Tote begraben und Trauernde trösten

Tag der Liturgie 2024 am 1. März: Herausforderungen angesichts gesellschaftlicher Veränderungen in der Bestattungskultur

Der sogenannte „Tag der Liturgie“ hat bereits eine lange Tradition als jährliche Fachtagung mit dem Fokus auf Liturgie und Sakramente. Eingeladen sind diözesanweit Personen und Gruppen, die mit dem Leiten und Gestalten von Gottesdiensten, Andachten, Segnungen, etc. befasst sind bzw. in der Sakramentenvorbereitung mitwirken: Priester, Diakone, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen in Pfarre, Schule und sämtlichen kirchlichen Institutionen mit pastoraler Ausrichtung. Corona und andere ungünstige Umstände haben dazu geführt, dass nach einer längeren Pause heuer erstmals wieder eine solche Tagung im Haus der Begegnung in Innsbruck stattfinden konnte. Rund 80 Personen haben sich am 1. März 2024 zusammengefunden, um den Ausführungen des Hauptreferenten, Prof. Dr. Alexander Saberschinsky, zu folgen.

 

Dieser legte anhand der verschiedenen Stationen, die im römisch-katholischen Begräbnisritus vorgesehen sind, die entscheidenden theologisch-pastoralen Implikationen in sehr anschaulicher Weise dar. Dabei hob er auch ein einzigartiges Merkmal der liturgischen Bestimmungen für ein Begräbnis hervor: Diese sind so angelegt, dass viele Varianten möglich sind, damit den Rahmenbedingungen der jeweiligen Gemeinde und den Anliegen der Angehörigen sorgfältig Rechnung getragen werden kann. Also keine starre Vorgabe, sondern maximale Flexibilität!

 

Dennoch bleiben viele Fragen angesichts neu entstandener Bestattungsformen offen, insbesondere hinsichtlich der gegenwärtig stark bevorzugten Urnenbestattung, die in Wahrheit eine Feuerbestattung ist: ein sehr gewaltvoller Akt, bei dem ungeheuer viel Energie eingesetzt wird, um einen Leichnam in 2-3 Stunden zu Asche werden zu lassen.

Foto: Abteilung Pfarre und Gemeinschaften
Verstorbene ein Stück des Weges geleiten

Im christlichen Verständnis erfüllen die traditionellen Bestattungsriten die Funktion, sich von einer verstorbenen Person verabschieden zu können und gemeinsam, nachdem die Unausweichlichkeit des Todes eingetreten ist, einen Weg der Transformation zu gehen. Der/die Verstorbene kann nicht dort verbleiben, wo er/sie bisher war – wörtlich, indem der Leichnam erst in die Kirche gebracht und dann in der Erde bestattet wird; und im übertragenen Sinn: Der Platz, den dieser Mensch in unserem Leben hat, muss neu bestimmt werden, damit wir weiterleben und uns weiterentwickeln können. Wir geleiten den/die Verstorbene ein Stück des Weges und entlassen sie/ihn dann in ein neues Leben bei Gott. Dorthin können wir (noch) nicht folgen. An dieser Stelle endet unsere Begleitung und wir vertrauen ihn/sie einer anderen Welt an. Daher im Titel des Vortrags der Bezug auf das bekannte Lied: „Mögen Engel dich geleiten …“

 

Vertiefend zum Vortrag gab es eine Reihe von Workshops für weiterführende Infos, zur Diskussion der aktuellen Fragen und als Raum für einen sehr persönlichen Erfahrungsaustausch. Einige Beispiele: Berührend war es, zu erleben, dass das gemeinsame Singen einfacher Verse dem Schmerz des Abschiednehmens Ausdruck verleihen kann und gleichzeitig tragend, tröstend und vertrauensbildend ist; beeindruckend, wie einfühlsam gestaltete Abschiedsrituale im Altenheim den Mitbewohner:innen und den Pflegenden Trost geben können; bei der Frage, ob es kirchlich angezeigt ist, auch Ausgetretene zu beerdigen, wurde schlicht deutlich: zu begleiten sind wir gerufen, und es ist nicht unsere Sache, zu urteilen; beim Thema Totenwachen zeigte sich, dass der Rosenkranz, der manchen von uns schon lange nicht mehr zugänglich ist, zu einem unverzichtbaren, weil tragenden Ritual in einer Gemeinde werden kann – sorgfältig vorbereitet, in der Balance zwischen stetiger Wiederholung und individuell gestalteten Elementen, vermittelt er: wir sind nicht allein, auch nicht im Schmerz, sondern die Gemeinschaft trägt und heilt; der sog. Letzte-Hilfe-Kurs als Pendant zum Erste-Hilfe-Kurs will ermutigen, sich den Menschen in der letzten Lebensphase zuzuwenden, handlungsfähig zu bleiben und mit kleinen Dingen das Abschiednehmen für den/die Sterbende:n wie für die Angehörigen besprechbar werden zu lassen; und weil das Vermissen eine schmerzliche Erfahrung ist, die nicht wegdiskutiert werden kann und darf, entwickelten zwei Dekanatsjugendleiter:innen das Angebot „Remember me“: mit Blick auf Jugendliche, die trauern, wurde ein Modell für eine Andacht, die von der Gestaltung des Raumes bis hin zu Texten, Stille und Musik flexibel ausgestaltet und generationenübergreifend eingesetzt werden kann.

 

Insgesamt war der Tag der Liturgie – trotz oder vielleicht gerade wegen der Ernsthaftigkeit des Themas – von Leichtigkeit, gegenseitigem Wohlwollen und der Freude an den Begegnungsmöglichkeiten und am Erfahrungsaustausch geprägt. Großer Dank gilt den Mitarbeiter:innen im Haus der Begegnung, die umsichtig, geduldig und stets freundlich für den reibungslosen Ablauf gesorgt haben. So wurde gelebte Gastfreundschaft spürbar. Die Veranstaltenden freuen sich bereits, den Tag der Liturgie nun wieder jährlich anzubieten – mit spannenden Themen und interessanten Referent:innen.

Foto: Abteilung Pfarre und Gemeinschaften

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