Bischof Hermann über Nawalny: "Mutige machen Mut"
Bischof Hermann Glettler hat den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny gewürdigt. "Mutige machen Mut", schrieb der Innsbrucker Oberhirte am Samstag auf Instagram über den vor zwei Wochen in einem sibirischen Straflager auf noch ungeklärte Weise verstorbenen, am Freitag in Moskau beerdigten Kreml-Kritiker. Bebildert war das Posting mit einem Graffiti, das Nawalny mit einer Herz-Geste zeigt, mit einem Bild seiner Familie sowie einem Trauerkranz, auf dessen Schleife "ermordet 16.2.2024" zu lesen ist.
Zum Gedenken zitierte Glettler den Verstorbenen mit Passagen, die dieser selbst am 20. Februar 2021 im Schlusswort nach seiner Verurteilung durch das Moskauer Standgericht gesagt hatte. Nawalny hatte sich damals als "gläubiger Mensch" bezeichnet, obwohl seine Kollegen bei der Anti-Korruptions-Stiftung sowie in seinem Umfeld zumeist Atheisten gewesen seien, "und ich war auch mal einer, sogar ein ziemlich militanter", erklärte er.
Dass er mittlerweile zu einem gläubigen Mensch geworden sei, "hilft mir sehr bei dem, was ich tue", so Nawalny weiter. "Es macht alles viel, viel einfacher. Ich grüble weniger, ich habe weniger Dilemmas in meinem Leben - denn es gibt da so ein Buch, das mehr oder weniger genau beschreibt, was man in welcher Situation zu tun hat", verwies der Jurist und Aktivist damals auf die Bibel. Sich an diese zu halten, sei nicht immer einfach, "aber ich versuche es im Großen und Ganzen. Und deshalb fällt es mir wohl leichter als vielen anderen, in Russland Politik zu machen."
Weiters hatte Nawalny in seinem von Glettler wiedergegebenen Schlusswort auch aus der Bergpredigt zitiert. Der Spruch "Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden" mute dem modernen Menschen pathetisch und seltsam an. Ihm selbst gebe dieses Jesus-Wort jedoch Hoffnung und helfe beim Durchstehen gegenwärtiger Schwierigkeiten und Gefahren.
Nawalny war kurz vor dem Zeitpunkt dieses Zitats Opfer eines Giftanschlags gewesen, das er jedoch überlebte. Bei seiner Rückkehr aus der medizinischen Behandlung in Berlin wurde er in Moskau festgenommen und vom Gericht zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt wegen angeblicher Geldwäsche. Das Verfahren war vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als "willkürlich" und "konstruiert" eingestuft worden. Laut der Einschätzung der russischen Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa war der nun in der Strafkolonie verstorbene Nawalny "Putins gefährlichster Gegner".
Mit dem Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics hatte zuletzt auch ein weiterer österreichischer Bischof Nawalny gewürdigt. Kurz nach dessen Tod erklärte Österreichs "Europabischof" bei einem Gottesdienst bei der EU-Bischofskommission ComECE in Brüssel, Nawalny habe durch sein Lebenswerk und seinen Einsatz "Großes für Europa geleistet". Sein Leben und Wirken möge "bei Gott zum Ziel kommen und hier weiterwirken", so Zsifkovics.