Sendungsfeier: Seelsorge heißt, in Beziehung sein

16 Personen starteten mit Festgottesdienst im Innsbrucker Dom zu St. Jakob ins kirchliche Berufsleben

Am Sonntag, 6. Oktober, wurden 16 kirchliche Mitarbeiter:innen von Bischof Hermann Glettler in ihren Dienst entsandt. Die Frauen und Männer werden in den verschiedenen Berufsfeldern im Religionsunterricht, der Pastoralassistenz, in (Dekanats-)Jugendleitungen und Fachreferaten eingesetzt. „Seelsorge heute bedeutet in erster Linie, Beziehung aufzubauen. Nicht was wir können, macht unser Menschsein aus, sondern die Beziehung“, sagte Bischof Hermann Glettler in seiner Predigt.

 

Menschen würden heute vor allem „nach authentische Zeugen für eine Sinnspur im Leben suchen“, so der Bischof-: „Vergesst nicht, die Beziehung zu Gott frisch zu halten. Wenn ihr aus dieser Quelle lebt, dann wird man euch abnehmen, was ihr glaubt und tut.“ Erstmals wurde bei der Sendungsfeier den neuen Pastoralassistent:innen eine weiße Albe überreicht. Diese steht für das Taufgewand und ist das verbindende Kleidungsstück aller Christen. Als liturgisches Untergewand wird sie auch von Priestern und Diakonen unter dem Messgewand getragen

 

Der Bischof rief dazu auf, Menschen zu ermutigen, Ängste vor "den Anderen" abzulegen und "vom Kreisen um die eigenen Befindlichkeiten wegzukommen". Mitten in einer sich „in hasserfüllten Abgrenzungen selbst gefährdenden Welt“ sollen die neu Mitarbeitenden „echte Synodalität“ leben: „Seid authentische Proponenten einer synodalen Kirche“, die „heilsam angesichts der Verhärtungen und Abschottungen individualistischer Lebenswelten“ wirken.

 

Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Mitgliedern der Berufsgemeinschaft Pastorale Berufe gemeinsam mit den Seminaristas unter der Leitung von Monika Fahrnberger und Kirchenmusikreferent Manfred Novak. Im Anschluss an die Messfeier luden die Gesendeten zur Agape ins Haus der Begegnung.

Sendungsfeier: Seelsorge heißt, in Beziehung sein
16 kirchliche Mitarbeiter:innen wurden am Sonntag von Bischof Hermann Glettler in ihr Berufsleben entsandt. Fotos: Hölbling
Die Gesendeten und ihre Einsatzorte

Elisabeth Zangerl: Pastoralassistentin im Seelsorgeraum Innsbruck Allerheiligen-Kranebitten. 

Michael Strasser: Pastoralassistent in den Seelsorgeräumen Hinteres Ötztal und Umhausen. 

Klara Sturm: Pastoralassistentin in der Dompfarre St. Jakob. 

Bernhard Kathrein-Wieser: Pastoralassistent im Seelsorgeraum Westliches Mittelgebirge. 

Andrea Theis: Seelsorgerin im Wohn- und Pflegeheim St. Martin in Aldrans. 

Stefan Schöch: diözesaner Fachreferent für Kunstvermittlung. 

Paula Würtenberger: Organisationsreferentin der Katholischen Jugend

Anna De Greef: Jugendleiterin im Dekanat Imst. 

Simone Zabernig: Jugendleiterin in der Pfarre Innsbruck-St. Paulus-St. Pirmin. 

Hanna Liebing: Jugendleiterin im Dekanat Silz. 

Désirée Egle: Jugendleiterin in den Pfarren Rinn und Tulfes. 

Elisabeth Manges: Jugendleiterin im Seelsorgeraum Sonnseite in Osttirol. 

Maria Ebenberger: Religionslehrerin in der Volksschule Rinn. 

Magdalena Kirchler: Religionslehrerin an den Volksschulen Fulpmes und Kettenbrücke Innsbruck. 

