Zukunft säen: Caritas sammelt wieder für Westafrika

Seit über 50 Jahren setzt sich die Caritas mit Hilfe der Tiroler Spenderinnen und Spender für eine Zukunft ohne Hunger ein.

Auch dieses Jahr wird für die zwei westafrikanischen Schwerpunktländer der Caritas Tirol, Burkina Faso und Mali, gesammelt. “Ich habe Hunger. Immer. Ich weiß nicht, wann ich essen werde oder wie ich meine Kinder ernähren kann.” 783 Millionen Menschen auf der Welt plagen täglich Gedanken wie diese. Sie leiden chronisch an Hunger und wissen nicht, wann die nächste Mahlzeit möglich ist. Das sind 87 Mal so viele Menschen, wie in ganz Österreich leben. Und die Zahl der Hungernden steigt 2024 leider weiter an.

 

Aus Klimakrise wird Hungerkatastrophe
Die Gründe für die steigenden Hungerzahlen sind klar benennbar: die Preissteigerungen und Lieferengpässe durch den Ukraine-Krieg; die zahlreichen Konflikte, die weltweit toben; die Klimakrise und die Umweltkatastrophen, die diese mit sich bringt. Schleichende Klimaveränderungen wie der kontinuierliche Temperaturanstieg, Wüstenbildung oder der Anstieg des Meeresspiegels verschärfen zunehmend die Lage. 

 

„Ohne sofortige Maßnahmen, die eine Anpassung an diese veränderten Klima-Bedingungen ermöglichen, wird die Versorgung und damit das Überleben in vielen Regionen künftig nicht mehr möglich sein“, betont Elisabeth Rathgeb, Direktorin der Caritas Tirol.

 

„In unseren Partnerländern Mali und Burkina Faso lebt der Großteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Hier ist das Anbauen von Getreide, Gemüse und Obst ohnehin schwierig, weil es immer wieder lange Dürreperioden gibt. Durch die Klimakrise werden diese nun noch länger und der Regen seltener. Die Felder vertrocknen. Nutztiere sterben und Ernten fallen aus. In unseren Projekten sehen wir deutlich, dass jene Menschen und Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, bereits am stärksten betroffen sind.“

 

Mehr Mittel für Hilfe vor Ort
Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb hält eine Zukunft ohne Hunger für möglich, betont aber auch die Verantwortung Österreichs als Teil der internationalen Staatengemeinschaft in der Entwicklungszusammenarbeit. „Auch in Österreich besteht Handlungsbedarf. Laut OECD-Daten, lagen 2023 Entwicklungshilfeleistungen nur bei 0,38 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Von dem international vereinbarten 0.7 Prozent -Ziel und dem EU-Durchschnitt von 0.52 Prozent ist man weit entfernt“, so Rathgeb. „Die aktuellen Zahlen senden ein alarmierendes Signal: Immer mehr Menschen sind von akutem Hunger betroffen, und die Auswirkungen der Klimakrise bedrohen weltweit zahlreiche Lebensgrundlagen. Staaten mit großem „CO2-Fußabdruck“ sowie wohlhabende Staaten - und dazu zählt Österreich - stehen in der Verantwortung sich angemessen an den internationalen Klimafinanzierungszielen zu beteiligen und mehr Mittel für den Auslandskatastrophenfond zur Verfügung zu stellen.” 

 

“Wichtig in unserer Arbeit in der Caritas ist es beides zu sehen: die Not und gleichzeitig die Hilfe, die möglich ist. Wir können viel bewirken!“ Denn: „Durch die großzügige Unterstützung zahlreicher Tirolerinnen und Tiroler hat die Caritas in den letzten 50 Jahren dazu beigetragen, Not und Hunger in Mali und Burkina Faso zu lindern. Allein im letzten Jahr konnten wir dort Projekte mit mehr als 1.7 Millionen Euro unterstützen, wovon ein bedeutender Teil aus den Spenden der Tiroler Bevölkerung stammte. Auch kleine Beiträge können Großes bewirken!“

 

Zukunft säen - unverzüglich und gemeinsam! 

