Scheuer: Seligsprechung Lamperts auch Signal gegen Vergessen

Bischof Scheuer nennt "Schauen, wo wir Option für Schwache haben", als Vermächtnis des neuen Seligen.

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Der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer hofft, dass die Seligsprechung von Provikar Carl Lampert (1894-1944) dazu beiträgt, dass die Zeit des Nationalsozialismus und die Opfer des NS-Regimes nicht in Vergessenheit geraten. In Tirol sei der 1944 hingerichtete Innsbrucker Provikar "nach wie vor nicht so sehr präsent", sagte Scheuer am Donnerstag in Innsbruck bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Seligsprechung des vom NS-Regime hingerichteten Märtyrerpriesters am 13. November in Dornbirn: "Ich habe den Eindruck gehabt, dass man in Tirol Carl Lampert, wie insgesamt die Zeit des Nationalsozialismus, schon etwas verdrängt und teilweise auch bewusst vergessen hat."

Ohne die Zeit und die Opfer des Nationalsozialismus mit der Gegenwart auf eine Ebene zu stellen, sei das Gedächtnis an den Provikar eine mahnende Erinnerung und Herausforderung für heute, betonte Scheuer. Carl Lampert sei "für die Gerechtigkeit gestorben", und auch heute müssten Menschen zwischen Recht und Unrecht, Humanität und Barbarei entscheiden. "Die Entscheidung Gott oder Götze stellt sich heute unter anderen Vorzeichen auch", sagte der Bischof.

Grundgesetz im Nationalsozialismus sei das Recht des Stärkeren gewesen, nicht Nächstenliebe, Mitleid oder Versöhnung erinnerte Scheuer. Eine der heutigen Herausforderungen angesichts des Lebenszeugnisses von Carl Lampert liege daher darin "zu schauen, wo wir eine Option für Schwache, Arme und Opfer haben".

Lampert sei kein "einfacher" Seliger, erklärte der Bischof: "Er geht uns nicht so leicht von der Hand, ist nicht einfach ein beliebter Volksheiliger und auch ein Nothelfer wird er wahrscheinlich nicht gleich werden."

Nazis vernichteten Lampert-Predigten  

Mit dem früheren Feldkircher Diözesanrichter Richard Gohm und dem Kapuzinermönch Gaudentius Walser berichteten zwei "Motoren" des Seligsprechungsprozesses bei der Pressekonferenz von dem jahrelangen Verfahren und der Suche nach Dokumenten über das Leben von Carl Lampert.

Walser ist ein Vetter von Lampert und hat den Provikar noch persönlich gekannt. Mit großem Aufwand dokumentierte er dessen Leben für den Seligsprechungsprozess. Gohm wiederum fungierte seit dem Jahr 2000 als Notar und Aktuar im diözesanen Seligsprechungsprozess.

Insgesamt wurden mehr als 30 Ordner mit Dokumenten über Carl Lampert gefüllt, die aus mehr als 100 Archiven, Museen und Klöstern "zwischen Rom und Polen" stammen, berichtete Gohm. Die "Positio" - also das für den Seligsprechungsprozess erstellte Konvolut über das Leben und Wirken des künftigen Seligen - umfasst rund 1.000 Seiten.

Und das, obwohl kaum von Carl Lampert selbst verfasste Texte erhalten sind. "Es sind nur zwei Predigten vorhanden. Die anderen Predigten etwa in Innsbruck oder Stettin wurden von den Nazis kassiert", berichtete Gohm. Nur rund 300 Postkarten und Briefe, die der Provikar in seine Heimat sandte, darunter die berührenden letzten Schreiben aus dem Todestrakt in Halle an der Saale, sind erhalten.

Kathpress-Themenpaket zur Lampert-Seligsprechung:  

http://www.kathpress.at/lampert 

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