Die Drei Österlichen Tage

Die Feier von Leiden, Sterben und Auferstehung des Herrn ist alles andere als blankes Nacherzählen: In den Drei Österlichen Tagen vom Abend des Gründonnerstags bis zur Osternacht lädt die Kirche ein, den Weg Christi in seiner ganzen Dramaturgie mitzugehen. Eine Betrachtung von Heinz Niederleitung in der Kirchenzeitung Tiroler Sonntag.

Der Palmsonntag hat das Leiden und Sterben Jesu schon vorweggenommen. Es war in den beiden Evangelientexten der Tag zwischen dem „Hosianna“ und dem „Kreuzige ihn“. Nun, ab Gründonnerstag, sind Christinnen und Christen eingeladen, diesen Weg zum Kreuz „in Echtzeit“ zu begleiten – und mit Jesus darüber hinaus zu gehen. 

Die „Drei Österlichen Tage“ heißt diese liturgische Zeit. Es sind nicht etwa drei verschiedene Gottesdienste, die hier gefeiert werden, sondern eine gottesdienstliche Einheit. Die Feier des heiligen Abendmahls am Gründonnerstag endet ohne Abschluss, die Karfreitagsliturgie beginnt in Stille und schließt ohne Entlassung. Dann kommt der stille Karsamstag, bevor mit der Segnung des Osterfeuers die Feier der Osternacht als Krönung einsetzt.

 

Ein intimer Moment. Alles beginnt mit einem intimen Beisammensein: Jesus feiert mit seinen Freunden und Anhängern ein letztes gemeinsames Mahl. Am Ende setzt er das Sakrament der Eucharistie ein: Er bricht das Brot, er reicht den Becher. Bei den Einsetzungsworten der Feier am Gründonnerstag wird der Priester daran erinnern: „Am Abend vor seinem Leiden, das ist heute ...“ Das älteste Schriftzeugnis von der Einsetzung der Eucharistie ist der 1. Korintherbrief, aus dem wir in dieser Feier die zweite Lesung hören. Im Zentrum des Evangeliums steht die Fußwaschung: Das Leben des Christen ist Dienst, nicht Herrschaft. Eucharistie und Fußwaschung – Gottes- und Nächstenliebe – gehören zusammen. Die Feier des Abendmahls ist trotz des sich ankündigenden Karfreitags ein Festtag. Deshalb wird das Gloria gesungen.

Nach dem Mahl zieht sich Jesus in den Garten Getsémani am Ölberg zurück. Wie die Jünger sind auch die Christinnen und Christen zum Wachen und Beten aufgerufen. Inzwischen wird der Altar leergeräumt: Die Realität, der Christus nun begegnet ist dunkel, nackt und hart.

 

Leiden und Tod. Jeden Freitag läuten um 15 Uhr die Glocken, um an die Todesstunde Jesu zu erinnern. Am Karfreitag läuten sie nicht, denn seit dem Gloria des Gründonnerstags herrscht für sie Schweigen. Die Karfreitagsliturgie hat eine ganz eigene Prägung unter allen Gottesdiensten im Kirchenjahr. Im Zentrum stehen Leiden und Tod Jesu, zusammengefasst im Kreuz. Das Kreuz ist für Jesus zunächst kein Bild und kein Zeichen, sondern ein grausames Hinrichtungswerkzeug.

Und doch wird es im Gottesdienst „verehrt“ – oder besser gesagt: Christus wird durch das Kreuz verehrt: „Auf daß sie sollten das Leben erlangen, bin ich am Marterholz gehangen“, lässt Hugo von Hofmannsthal Gott im „Jedermann“ sagen. Der Kreuzestod Jesu ist für den Glaubenden nicht sinnlos, sondern Zeichen der Liebe Gottes. Er geschieht für die Menschheit. Jesus hat eine umfassende Menschenliebe gelebt. Für sie tritt er auch durch seinen Tod ein.

Wir hören die Passionserzählung als Evangelium. Die Brutalität der Hinrichtung Jesu zu übergehen wäre nicht angebracht. Aber ebenso wenig ist es die voyeuristische Zur-Schau-Stellung. Wenn Jesus nackt und zerschunden am Kreuz hängt, sehen wir auch seine solidarische Verbundenheit mit allen Leidenden und Geschundenen, die in sein Leiden mit hineingenommen sind.

Die Großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie sind aufgrund ihrer Stellung – direkt im Anschluss an den Bericht vom Leiden und Sterben des Herrn – ein besonders dichter Moment: Angesichts der Liebe Jesu, die sich auch im Äußersten zeigt, bringt die Gemeinde zehn Bitten vor Gott, die alle Menschen umfassen. Die Fürbitte für die Juden wurde jahrhundertelang zu einer antijüdischen Demonstration. In der Fassung der neuen Liturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist sie heute ein Ausdruck der Wertschätzung: Die Juden sind Gottes erste Wahl, bleiben Gottes Volk und Er möge sie so bewahren. Es ist gut, das zu hören, wenn man auf die problematischen Stellen der Passionsgeschichte blickt.

 

Auferstehung. Nach der Stille des Karsamstags feiert die Osternacht die Auferstehung Christi, welche die Evangelien mit menschlichen Worten nur indirekt zu beschreiben vermögen: Das leere Grab, das Erscheinen des Auferstandenen sind ja schon die Folgen dieses Geschehens. Umso wichtiger werden in der Osternachtsfeier die liturgischen Handlungen. Als Symbol für den auferstandenen Christus zieht die Osterkerze in die dunkle Kirche ein. Das Licht verteilt sich. Christus hat das Dunkel des Todes besiegt, seine Auferstehung gilt auch uns. Die Antwort darauf ist das Osterlob („Exultet“), das mit den Worten „Siehe, geschwunden ist allerorten das Dunkel“ in der von Kerzen erleuchteten Kirche auch mitempfunden wird: „Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg.“

Die Lesungen aus dem Alten Testament stellen das Ostergeschehen in die lange Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk hinein, ja machen sie zum Zentrum: Gott bringt aus Liebe die Schöpfung hervor, aus Liebe rettet er sein Volk und aus Liebe erlöst er die Menschheit.

An der Auferstehung hängt, wie schon Paulus geschrieben hat, der Glaube der Christen. Das ist nicht Verpflichtung, sondern Geschenk: Wir dürfen glauben, wir dürfen hoffen. Ostern wirkt weiter. Das zeigt sich auch in der Liturgie: in der Osterkerze, welche die Gemeinde im kommenden Jahr begleitet; oder im geweihten Wasser für Taufe, Tauferneuerung; und im gemeinsamen Mahl.

Dieser Beitrag ist erschienen in der Osterausgabe der diözesanen Wochenzeitung Tiroler Sonntag.

Tabernakelgemälde von Prof. Hans Plank für die Pfarrkirche Traun-Oedt- St. Josef (OÖ). Foto: Niederleitner