Maria Rastl: Religionslehrerin an der Volksschule Igls-Vill. 

Michael Allram: Religionslehrer an der Handelsakademie Schwaz. 

Die Gesendeten und ihre Einsatzorte

Erstmals wurde den neuen Pastoralassistent:innen eine Albe überreicht.

Seelsorge ist Beziehung

Predigt von Bischof Hermann Glettler bei der Sendungsfeier der pastoralen Berufe, 6. Okt. 2024, Innsbruck, Dom zu St. Jakob, 27. So im JK. Lesung: Gen 2,18-24; Evangelium: Mk 10,13-16

Einleitung: Große Freude, dass Ihr bereit seid, einen konkreten Dienst in unserer Diözese zu übernehmen. Das ist nicht selbstverständlich. Es ist mehr als irgendein Job, für den ihr ausgebildet und zu dem ihr euch bereit erklärt habt. Ihr seid mit euren unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Beziehungen, in denen ihr lebt, ein echter Schatz unserer Kirche. Vor aller Theorie und vor aller Funktion an den diversen Einsatzorten geht es zuerst und zuletzt immer um Beziehung. Das ist unser Leben, das ist unser Glaube – weil Gott selbst Beziehung ist – und aus liebevoller Beziehung uns erschaffen hat. 

 

1. Von Anfang an – Menschsein ist Beziehung  

Die biblischen Texte unserer Feier fragen heute zweimal nach dem, was von Anfang an Gültigkeit hatte. Die Lesung aus dem Buch Genesis schildert in mythischen Bildern die Formung des Menschen aus dem Lehm der Erde – und aus seiner Seite die Bildung der einzigen Entsprechung, die seinen Hunger nach Liebe entsprechen kann. Hebräisch isch und ischa – männlich und weiblich, zweifach „handmade by God“. Beide Geschlechter einander zugeordnet, seitengleich an Würde. Der Fokus liegt auf dem Sinn der ursprünglichen Beziehung. Und auf der Bedeutung menschlicher Liebesfähigkeit insgesamt. Vielleicht brauchen wir zuerst selbst diese Zusage: Du bist kein Zufallsprodukt, sondern von Gott geschaffen, in deinem Sosein und Dasein von ihm gewollt und durch alle Fügungen des Schicksal hindurch geführt. 

 

Und noch etwas wird deutlich ausgedrückt: Liebeshungrig und beziehungshungrig sind wir Menschen – nicht geschaffen für Isolation und Einsamkeit. Wir sind innerlich auf ein Du, auf ein Wir hin angelegt. Seelsorge muss dieser Ursehnsucht unseres Menschseins gerecht werden. Den konkreten Personen, mit denen ihr in den unterschiedlichen Wirkungsfeldern zu tun habt – ob im Religionsunterricht, in der Jugendpastoral oder Pfarrseelsorge – fehlt nicht selten die Gewissheit, angenommen und geliebt zu sein. In unserer Tauf-Berufung liegt jedoch genau diese Zusage: Du bist Kind Gottes – von Gott, dem Ursprung allen Seins, der selbst Liebe ist, ans Herz genommen, gesegnet – niemals vergessen! Diese erste und primäre Beziehung zu Gott trägt uns und bedarf einer täglichen Erneuerung – sonst wird alles Theorie oder mühsamer Aktivismus. 

 

2. Bei Störung und Frust – jesuanisch Maß nehmen  

Bei einigen Auseinandersetzungen gab Jesus mit einem Kind einen neuen Maßstab vor. Als die Jünger sich in Allmachtsphantasien verstiegen, wer denn der Größte sei, stellte er bewusst ein Kind in die Mitte. Damals waren die Kleinen gesellschaftlich nicht geachtet. Sie aufzunehmen war gleichbedeutend mit einer Zuwendung zu den Rechtlosen und Verachteten. Und nach dem Streit über gefinkelte Themen des Eherechts – davon hörten wir heute – kamen die Leute mit ihren Kindern, bittend um einen Segen. Ist das nicht eine herzergreifende Bitte um ein Berührt-werden von Gott? Ausdruck der Sehnsucht nach Erneuerung dieser ursprünglichsten aller Beziehungen? Die Jünger (!) jedoch wiesen die Leute ab. Höchst peinlich! Jesus korrigiert „unwillig“ und mit pädagogischem Geschick diesen Unsinn. Er holte die Kinder zu sich, „legte ihnen die Hände auf und segnete sie“. Welch eine zärtliche Geste! 

