Bischof Scheuer: Religion hat in Europa einen schweren Stand

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In Westeuropa habe „eine wachsende Mehrheit der Bevölkerung aufgehört, an der traditionellen Religionsausübung teilzunehmen“. Wegen des „erfolgreichen“ und „zur Selbstverständlichkeit gewordenen“ Drucks in der modernen Gesellschaft, „die  Religion in die Privatsphäre zu verbannen“, falle es in Europa „viel schwerer“, der Religion „im öffentlichen Leben“, aber auch beim Organisieren und Mobilisieren von Gruppenidentität „eine legitime Rolle zuzuerkennen“. Mit diesen Hinweisen in Anlehnung an Aussagen des bekannten Religionssoziologen José Casanova analysierte Bischof Manfred Scheuer beim diesjährigen Empfang der Diözese Innsbruck für Medienschaffende (1. Juli) den gegenwärtigen Stand der Religion in Europa.

Alle modernen „Ordnungen“, seien sie kosmischer, sozialer oder moralischer Natur, funktionieren, als gäbe es keine Transzendenz, als gäbe es Gott nicht, hob der Bischof hervor. Und mit Casanova betonte er, dass letztlich nicht die Religionen für Europa ein Problem seien, sondern vielmehr die „Annahme, dass nur säkulare Gesellschaften demokratische Gesellschaften sein können“.

Plädoyer für verpflichtenden Religionsunterricht 

Vor dem Hintergrund dieser Analyse verteidigte der Bischof die Stellung des Religionsunterrichtes als Pflichtfach an den Schulen. Er erfülle klar den im österreichischen Schulorganisationsgesetz festgehaltenen Auftrag, „an der Entwicklung der Jugend nach sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen“ mitzuwirken. Mit dem Religionsunterricht würden über 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler erreicht. Als verpflichtender Ersatzunterricht sei der Ethikunterricht sinnvoll für jene, die keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören oder die den Religionsunterricht nicht besuchen wollen und sich davon abmelden.

Pfarrer „gerne Seelsorger“ 

Viel Druck, Konkurrenzkampf, Rivalität und Mobbing ortete der Bischof in der Arbeitswelt, auch jener von Medienschaffenden. Bezug nehmend auf die jüngste Umfrage unter Pfarrern in Österreich, laut der sich u. a. 80 Prozent für die Aufhebung des Zölibats aussprechen, mahnte der Bischof eine differenzierte Sicht der Umfrageergebnisse ein. Die Priester seien trotz hoher Belastung „gerne Seelsorger“. 69 Prozent würden sagen, dass  sie im Zölibat glücklich seien - „und das ist nicht wenig“. 86 Prozent würden ihre Lebenssituation mit „gut“ oder „sehr gut“ bewerten.

„Alle für einen, einer für alle“ 

Caritasdirektor Georg Schärmer ersuchte die Medienvertreter mitzuhelfen, dass Tirol ein „Land der Musketiere“ werde, deren Wahlspruch lautete „Alle für einen, einer für alle“. Es gelte, eine „neue Zivilgesellschaft“ aufzubauen, in der die Menschen solidarisch sind, einander Zeit schenken und nicht alles von der öffentlichen Hand erwarten. Die Politiker forderte er auf, Ehrenamt und Freiwilligkeit „zumindest nicht zu behindern“. Einander Zeit schenken und eine Kultur der Versöhnung seien die gesellschaftlichen „Zukunftsaktien“ schlechthin.

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