„Hunger ist die beschämende Manifestation weltweiten Unrechts. Er stellt eine konkrete Gefahr für den internationalen Frieden dar“, stellt Bischof Hermann Glettler fest. Er verweist auf die verheerenden Folgen von Nahrungsknappheit für das geordnete Miteinander von Völkern und Nationen. Es wäre einfach zu sagen, Hunger sei lediglich das Problem einer bestimmten geographischen Region. Dabei würden die komplexen globalen Zusammenhänge verkannt, warnt der Bischof: „Die erschreckend hohen Zahlen von Menschen, die an Hunger leiden, machen mich sehr betroffen. Sie sind nicht zuletzt auch Ausdruck einer unverantwortlichen Lebensweise derjenigen, die an einen selbstverständlichen Wohlstand gewöhnt sind. Ein Umdenken ist notwendig, weil global gesehen Hunger die Zukunft bedroht, ja auffrisst. Deshalb müssen wir mit vereinten Kräften die tödliche Spirale von Gewalt, Klimawandel und Armut durchbrechen.“

 

Seinen Appell, sich auch weiterhin für Ernährungssicherheit und Unterstützung von betroffenen Staaten einzusetzen, richtete der Bischof auch an alle, die in den verschiedenen Funktionen der internationalen Gemeinschaft, der Regierungen und Zivilgesellschaft tätig sind. „Unverzüglich und gemeinsam können, ja sollten wir effektive Maßnahmen der Solidarität setzen.“ Und fügt hinzu: „Ich bin dankbar für den unermüdlichen, jahrzehntelangen humanitären Einsatz unserer Caritas. Ebenso wichtig sind aber auch alle, die dieses Engagement durch ihre Spenden ermöglichen. Ihnen allen meinen herzlichen Dank. Gemeinsam säen wir Zukunft!“

 

Auch dieses Jahr werden am Freitag, dem 26. Juli, um 15 Uhr in ganz Österreich wieder über 3.000 Kirchenglocken für fünf Minuten läuten.  Ziel der Aktion ist es, gemeinsam zum Engagement gegen Hunger aufzurufen. In den Pfarren wird am 15. August für die Menschen in Mali und Burkina Faso gesammelt.

 

Hilfe zur Selbsthilfe

In Mali und Burkina Faso unterstützt die Caritas Tirol zusammen mit den lokalen Partner*innen sowohl akute Nothilfe, als auch langfristige Entwicklungsprojekte, um Lebensgrundlagen vor Ort zu sichern. „In Afrika sind die Herausforderungen, vor denen die humanitäre Hilfe und auch die langfristige Hilfe zur Selbsthilfe stehen, enorm. Dank unseres internationalen Caritas-Netzwerkes können wir im Notfall rasch und unbürokratisch helfen und auch Menschen unter schwierigsten Bedingungen zur Seite stehen“, so Julia Stabentheiner, Leiterin der Caritas-Tirol-Auslandshilfe. „Gleichzeitig stärken wir Menschen in unseren langfristigen Programmen, damit sie ihre Lebensgrundlage sichern und Perspektiven aufbauen können – unter anderem durch Bildungs- und Trainingsprogramme. Im Bereich der Wasser- und Ernährungssicherheit bauen wir Brunnen und errichten Gemeinschaftsgärten.“

 

In speziellen Programmen für Kinder werden der Zugang zu Schulbildung ermöglicht, auf die Überwindung von Traumata gesetzt, Verpflegung und Unterkünfte bereitgestellt und sportliche Aktivitäten geboten.

 

Straßenkinder - Fußballmeisterschaft in Mali – auch für Mädchen 

„In Mali unterstützen wir unter anderem auch ein Fußballprojekt für Straßenkinder. Den Kindern soll etwas geboten werden, das ihnen Freude bereitet und ihre Leidenschaft weckt. So gewinnen sie Vertrauen und stärken ihr Selbstbewusstsein. Durch regelmäßige Trainings lernen sie einen geregelten Tagesablauf kennen, was die Grundlage für den Schulbesuch und ein erfolgreiches und selbstständiges Leben bildet“, berichtet Stabentheiner begeistert. „Einmal im Jahr wird auch eine Straßenkinder- Fußballmeisterschaft organisiert. Dieses Jahr spielen 416 Kinder mit. Fast die Hälfte davon sind Mädchen, was umso bemerkenswerter ist, da Mali ein sehr traditionell geprägtes Land ist.“

 

Gemeinschaftsgärten für Vielfalt an Nahrungsmitteln – Ein Beispiel

Im Südosten von Mali sind die Böden vom jahrelangen, einseitigen Baumwollanbau ausgelaugt. Die Caritas Tirol unterstützt hier unter anderem das Anlegen von Gemeinschaftsgärten, um gezielte Maßnahmen zur Regeneration des Bodens umzusetzen. Die Diversifizierung von Nahrungsmitteln durch den Anbau von Blatt-, Frucht-, Wurzel- und Knollengemüse in Mischkultur bietet einerseits größere Sicherheit, falls eine Sorte einmal nicht gut gedeiht. Andererseits haben die verschiedenen Sorten unterschiedlich lange Reifezeiten, sodass die Familien über einen längeren Zeitraum ein vielseitigeres Nahrungsangebot haben. Des Weiteren können Familien durch den Verkauf von Gemüse auf lokalen Märkten ein Einkommen generieren.