 

Was heißt das für uns? Nicht sich selbst in den Mittelpunkt stellen – auch nicht die eigenen Projekte oder Ängste. Das Kind in die Mitte! Damit auch so manche Unsicherheit und (!)  die versteckte Freude und Begeisterung, die gut kindlich ist. Machtkämpfe entlarven sich selbst als kindisches Getue. Besser wäre es, sich mitzufreuen, wenn dem Anderen etwas gelingt. Worum geht´s denn? Wir müssen erkennen, dass wir nicht aufgrund einer eingebildeten Stärke groß sind, sondern dass das Staunen, sich Beschenken-lassen und letztlich das Vertrauen zählt – wie bei einem Kind! Wenn wir unsere eigenen Grenzen anerkennen, werden wir zum Segen für die uns anvertrauten Menschen. Ja, wir sind gerade in jenen Momenten, wo wir uns schwach fühlen und keine Erfolge nachweisen können, oft viel wirksamer für das Reich Gottes. Verständlich? 

 

3. Seelsorge heute – geistvoll Beziehungen aufbauen  

Wir haben keine definitiv gültigen Konzepte – weder für die Jugendpastoral, noch für die Pfarren und Seelsorgeräume. Auch in den Schulen wird es nicht leichter, eine Spur zu den Herzen der jungen Leute zu finden. Von guter Stimmung gegenüber Kirche und Religion oft keine Rede. Und doch! Es gibt eine Sehnsucht nach authentischen Menschen – und der Hunger nach einer Sinn-Spur für das eigene Leben ist da. Ist das nichts? Was wir als Kirche einsetzen können, das seid Ihr! Geistvolle Menschen, die kreative Ermöglicher von Beziehungen sind. Ja bitte: Befähigt und ermutigt Menschen, die Ängste vor „den Anderen“ abzulegen – wie heilsam angesichts der Verhärtungen und Abschottungen individualistischer Lebenswelten! Seelsorge ist ganz wesentlich die Ermutigung, vom Kreisen um die eigenen Befindlichkeiten wegzukommen und sich auf Begegnungen einzulassen. Geht bitte mit gutem Beispiel voran!   

 

Zu allererst also Beziehung, menschliche Anteilnahme, Sorge füreinander – nicht Funktion und Amt! Als Getaufte und von der Kirche Gesendete haben wir eine gemeinsame Mission. Wir können uns aufgrund der engen personellen Ausstattung auch nichts anderes mehr leisten, als bewusst zueinander Ja zu sagen – Ja zum Miteinander, Ja zur korrelativen Ergänzung der unterschiedlichen Berufungen und Zusammenarbeit von Laien und Priestern, Ja zu einem deutlichen Engagement in und mit den Menschen vor Ort. Mitten in einer sich in hasserfüllten Abgrenzungen selbst gefährdenden Welt lebt bitte echte Synodalität – Ja, seid authentische Proponenten einer synodalen Kirche!  

 

Abschluss: Entscheidend ist, dass wir uns aus einer tiefen Verbundenheit mit Christus auf Menschen einlassen und sie in eine neue, aufmerksame Gemeinschaft führen. Also mit Geduld Reich Gottes aufbauen! Dazu braucht es viel Ermutigung und innere Stärkung , oft auch ein Coaching zu Schritten der Versöhnung. Seelsorge ist jedenfalls weit mehr als ein Job – es ist eine Berufung. Danke für eure Bereitschaft, diese wirklich anzunehmen!