Zur aktuellen Debatte: Schwangere Frauen effektiv unterstützen

Kirchennahe Frauenberatungsstellen unverzichtbar in der Tiroler Soziallandschaft

Zum von der neuen Tiroler Landesregierung geplanten Ausbau des Abtreibungsangebots in Tirol meldet sich nun die Katholische Kirche zu Wort. VertreterInnen der Diözese Innsbruck und mehrerer Einrichtungen fordern einen sorgsamen und am Menschen orientierten Umgang mit diesem sensiblen Thema. Dringend benötigt werden strukturelle Verbesserungen, Aufklärung über Alternativen zum Abbruch und eine ergebnisoffene Beratung.

 

Bischof Hermann Glettler: „Es geht um effektive Hilfestellungen“ 

Das Anliegen der Kirche sei „nicht die Verschärfung von Strafandrohungen, sondern eine effektive und kompetente Hilfestellung für schwangere Frauen, die um eine gute Entscheidung ringen“ und ebenso das Initiieren von präventiven Maßnahmen, erklärt Bischof Hermann Glettler: „Jede Schwangerschaft ist ein Geschenk und eine Herausforderung. In Konfliktsituationen kann sie zu einer großen Belastung werden. Deshalb ist es notwendig, Schwangeren in Notlagen jede nötige Unterstützung zukommen zu lassen – angefangen mit einer einfühlsamen Beratung, die Perspektiven aufzeigt, bis hin zu finanzieller Hilfe und einer realen Entlastung im Alltag. Sowohl das Wohl der Mutter als auch jenes des Kindes ist in jedem Fall zu berücksichtigen.“

 

Katholische Frauenbewegung: „Recht auf Unterstützung“ 

Auch die Katholische Frauenbewegung fordert verstärkte Investitionen in Beratung, Begleitung, Prävention und Bewusstseinsbildung: „Abtreibung stellt ein unlösbares ethisches Dilemma dar“, so Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Ein „Recht auf Abtreibung“ könne es nicht geben, da die Autonomie einer Schwangeren immer „in Bezogenheit“ zum Leben und der Würde ihres Kindes zu denken sei. Jeder Frau sei aber ein „Recht auf Unterstützung“ und „Getragensein“ einzuräumen, sowohl vor als auch nach einer möglichen Entscheidung für eine Abtreibung oder auch für das Austragen eines Kindes und das Leben mit ihm.

 

Die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sozialen Sicherung aller Menschen sowie Gerechtigkeit in der Bewertung und Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern betont auch Helene Daxecker-Okon, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Innsbruck: „Dazu braucht es auch eine effiziente politische Unterstützung von Familien und eine Wertschätzung der Fürsorgearbeit“, so Daxecker-Okon. „Stigmatisiert und abgewertet werden darf keine Frau, weder eine, die sich für ein Kind entscheidet, noch jene, die eine Abtreibung vornimmt.“

 

Jahrzehntelange Erfahrung kirchlicher und kirchennaher Einrichtungen 

Dass es beim Thema Schwangerschaftsabbruch eine ganzheitliche Herangehensweise und die Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen braucht, ist unbedingt in allen politischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kirchlicher und kirchennaher Einrichtungen sind seit Jahrzehnten für Frauen im Einsatz, beraten und fördern sie, kämpfen für ihre Rechte und bieten ihnen Unterstützung.

 

Einrichtungen wie die Caritas, die Initiative „Frauen helfen Frauen“ oder die „Aktion Leben“ sind unverzichtbare Akteure in der Tiroler Soziallandschaft, die jede Frau individuell und je nach Notlage, ungeachtet ihrer Herkunft und Religion unterstützen. „In die Caritas-Schwangerenberatung kommen Frauen in existentiellen Notsituationen. Sie finden dort einen geschützten Raum für ihre Ängste und Sorgen. Kompetente BeraterInnen und eine Hebamme stehen für alle Fragen zur Verfügung und helfen auch bei der Suche nach Alternativen. Wie immer die Entscheidung der Frau oder des Paares ausgeht: Das Angebot begleitender Unterstützung bleibt aufrecht“, so Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb.

 

Beweggründe verstehen und das Thema enttabuisieren 

„Mir ist es sehr wichtig, die Beweggründe von Frauen für oder gegen einen Abbruch zu verstehen“, so der Innsbrucker Bischof, der sich eine ideologiefreie Diskussion wünscht: „Ganz deutlich möchte ich für das ungeborene Kind Partei ergreifen. Sein elementares Lebensrecht darf nicht geringer bewertet werden als das Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht einer erwachsenen Person. Diesen Grundkonflikt zu benennen und gewaltfreie Lösungen vorzuschlagen, ist das Anliegen derer, die sich für Lebensschutz einsetzen. Es ist unseriös, diese Personen in das Eck von Fundamentalisten zu drängen – ebenso ist jede politische Vereinnahmung der Abtreibungsgegner und -gegnerinnen zu verurteilen.“

 

Abtreibung nicht in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen 

Klare Worte richtet Bischof Glettler, der in der Bischofskonferenz für den Bereich Ehe, Familie und Lebensschutz verantwortlich ist, an die zuständigen VertreterInnen der Tiroler Landesregierung: „Schwangerschaft ist eine Zeit starker körperlicher Belastungen, aber in keinem Fall eine Krankheit. Aus diesem Grund können Abtreibungen nicht Teil der staatlich zu gewährleistenden Gesundheitsversorgung sein – es sei denn, dass die Gesundheit der Mutter ernsthaft gefährdet ist.“

 

Aufgabe der Gesundheitspolitik sei es vielmehr, das Leben in seinen verwundbarsten Phasen zu schützen, so der Bischof, und die seit der Regierung Kreisky versprochenen „flankierenden Maßnahmen“ endlich umzusetzen. Dazu gehören eine statistische Erfassung der tatsächlich durchgeführten Abtreibungen, um eine seriöse Motivforschung zu ermöglichen, sowie die Einführung einer ausreichenden Bedenkzeit zwischen Beratung und Eingriff. „Wirklich schmerzhaft sei der immer noch bestehende diskriminierenden Tatbestand, dass ein Kind mit einer diagnostizierten körperlichen Beeinträchtigung bis zur Geburt abgetrieben werden kann“, so der Innsbrucker Bischof. Und er ergänzt: „Damit betreiben wir eine Selektion von scheinbar ,lebensunwürdigen‘ Leben, die dem Anspruch einer humanen, inklusionsbereiten Gesellschaft in keinster Weise gerecht wird“.

Einrichtungen wie die Caritas, die Initiative „Frauen helfen Frauen“ oder die „Aktion Leben“ sind unverzichtbare Akteure in der Tiroler Soziallandschaft, die jede Frau individuell und je nach Notlage, ungeachtet ihrer Herkunft und Religion unterstützen. Foto: Bokskapet/Pixabay