichtstuhl besteht aus Holz. Ich möchte heute über das Beichten predigen.“

 

Sehr kreativ! Vielleicht doch etwas an den Haaren herbeigezogen? Auf alle Fälle unerwartet. Was erwartet euch heute? In den letzten Jahren habt ihr schon unterschiedliche Gedanken zum Heiligen Josef gehört: Gedanken zu Arbeit und sozialen Themenstellungen, zu Politik und Wirtschaft. Gedanken zu einem geistlichen Lebensstil. Gedanken zur Verehrung des heiligen Josef.

 

Die Heilige Schrift erzählt, dass Josef ein gerechter Mann war. Er nimmt Maria, seine Verlobte – eine Frau, die ein Kind erwartet – zu sich. Er wird damit zum Ziehvater von Jesus. Josef ist ein Mann, der uns den Wert jeglicher Arbeit, besonders auch den Wert des Handwerks vor Augen führt. Er lässt uns über den Sinn von Arbeit und Leistung und Gerechtigkeit nachdenken. Josef ist einer, der gerade für Männer ein Vorbild religiösen Lebens darstellt.

 

Ich möchte heute einen anderen Ansatz wählen. Vielleicht kreativ. Für manche vielleicht an den Haaren herbeigezogen. Für mich jedenfalls eine Botschaft für unsere Zeit. Der Heilige Josef spricht ein dreifaches Ja in seinem Leben: Ein Ja zur Frau. Ein Ja zum Kind. Ein Ja zu Gott.

 

Ein Ja zur Frau. Im Evangelium haben wir vom Traum des Josef gehört. Man kann sich gut vorstellen, wie Josef hin und her überlegt hat, wie ihn die Frage, was er denn tun soll, ein-fach nicht in Ruhe gelassen hat. Soll er Maria zu sich nehmen oder einfach gehen? Wichtig erscheint mir eines: In der damaligen Zeit war für jene Frauen, die entweder beim Ehebruch ertappt wurden oder außerhalb der Ehe Mütter geworden sind, eine brutale Strafe vorgesehen: Die Steinigung. Josef hat Maria vor der Steinigung bewahrt. Er hat ihr eine Zukunft eröffnet. Vielleicht könnte man sogar sagen: Josef hat Maria das Leben gerettet. Josef hat Ja zur Frau gesagt.

 

Im Blick auf den Heiligen Josef ist es unsere Aufgabe, uns für die Förderung von Frauen einzusetzen, für deren Gleichstellung: Für Chancengleichheit, für eine gerechte Bezahlung, für eine Absicherung durch Sozialleistungen, für die Wertschätzung ihrer Arbeit auch in der Pension. Das Anliegen der Frauenförderung gilt auch für uns als Kirche. Die Ebenbürtigkeit von Mann und Frau, die der Schöpfung zugrunde liegt, braucht dringend Aufmerksamkeit und entschiedenes Handeln. Ja sagen zur Frau.

 

Ja sagen zum Kind. Maria erwartet ein Kind – wie auch immer es dazu gekommen ist. Josef ist vor den Kopf gestoßen. Im Traum wird ihm der Grund eröffnet: Gott selber öffnet durch Maria einen neuen Weg. Auf alle Fälle bedeutet das für Josef, Ja zu sagen zum Kind, nicht nur zur Frau. Einem Kind Obdach zu geben, es in das eigene Leben hineinzunehmen, Verantwortung zu übernehmen, Erziehungsaufgaben wahrzunehmen, die Grundlage für ein gutes Leben zu legen, gemeinsam mit der Mutter.

 

Mich bedrängt sehr, dass immer mehr Kinder und junge Menschen mit dem Leben nicht mehr zurechtkommen. Die Zahl jener Kinder und Jugendlichen, die psychische Probleme haben und therapeutische oder psychiatrische Hilfe brauchen, steigt stark. Was ist das für eine Gesellschaft, in der Kinder und junge Menschen krank werden? Im Blick auf den Heiligen Josef ist es unsere Aufgabe, Kindern ein gutes und gesundes Aufwachsen zu er-möglichen. Das bedeutet, sich stark zu machen für eine gute und nachhaltige Erziehung. Sich für Kinderbetreuungsplätze einzusetzen. Sich für die Wahlfreiheit von betroffenen Müttern und Vätern zu engagieren, wie sie Beruf und Erziehung zusammenbringen können. Und es bedeutet, jene Leistungen zu honorieren, auch finanziell, die durch Erziehung eingebracht werden und die so wichtig sind für die Zukunft unser Gesellschaft. Ja sagen zum Kind.

 

Und schließlich: Ja sagen zu Gott. Josef kann seinen anspruchsvollen Weg deshalb wählen, weil er ein frommer Mensch war. Das Wort „fromm“ klingt in unseren Ohren so weltfremd, übertrieben, überkorrekt. Eigentlich bedeutet „fromm“, dass einem Menschen die Beziehung zu Gott ganz wesentlich ist. Josef hat seine Beziehung zu Gott innig gelebt. Und weil er auf Gott vertraut hat, konnte er Ja sagen zu seiner Lebensberufung.

 

Was passiert, wenn Gott aus dem Leben verschwindet, wenn keine Autorität mehr über uns ist? Dann werden Menschen zu machtgierigen Egomanen, zu machtbesessenen Despoten. Der Glaube an Gott bedeutet nicht die Erniedrigung des Menschen, sondern allein die Zuordnung des richtigen Platzes in der Welt, und das im Wissen, dass der Mensch nicht alle Macht der Welt hat, dass er nicht alles im Griff hat und dass er hin geordnet ist auf einen, der größer ist. Der Glaube an Gott.

 

Es gibt ein schönes Wort von Gilbert Keith Chesterton: „Wer nicht an Gott glaubt, der glaubt nicht nichts, sondern er glaubt alles.“ Auch das ist eine Erfahrung unserer Zeit. Was die Leute heute nicht alles so zusammenglauben! Der Blick auf den Heiligen Josef ermutigt uns, entschieden und neu Ja zu sagen zu Gott, und die Verbindung mit ihm zu pflegen in einer religiösen Lebenspraxis. Ja sagen zu Gott.

 

Waren meine Gedanken kreativ? Oder vielleicht an den Haaren herbeigezogen? Oder zumindest unerwartet? Für mich ist es eine Botschaft für unsere Zeit: Ja sagen zur Frau. Ja sagen zum Kind. Ja sagen zu Gott. Im Blick auf den Heiligen Josef.

Predigt von Propst Jakob Bürgler

Der „Heilige Josef als Hörender“ des aus Aschaffenburg stammenden Künstlers Günter Beringer. Foto: AK Tirol