Bischof zum Gaza-Krieg: "Schweigen ist keine Option mehr"

Pax-Christi-Bischof Hermann Glettler: Tötung von Zivilisten und Massenvertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung durch nichts zu rechtfertigen

Mit einem dramatischen Appell zu Gaza hat sich der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler zu Wort gemeldet. "Die jüngsten Entwicklungen im Gazastreifen erschüttern zutiefst. Diese verheerende Katastrophe muss beendet werden", so Glettler am Dienstag in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress. Der Bischof hat am Montag, 21. Juli 2025, in seiner Funktion als Referatsbischof für Pax Christi Österreich den Internationalen Gerichtshof in Den Haag besucht. Er sprach sich in diesem Zusammenhang auch dafür aus, dass sich die Verantwortlichen auf beiden Seiten des Konflikts für die von ihnen verübten Verbrechen vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten müssen.

 

Die Tötung von Zivilisten, wie dies durch das israelische Militär erneut am Wochenende bei Verteilungszentren für Hilfsgüter geschehen ist, könne durch nichts gerechtfertigt werden. Ebenso sei die von Neuem angekündigte und schrittweise bereits umgesetzte Massenvertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung ein "Verbrechen gegen die fundamentalen Rechte eines Volkes", hielt Glettler wörtlich fest.

 

Zugleich betonte der Bischof, seine Gedanken und Gebete gelten den "immer noch gefangen gehaltenen Geiseln, die sofort freizulassen sind", sowie allen übrigen Opfern, den Verletzten und allen, die unter den unmenschlichen Bedingungen in Gaza leiden. "Solidarität gilt den unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften vor Ort und allen Menschen, die sich nach Frieden, Schutz und Würde sehnen."

 

Angriff auf Pfarre in Gaza verurteilt
Internationale Organisationen wie Amnesty International, UNICEF oder die Caritas Jerusalem würden seit Langem von einer dramatischen Zuspitzung der Lage im Gazastreifen berichten. Allein mehr als 71.000 Kinder seien von Mangelernährung bedroht. Der Aufschrei dagegen sollte unüberhörbar sein, so der Bischof: "Ein Mindestmaß an Respekt vor vulnerablen Menschen sollte doch gerade in Zeiten größter politischer Krisen bewahrt und gelebt werden." Jeder Angriff auf jene, die das Nötigste zum Überleben suchen, sei auf das Schärfste zu verurteilen. 

 

Zu verurteilen sei auch der Angriff auf das Gelände der katholischen Pfarre "Heilige Familie" in Gaza-Stadt gewesen, bei dem drei unschuldige Menschen getötet und weitere, u. a. der engagierte Pfarrer Gabriel Romanelli, verletzt wurden. Glettler: "Es war einer der traurigen Höhepunkte der systematischen Demütigung des palästinensischen Volkes und seiner multireligiösen Kultur."

 

Die zerstörte katholische Kirche sei Zuflucht für rund 600 Vertriebene gewesen, darunter viele Kinder mit Behinderungen. Bischof Glettler wörtlich: "Mit Papst Leo fordern wir einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und ersuchen die Internationale Gemeinschaft mehr zu investieren, um eine politische Lösung zu erreichen."

 

Das Töten, Aushungern und die in Kauf genommene, wenn nicht gar gewollte systematische Vernichtung der Lebensgrundlage der palästinensischen Bevölkerung müsse sofort gestoppt werden, forderte der Bischof. Jedes Schweigen und jedes Wegschauen sowie die Kriminalisierung von Solidaritätskundgebungen seien ein Verrat an unserer Menschlichkeit. "Alle politischen und zivilgesellschaftlichen Verantwortungstragenden sind dazu aufgerufen, für einen sofortigen Waffenstillstand einzutreten", so Glettler. Nachsatz: "Schweigen ist keine Option mehr!"

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Bischof zum Gaza-Krieg: "Schweigen ist keine Option mehr"
Foto: Sigl/dibk.at

Im Wortlaut

Bischof Hermann Glettler, Referatsbischof für Pax Christi Österreich, bei einem Besuch des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, 21. Juli 2025

Die jüngsten Entwicklungen im Gazastreifen erschüttern zutiefst. Dieser verheerende Wahnsinn muss beendet werden! Die Tötung von Zivilisten, wie dies durch das israelische Militär erneut am Wochenende bei den Verteilungszentren geschehen ist, kann durch nichts gerechtfertigt werden. Ebenso ist die von Neuem angekündigte und schrittweise bereits umgesetzte Massenvertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung ein Verbrechen gegen die fundamentalen Rechte eines Volkes. Die Verantwortlichen auf beiden Seiten des Konflikts sollten sich für die von ihnen verübten Verbrechen vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verantworten müssen. 

 

Internationale Organisationen – Amnesty International, UNICEF und Caritas Jerusalem u. a. – berichten seit langem von einer dramatischen Zuspitzung der Lage im Gazastreifen: Hunger (allein mehr als 71.000 Kinder von Mangelernährung bedroht), Krankheiten, Gewalt, Blockade lebensnotwendiger Güter, zerstörte Infrastruktur, ein kollabierendes Gesundheitssystem, medizinisches Personal, das selbst unterernährt und vertrieben ist. Der Aufschrei dagegen sollte unüberhörbar sein! Ein Mindestmaß an Respekt vor vulnerablen Menschen sollte doch gerade in Zeiten größter politischer Krisen bewahrt und gelebt werden. Jeder Angriff auf jene, die das Nötigste zum Überleben suchen, ist auf das Schärfste zu verurteilen.  

 

Verabscheuungswürdig war auch der Angriff auf das Gelände der katholischen Pfarre „Heilige Familie“ in Gaza-Stadt, bei dem drei unschuldige Menschen getötet und weitere, u. a. der engagierte Pfarrer, verletzt wurden. Es war einer der traurigen Höhepunkte der systematischen Demütigung des palästinensischen Volkes und seiner multireligiösen Kultur. Die zerstörte katholische Kirche war Zuflucht für rund 600 Vertriebene – darunter viele Kinder mit Behinderungen. Mit Papst Leo fordern wir einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und ersuchen die Internationale Gemeinschaft mehr zu investieren, um eine politische Lösung zu erreichen. Wörtlich Papst Leo appellierte beim gestrigen Angelus-Gebet an die internationale Gemeinschaft dafür zu sorgen, dass die Verpflichtung zum Schutz der Zivilbevölkerung beachtet wird, „sowie das Verbot von kollektiver Bestrafung, von unterschiedsloser Anwendung militärischer Mittel und von Zwangsvertreibung der Bevölkerung zu respektieren“ sei. 

 

In diesem Sinn müssen das Töten, Aushungern und die in Kauf genommene, wenn nicht gar gewollte systematische Vernichtung der Lebensgrundlage der palästinensischen Bevölkerung sofort gestoppt werden. Jedes Schweigen und jedes Wegschauen sowie die Kriminalisierung von Solidaritätskundgebungen sind ein Verrat an unserer Menschlichkeit. Alle politischen und zivilgesellschaftlichen Verantwortungstragenden sind dazu aufgerufen, für einen sofortigen Waffenstillstand einzutreten. Schweigen ist keine Option mehr! 

 

Gedanken und Gebete gelten den immer noch gefangen gehaltenen Geiseln und ihren Angehörigen sowie allen Opfern, den Verletzten und allen, die unter den unmenschlichen Bedingungen in Gaza leiden. Solidarität gilt den unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften vor Ort und allen Menschen, die sich nach Frieden, Schutz und Würde sehnen.