Passionsspiele Erl zeigen Jesu Leidensgeschichte in neuem Licht

Künstlerischer Leiter Martin Leutgeb im "Rupertusblatt": Bisherige Passionsspiele "waren mir zu heilig" - Erlerinnen und Erler "müssen dafür brennen. Dann erreichen wir auch das Publikum"

Die 2025 anstehenden traditionsreichen Passionsspiele in Erl (Tirol) werfen ihre Schatten voraus und werden Jesu Leidensgeschichte in einem neuen Licht zeigen. Einblicke in die in vielem innovative Spielsaison mit insgesamt 32 Aufführungen zwischen 25. Mai und 4. Oktober 2025 hat der als künstlerischer Leiter fungierende Regisseur und Schauspieler Martin Leutgeb (57) in der aktuellen Ausgabe des Salzburger "Rupertusblattes" (18. April) gegeben. Eine Besonderheit seiner Inszenierung werde z.B. sein, die Passion nicht als die letzten Tage Jesu zu erzählen, sondern auch Szenen, "die ihn bereit machten, seinen Weg zu gehen". In seinen Passionsspielen werde es Rückblenden geben, ja sogar "Stellen, an denen in schwierigen Lebensmomenten das Kind Jesus auftaucht", sagte Leutgeb.

Der aus Tirol stammende Schauspieler ("Tatort", "Landkrimi", "Bergdoktor") legte diese Idee dem Vorstand des Passionsspielvereins bereits in der ersten Textversion vor: "Nach der Anfrage aus Erl habe ich sofort eine Szene, die Geburt, geschrieben", berichtete Leutgeb. Dann sei gemeinsam entschieden worden, diesen Weg weiterzugehen. "Der erste Schritt ins Leben ist auch der erste Schritt in den Tod", begründete Leutgeb seinen ungewöhnlichen Zugang. Die Passionsspiele würden das Kind Jesus zum Beispiel am Ölberg in Erscheinung treten lassen und damit vermitteln: "Die kindliche Naivität gibt Jesus Kraft, zu glauben und sein Kreuz zu tragen."

 

Denkanstöße statt Wunder
Er habe sich einige Passionsspiele angesehen und viele Fassungen gelesen, so der Mime: "Alle waren mir zu heilig." Sein Anliegen sei es, dass die Zuschauenden "Parallelen zu sich selbst erkennen" und Gedankenanstöße über ihr Verhältnis zu Jesus bekommen sollen. "In meiner Fassung gibt es viele Zitate aus der Bibel, aber keine Wunder. Es wird nur darüber berichtet, weil von uns niemand dabei war. Es geht um menschliche Konflikte, in denen man sich wiederfinden soll", erläuterte der Regisseur. 

 

Und um "Jesus zu fordern", bedürfe es starker Gegenpositionen. Leutgeb erwähnte die zwar kleine, aber bedeutende Rolle des Johannes des Täufers, der verkünde, "dass es nicht nur um den Körper geht, sondern um unsere Seele, unseren Geist, der durch die Taufe nach dem Tod weiterleben kann". Maria werde eine Mutter sein, "die nicht nur mitweint, sondern stärkt und motiviert", Maria Magdalena zeichne er als "moderne Frau", die verdeutliche, "dass Reden gehen, aber die Liebe bleibt". Für das Ganze der Passionsspiele sei jede noch so kleine Rolle bedeutsam, wies deren künstlerischer Leiter hin.

 

Auf die "Gretchen-Frage" nach dem Stellenwert des Glaubens in seinem Leben antwortete Leutgeb, ihn verbinde viel mit Christus: "Ich wurde katholisch erzogen - in Tirol kommt man um die christliche Lehre nicht herum - und ich wollte über Jahre Pfarrer oder Leichenbestatter werden." Er erinnere sich an "viele schöne Kirchenerlebnisse" und erachte Christ-Sein als ein Lebensmodell mit zwei "wunderschönen Aspekten": zum einen die Nächstenliebe, zum anderen die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod.

 

Ein Dorf "haut sich hinein"
Knapp 600 Erlerinnen und Erler und damit rund ein Drittel der Einwohner des Dorfes nördlich von Kufstein engagieren sich auf und hinter der Bühne für die alle sechs Jahre stattfindenden Passionsspiele. "Wie sich die Menschen in Erl in dieses Großprojekt hineinhauen, berührt mich - davor kann ich nur den Hut ziehen", sagte Leutgeb dazu. Es sei das Um und Auf, dass die Beteiligten "wissen, was sie spielen, und sie müssen dafür brennen. Dann erreichen wir auch das Publikum". Viele machen - so Leutgeb - aus Tradition mit, anderen sei es ein wirkliches Bedürfnis, Zeugnis für Jesus abzulegen. Wer bei diesem "Dorfprojekt" nicht mitmacht, gehöre quasi nicht dazu. Den Text zu verfassen, zu inszenieren und gemeinsam mit den Erlerinnen und Erlern auf die Bühne zu bringen, sei für ihn etwas ganz Besonderes, teilte Leutgeb mit. "Damit schreibe ich ein bisschen Geschichte in dieser mehr als 400-jährigen Tradition." 

 

Ab 25. Mai 2025 wird die Erler Passion bis zum 4. Oktober in insgesamt 32 Aufführungen zu erleben sein. Neben dem neuen Passionstext wurde auch eine neue Musik komponiert. Dafür gewonnen werden konnte eine "Größe des Austropops" - der Dirigent, Musiker und Musikproduzent Christian Kolonovits. Für das Bühnenbild zeichnet der international anerkannte Fachmann Hartmut Schörghofer verantwortlich.

 

Erl ist laut der Website www.passionsspiele.at der älteste Passionsspielort im deutschsprachigen Raum. Die alle sechs Jahre dort stattfindende szenische Vergegenwärtigung der Leidensgeschichte Jesu geht vermutlich auf ein Gelübde während der Pestzeit zurück, die Tradition reicht mehr als 400 Jahre zurück. 

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Foto: Passionsspiele Erl