"Religiöse Symbole": Es braucht mehr Dialog Kirchen-Staat

Der Wandel im gesellschaftlichen Diskurs zum Thema religiöse Symbole erfordert eine Intensivierung des Dialogs zwischen den Vertretern der Kirchen und Religionsgesellschaften.

Laut der Ordinariatskanzlerin der Diözese Innsbruck, Gudrun Walter, gilt es gemeinsame Positionen zu finden und diese gegenüber politischen Verantwortungsträgern und in der Öffentlichkeit zu vertreten. "Weiters plädiere ich an alle politische Verantwortungsträger und Meinungsbildner, den Dialog und die Auseinandersetzung mit den Vertretern der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zu suchen", sagte Walter bei einer Tagung zum Thema "Religiöse Symbole", die an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Innsbruck stattfand.

Zum von der Regierung forcierten "Kopftuchverbot" an Volksschulen, das demnächst im Parlament beschlossen werden soll, merkte die Ordinariatskanzlerin - eine von nur zwei Frauen in Österreich in dieser Position - kritisch an, die Regierungsparteien seien zu wenig auf Fragestellungen eingegangen, die die Bischofskonferenz während der Begutachtung des Gesetzesentwurfs formuliert hatte. So sei fraglich, ob das Einvernehmen mit der betroffenen Religionsgesellschaft gesucht wurde, ob das Verbot einem tatsächlichen Problem entspricht oder nicht einen überzogenen Eingriff in die Grundrechte darstellt.

Zur Frage von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum schloss sich Walter den Ausführungen von Josef Quitterer, dem Dekan der Theologischen Fakultät an: "Wenn religiöse Überzeugungen keinen öffentlichen Ausdruck mehr finden bzw. finden dürfen, werden sie nicht mehr nachvollziehbar und somit auch nicht korrigierbar. Nur eine Religion, die sich in Symbolen und Bekenntnissen in den öffentlichen Raum begibt, setzt sich der kritischen Reflexion aus und ist besser gefeit vor Absolutierungen und religiösen Kurzschlüssen."

Symbole und deren Rezeption wandeln sich
Walter wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass religiöse Symbole einem zeitlichen und gesellschaftlichen Wandel unterliegen. Das gelte auch für das Kreuz: Weil es im Alten Rom als Symbol für Verbrechen und Todesstrafe als Schande galt, verwendeten die Christen in der Frühzeit der Kirche nicht das Kreuz als Erkennungszeichen, sondern meist das Christusmonogramm, die griechischen Anfangsbuchstaben des Wortes "Christus". Erst in der Romanik wurde das Kreuz mit dem Leib Christi verbunden, wobei zunächst der sieghafte Christus dargestellt wurde, wie Gudrun Walter erinnerte. Die heute geläufige Darstellung des leidenden Christus am Kreuz entstand mehr als ein Jahrtausend nach Jesu Tod erst in der Gotik. 

Dass sich auch das Auge des Betrachters religiöser Symbole wandelt, veranschaulichte die Ordinariatskanzlerin am Beispiel des "Wach-Kreuzes" auf der Innbrücke in Innsbruck. Das vom Tiroler Bildhauer Rudi Wach gestaltete Kreuz mit einem Corpus ohne Lendenschurz wurde wegen seiner Anstößigkeit für manche Gläubige 22 Jahre lang nicht am vorgesehenen Ort aufgestellt; erst 2007 veranlasste die damalige Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach die Aufstellung dort, wo das Wach-Kreuz bis heute steht. "Eine emotionale Debatte, wie sie in den 1980iger Jahren geführt wurde, blieb 2007 aus", schilderte Walter.

Die Tagung zum Thema "Religiöse Symbole" erfolgte im Rahmen der Reihe "Religion und Staat im Brennpunkt" an der Uni Innsbruck. Unter den Teilnehmenden waren Vertreter verschiedener in Österreich anerkannter Religions- und Bekenntnisgemeinschaften wie der evangelischen und orthodoxen Kirchen, der Israelitische Religionsgesellschaft, der Aleviten oder der Zeugen Jehovas, das Programm sah auch eine Diskussion mit Vertretern aus der Kommunalpolitik vor. (Info: www.uibk.ac.at/praktheol)