Gedenkfeier anlässliche der Vertreibung der Zillertaler Protestanten vor 175 Jahren

Im Zillertal wurde am 26. Mai der Vertreibung der Zillertaler Protestanten vor 175 Jahren gedacht. Im Beisein von Bischof Manfred Scheuer und Bischof Michael Bünker (evang. Kirche) wurde ein Gedenkstein enthüllt.

Im Zillertal wurde am 26. Mai der Vertreibung der Zillertaler Protestanten vor 175 Jahren gedacht. Im Beisein von Bischof Manfred Scheuer und Bischof Michael Bünker (evang. Kirche) wurde ein Gedenkstein enthüllt. 

„Willkommen in der alten Heimat“. So lautet ein Gruß auf dem Balkon eines Hotels im Ortsteil Burgstall von Mayrhofen. Er gilt jenen Gästen, die aus Polen und Chile angereist sind, um ihrer Vorfahren zu gedenken. Jener Zillertaler, die im Jahre 1837 aus ihrer Heimat vertrieben wurden, weil sie Protestanten waren. Am Samstag, 26. Mai, wurde in Mayrhofen ein weiteres Zeichen der Versöhnung mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte gesetzt. Im Beisein zahlreicher Nachfahren der Vertriebenen wurde unterhalb der Schrofenkapelle in Burgstall ein Gedenkstein enthüllt, der an das Schicksal der Zillertaler Protestanten erinnert. Den Höhepunkt der Gedenkfeier bildete ein ökumenischer Gottesdienst in der Pfarrkirche von Mayrhofen mit Erzbischof Alois Kothgasser, Bischof Manfred Scheuer sowei Bischof Michael Bünker und Superintendentin Luise Müller von der evangelischen Kirche.
„Der Grund für unser Gedenken ist für die Katholiken keine Siegergeschichte, sondern eine Geschichte der Reinigung des Gedächtnisses“ sagte Bischof Manfred Scheuer bei der Enthüllung des Gedenksteins. Die Geschichte brauche diese Reinigung, damit das Reich Gottes nicht mit Füßen getreten werde. Der evangelische Bischof von Österreich, Michael Bünker, erinnerte daran, dass die Vertreibung der Zillertaler die letzte Vertreibung im mitteleuropäischen Raum war, die aus religiösen Gründen erfolgt sei. Den Vertriebenen könne man nur gerecht werden, wenn man sich heute dafür einsetze, dass „niemand mehr aus religiösen, rassistischen, polititischen oder sozialen Gründen vertrieben werden kann“, so Bünker.
Ökumenisches Gedenken
Im ökumenischen Gottesdienst hielten Bischof Manfred Scheuer und Bischof Michael Bünker in der bis zum letzten Platz gefüllten Pfarrkirche von Mayrhofen gemeinsam eine Predigt. Bischof Scheuer nahm darin Bezug auf ein Gemälde von Mathias Schmid (1835-1923), das die Zillertaler auf ihrem Weg aus ihrer Heimat zeigt. „Das Gemälde ist alles andere als ein Ruhmesblatt und erfüllt uns mit Scham und Reue“, so Scheuer. Es brauche heute keine entschuldigende Erklärung für die damaligen Ereignisse. Vielmehr gehe es darum aufzuzeigen, „welches Denken, welche Ideologien damals zur Vertreibung geführt haben und wo heute solche Muster spürbar sind.“ Das Gedenken an die Vertreibung sei ein mahnendes Zeichen dafür, dass die „Liebe zur Heimat nicht durch die Abgrenzung von anderen bestimmt werden darf“.
Bischof Bünker verwies darauf, dass das Gedenken an die Vertreibung der Protestanten aus dem Zillertal ein Auftrag für die Zukunft sei, „miteinander für das Recht auf Religoinsfreiheit und für Menschenrechte einzutreten“. In diesem Sinne könne Mayrhofen als ein „europäischer Erinnerungsort“ gelten, so Bünker.
Geschichte einer Vertreibung
Vor 175 Jahren, zwischen dem 31. August und dem 4. September 1837, mussten 427 Männer, Frauen und Kinder das Zillertal verlassen, weil sie sich zum Protestantismus bekannten. Zuvor war ihnen die Gründung einer evangelischen Gemeinde von Kaiser Franz I. im Jahr 1834 verweigert worden. Ferdinand I. schließlich verwies die Zillertaler Protestanten des Landes. Diese wanderten in vier Gruppen aus. 11 von ihnen nach Kärnten und in die Steiermark, die anderen nach Schlesien im heutigen Polen, wo sie sich in Erdmannsdorf niederließen, wo ihnen König Friedrich Wilhelm III. im Gebiet des Riesengebirges Land zur Verfügung. Später wanderten einige von den Zillertalern nach Chile aus.
Zum Bild rechts:
Gedenkfeier bei der Enthüllung des Gedenksteins in Burgstall (v. li.): Bischof Dr. Michael Bünker, Superintendentin Mag. Luise Müller, Bischof Dr. Manfred Scheuer, Dekan Dr. Ignaz Steinwender, Pfarrer Mag. Christoph Frischmann, Bürgermeister Günter Fankhauser 

Der Gedenkstein unterhalb der Schrofenkapelle in Burgstall (Gemeinde Mayrhofen). Der Stein trägt ein Buch aus Metall, in dem folgender Text eingraviert ist:

„Im Jahre 1837 mussten aufgrund ihres evangelischen Gblaubens 427 Männer, Frauen und Kinder ihre Heimat, das Zillertal, verlassen. Sie siedelten sich i schlesischen Erdmannsdorf an (heute Polen). Heute bekennen wir Christen, dass wir im Glauben an den einen Gott, verbunden durch die eine Taufe, im Vertrauen auf den heiligen Geist gemeinsam den Weg der Versöhnung gehen. 

Pfingsten 2012, 175 Jahre nach der Vertreibung der Evangelischen aus dem Zillertal

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