Weihnachtsmarke von Altbischof Stecher

Ein Aquarell von Altbischof Reinhold Stecher ziert heuer die Weihnachtsmarke der Post.

Bereits zum fünften Mal zeigt die Weihnachtsmarke der Österreichischen Post AG ein Motiv aus der Hand des Innsbrucker Altbischofs Reinhold Stecher. Der Ersttag der Marke wird am 11. November in Sellrain-St. Quirin gefeiert. Das kleine Kirchlein am steilen Hang bildet das winterliche Motiv der Postmarke.

Zum Motiv der Marke hat Reinhold Stecher folgenden Text verfasst:

 

HEILIGTUM AM STEILHANG
 
Es ist zu erwarten, dass bei vielen die erste Reaktion auf das Bild eines winterlichen Kirchleins am Berg in der Richtung „romantisch – idyllisch – niedlich – herzig – verträumt – nice“ geht. Dem möchte ich gegensteuern. Kleine Heiligtümer in kühner Position hoch über dem Tal, wie wir sie in Tirol oft antreffen, haben zwar – ähnlich wie die um sie herumliegenden Berghöfe – in ihrer Architektur eine geheimnisvolle Verbundenheit mit der Landschaft. Auch sie sind mehr als ein gefälliges Fotomotiv und ein werbewirksames Coverbild für den Fremdenverkehrsprospekt.
 
Heiligtümer am Steilhang sind natürlich schlicht. Die Menschen, die sie erbaut haben, mussten ein hartes Leben führen mit den bis heute schwierig zu bewirtschaftenden Wiesen, hoch droben an den Bergflanken über die die alten Saumwege führten, weil der Talgrund unpassierbar war – wie auch in Sellrain. Diese Kirchlein und Kapellen bergen nicht den Glanz der Kirchen, die reiche Zünfte, stolze Bürger, Gewerken, Stifte und begüterte Adelsfamilien errichtet haben. Sie sind schön, aber einfach. Und so erzählen sie von einem Gottvertrauen, das aus einer kargen, mühsamen Welt herausgewachsen ist. Und sie sind alle Werbeträger für eine schlichte Frömmigkeit, auch in unserer komplizierten und schwierigen Welt. Denn der tiefe Glaube ist einfach.
 
Die Heiligtümer am Berg haben immer ein starkes Fundament gebraucht. Vielfach erheben sie sich auf gewachsenem Fels oder haben tiefreichende Stützmauern. Sie stehen exponiert, aber außerhalb der Lawinenstriche, und haben – wie in St. Quirin – fast etwas Trotziges-Burghaftes an sich, sozusagen als Bastion eines Glaubens, der die Jahrhunderte überdauert. Sie stehen über den Zeitströmungen, die wie der Talbach tief drunten in der Schlucht vorbeirauscht. Das uralte hebräische Wort „aman“ heißt eigentlich „Feststehen“. Kirche am Beg sind wie ein steinernes „Amen“ über der Landschaft.
 
Der spitze Turm des Kirchleins von St. Quirin kann zwar mit seinen imposanten Kollegen drunten in den Städten und Dörfern noch konkurrieren, aber es begnügt sich nicht mit einem Ausblick über Dächer und Kamine und er lässt sich sein Panorama auch nicht von den Architekturrülpsern verstellen, wie sie jetzt immer mehr die Skyline unser Städte beherrschen. Der kleine Kirchturm von St. Quirin wird weiterhin seinen Blick frei über das Inntal weit über Innsbruck hinaus schweifen lassen wie seit Jahrhunderten – als Zeichen des Glaubens, der sich von der stürmischen Entwicklung einer technisch – ökonomisch dominierten Welt nicht einfach den Horizont des Ewigen verbauen lässt. St. Quirin schaut unverwandt dorthin, wo der Himmel die Erde berührt. Und deshalb ist es nicht nur ein heimatkundlich – historisches Schmuckstück, sondern ein Denkmal einer Religiosität mit Weite, wie sie unsere Zeit erfordert. Ich meine die Weite des Glaubens, dass ein lieber Gott trotz allem Dunkel die ganze Welt und alle Menschen umspannt, und die Weite einzelner Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft, die über den Nachbarn hinaus bis zu den Fernstern geht.
 
Darum ist das Kirchlein von St. Quirin, das Heiligtum am Steilhang, mehr als ein schönes Foto- oder Malermotiv. Es ist ein Wegweiser zwischen den ruhelosen Tälern und den langsam wandernden Sternen. 

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