Kinderwunsch und seine Folgen - Wir müssen im Gespräch bleiben

Im Rahmen der österreichweiten Woche für das Leben befasste sich in diesen Tagen das Haus der Begegnung in Innsbruck mit dem Thema %u201EKinderwunsch und seine Folgen".

Die Frage nach der Erfüllbarkeit des Kinderwunsches beschäftigt heute viele Paare. Dabei stehen oft rechtliche Rahmenbedingungen und die Selbstbestimmung von Frauen und Männern im Zentrum. Geht es dabei aber immer ums Kindeswohl und die psychologischen und gesundheitlichen Folgen, der Kinder, die aus dieser „Reproduktionsmedizin" entstehen? Werden auch die Folgen für die konkret Betroffenen bedacht und die Paare begleitet?

Vor diesen Fragen fanden sich Frauenreferat der Diözese, der Fachbeirat Gesellschaftspolitik und Ethik im Haus der Begegnung, katholisches Bildungswerk und die Fachhochschule für Gesundheit (Studiengang Hebammen): Interdisziplinär sollte ein Nachdenken und Miteinander-Reden durch VertreterInnen der Theologie, der Erziehungswissenschaft, der Medizin und der Psychologie in Gang kommen.

Bischof Manfred Scheuer ortet in seiner Einleitung „Ethik als ein Krisenphänomen", das dann gefragt ist, „wenn Entscheidungen in Kirche und Gesellschaft nicht mehr konfliktfrei getroffen werden können, wenn wir als Kirche spüren, dass die menschliche Würde unter Druck gerät." Dabei kann eine unausgegorene Begehrlichkeit nach Erfüllung des Kinderwunsches fatale und ethisch bedenkliche Folgen für alle Beteiligten haben. Um nur einige zu nennen: Menschen werden für die Forschung instrumentalisiert, Verlust des intimen Schutzraumes, Trennung von Liebesbeziehung und Zeugung und dadurch eine gespaltene Vaterschaft, die ungeklärten Folgen der hormonellen Beeinflussung des Körpers, unerwünschte Mehrlingsschwangerschaften mit selektivem Fetozid (wie entsorgen wir überflüssige Menschen?), die Qualitätskontrolle über lebenswertes Leben („eugenische Tendenzen").

Den Ausgangspunkt für die Podiumsdiskussion bildeten 5 Thesen der Erziehungswissenschafterin Univ.-Prof. Dr. Maria Wolf (Innsbruck). Die Rationalisierung der Mutterschaft hat eine neue „mütterliche Norm" durchgesetzt: „Vernünftige" Mütter durchlaufen alle pränataldiagnostischen Prozesse und handeln nach reproduktions- und biotechnologischer Vernunft. Der Frauenkörper wird als Material und Ressource gesehen. Medial transportiert wird: Erfolg verdanken wir der Medizin, Misserfolg dem „Faktor Frau". Die Beschämung der Frau geschieht zweifach: durch den „Makel Unfruchtbarkeit" und durch die Beschämung, „das alles mit sich machen zu lassen". In-Vitro-Befruchtung ist für viele ein lang andauernder Prozess. Die Frau wird für Zeugungs- und Selektionstechniken benutzt.

In der Podiumsdiskussion unter Leitung von Christine Haiden („Welt der Frau"), waren auch noch Dr. Angelika Walser (Theologin, Wien), Dr. Astrid Lampe (Uni Innsbruck, Medizin. Psychologie) und Dr. Ludwig Wildt (Uni Innsbruck, Gynäkologische Endokrinolgie und Reproduktionsmedizin) beteiligt. Dr. Wildt merkte am Beispiel der „Leihmutterschaft" Hagars für Abrahams Nachkommen an, dass Empfängnisunterstützung keine Erfindung des 20. Jahrhunderts sei. Etliche der durch Bischof Scheuer und Prof. Wolf vorgebrachten Bedenken und Vorbehalte kenne er aus eigener Praxis: es müsse einen Dialog darüber geben. Als ein wesentliches Problem jedoch stellte Wildt die Verzögerung des Kinderwunsches vieler Paare dar: Solange die Gesellschaft keine Rahmenbedingungen schaffe, die Frauen Schwangerschaften zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr ermöglichten, werde sich an den Problemen, die durch Reproduktionsmedizin (oft erst im 4. bzw. 5. Lebensjahrzehnt) entstehen, nichts Wesentliches ändern. Dr. Angelika Walser stellte zunächst das Thema Kinderwunsch und Kinderlosigkeit in einen biographischen Kontext, ehe sie ausführte, dass die Autonomie des einzelnen Menschen und die freie Entscheidungsmöglichkeit in den ethischen Debatten am Beginn und am Ende des Lebens als das erstrebenswerte Ziel schlechthin erscheine, als das Ideal eines geglückten Lebens gerade in seinen Krisenzeiten. Autonomie dürfe jedoch nicht mit Glück gleichgesetzt werden, auch in Autonomie können falsche Entscheidungen getroffen werden, Autonomie sei nicht grenzenlos: Wie aber sind die Grenzen der persönlichen Entscheidungsmöglichkeit definiert? Aus ihrer Beratertätigkeit verwies Dr. Lampe auf die Folgen die entstehen, weil Paare in ihrer Auseinandersetzung um einen Kinderwunsch nicht ausreichend begleitet sind. Betroffene erhalten an der Klinik nur ein einstündiges Beratungsgespräch, während ein reproduktionsmedizinischer Prozess oft Jahre dauere. Viele Betroffene klagen, dass auch niemand da sei, der einmal klar sage: „Es ist genug!"

So wurde in dieser Runde, bei reger Beteiligung durch das Publikum in einer Stimmung großer Nachdenklichkeit deutlich, dass der Wunsch „Kommen wir miteinander ins Gespräch" wie es Dr. Elisabeth Anker vom Haus der Begegnung eingangs in ihrer Begrüßung ansprach, in die dringende Notwendigkeit einer Fortführung des Dialogs mündet: „Bleiben wir im Gespräch!"

cg/ea 

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