 

„Bevor der Gemüsegarten in meinem Dorf eingerichtet wurde, war es für uns Frauen schwierig, neben der Hausarbeit noch ein Einkommen zu erwirtschaften. Aber jetzt, mit dem Gemüseanbau, können wir nicht nur die Ernährung unserer Familien verbessern, sondern wir verdienen auch Geld für uns und unsere Familien. Außerdem hat der Gemüsegarten den sozialen Zusammenhalt im Dorf sehr gestärkt“, so Aminata Sagara aus Saman, Mali.

 

Im Jahr 2023 unterstützte die Caritas Tirol in Mali und Burkina Faso über 900 Frauen beim Obst- und Gemüseanbau in 16 Gemeinschaftsgärten sowie in ihren eigenen Vorhöfen. Für 2024 sind weitere fünf Gemeinschaftsgärten geplant, die über 300 weiteren Frauen Anbauflächen, Bewässerungsmöglichkeiten, Beratung, Werkzeuge und Saatgut bieten sollen.

  

Wasser zum Leben - eine Erfolgsgeschichte im neuen Buch 

Der Wasserreichtum in Tirol inspirierte Bischof Reinhold Stecher zur Solidarität mit Afrika: Mit seiner Aktion “Wasser zum Leben” unterstützte Bischof Reinhold Stecher großzügig Brunnenbauprojekte der Caritas. Die Versteigerung seiner Wasseraquarelle erzielte 1.4 Millionen Euro. Das neue Buch, das am 21. Mai erschienen ist, dokumentiert die Projekte und enthält Bilder und Texte zum Thema „Wasser“ von Bischof Reinold Stecher. Für jedes verkaufte Buch fließen drei Euro in ein Caritas-Brunnenbauprojekt in Mali.

  

Weitere Informationen: www.caritas-tirol.at/hunger

Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb begeht gemeinsam mit Bischof Hermann Glettler und der Leiterin der Caritas-Auslandshilfe Julia Stabentheiner den Auftakt zur „Hungerkampagne 2024“. ©Caritas Tirol
Zahlen & Fakten

·       Bis zu 783 Millionen Menschen, also jede*r Zehnte, leidet an chronischem Hunger.[1]

·       345 Millionen Menschen sind von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, doppelt so viele wie im Jahr 2020.[2]

·       Fast jede*r Dritte, etwas 29.6 Prozent der Weltbevölkerung- hat keinen ständigen Zugang zu Nahrungsmitteln.4

·       Klimawandel und Konflikte verschärfen die Lage: 122 Millionen Menschen mehr

·       waren 2023 von Ernährungsunsicherheit betroffen als noch 2019.5

·       Jedes vierte Kind unter fünf Jahren leidet unter einseitiger Ernährung und hat ein erhöhtes Risiko von lebensbedrohlicher Unterernährung. 6

·       Mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Alle 10 Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Durst und Hunger.7

·       Seit 1973 ist die Caritas Tirol in Mali und Burkina Faso aktiv.

·       Mit 1.728.769 Euro unterstützten wir im letzten Jahr Projekte in Westafrika – ein großer Teil konnte aus Spendenmitteln der Tirolerinnen und Tiroler finanziert werden.

·       Je nach geologischen Umständen kostet der Bau eines Trinkwasserbrunnens zwischen 10.000 und 15.000 €.

 

 

Spendenbeispiele

·       10 Euro ermöglichen einer Familie den Ankauf von Setzlingen von Obst- und Nutzbäumen.

·       15 Euro ermöglichen den Ankauf eines neuen Fußballs für die Austragung der nächsten Straßenkinder-Fußballmeisterschaft.

·       50 Euro versorgen eine fünfköpfige Familie mit Nahrungsmittelpaketen für zwei bis vier Wochen.

·       100 Euro ermöglichen einer Familie den Kauf von landwirtschaftlichen Geräten und Pflanzensamen.

Die Caritas-Gemeinschaftsgärten in Mali und Burkina Faso verbessern nicht nur die Ernährungssituation der Familien, sondern stärken auch den sozialen Zusammenhalt. ©Caritas Tirol

Nachwuchshoffnungen für Malis Frauenfußball: Die Hälfte aller Teilnehmer*innen an der Straßenkinder-Fußballmeisterschaft in Mali sind Mädchen. ©Caritas Tirol