Krippen in Tirol: Lebendige Weihnachtsgeschichte

Bischof Glettler: Nicht irgendein Spiel, sondern berührende Wirklichkeit

Die ersten Krippen in Tirol sind für das Jahr 1608 belegt. In der Jesuiten- und in der Franziskanerkirche zeigten sie den Gläubigen die Weihnachtsgeschichte. Als „Erfinder“ gilt Franz von Assisi, der im Jahr 1223 damit die Weihnacht gewissermaßen selbst miterleben wollte. Mit der Aufklärung verschwanden die Krippen vielfach aus den Kirchen – und zogen in die Häuser von Bürgern und Bauern ein. Schon im 18 Jahrhundert tauschten sich Krippeninteressierte gerne untereinander aus.

 

„Krippen sind der Versuch, die Frohe Botschaft von Gottes Nähe angreifbar und nachvollziehbar darzustellen – ganz besonders kostbar in Zeiten zunehmender Digitalisierung. Gott ist wirklich Mensch geworden. Jesus ist keine virtuelle Figur und kein Mythos. Beim Blick in die Krippe kommen nicht nur Kinder zum Staunen. Auch wir Erwachsene dürfen unser Kindsein wieder auspacken und zum Danken kommen: So kostbar ist unser Leben, so wunderschön und zerbrechlich wie das Neugeborene in der Krippe, und so groß ist Gott, der sich so klein machen konnte“, zeigt sich Bischof Hermann Glettler als Krippenfreund.

 

Unterschiedliche Formen 

In 400 Jahren haben sich viele Formen der Krippen entwickelt. Bretterkrippen und aufwändig barock bekleidete Krippenfiguren mit Wachsgesichtern sind frühe Formen. Heute beliebt sind geschnitzte Krippen. Dazu kommen Papierkrippen zum Ausschneiden. Krippenfiguren aus Spritzguss sind keine neue Erfindung, Belege dafür gibt es bereits aus der Zeit vor dem Jahr 1900. Als weitere Materialien kommen zum Beispiel immer wieder Ton und Pappmache zum Einsatz, wie Diözesankonservator Rudi Silberberger erklärt.

 

Dazu kommt als Unterscheidungsmöglichkeit die Art, wie die Krippen dargestellt werden. Von der orientalisierenden Krippe (die meisten Krippenbauer hatten sich nur Erzählungen aus dem Heiligen Land als Vorlage) entwickelten sich Darstellungen mit Tiroler Bauerndörfern, die heute als „Tiroler Krippe“ bezeichnet werden. Hinzu kommen verschiedene moderne Versionen – eine große Vielfalt, die in Tirol gerne beim „Krippeleschauen“ in der Nachbarschaft oder mit gemeinsam organisierten Ausflügen erlebt wird.

Kinder spielen mit einer Krippe und erleben so die Weihnachtsgeschichte hautnah. Foto: Diözese Innsbruck/Cincelli

Bischof Hermann – zum Fan Tiroler Krippen geworden

Bischof Hermann: „Ich selbst werde immer mehr zum Fan der Tiroler Krippen. In ihnen findet sich echte Volkskunst unseres Landes, wertvoller Glaube und eine kindliche Begeisterung am Zusammenspiel von Krippenberg, Landschaft und Figuren. Und es ist nicht irgendein Spiel, sondern berührende Wirklichkeit: Gott ist Mensch geworden. Das geht uns alle an. Das bewusste Aufstellen der Figuren nimmt den Betrachter mit hinein. Jetzt findet dieses uralte Geschehen von Betlehem wieder statt. Und ich selbst bin mit meiner Lebensgeschichte involviert. Jesus ist Gottes Weihnachtsgeschenk für jeden Menschen.“

 

Krippeleschauen anders 

Da es derzeit nicht möglich ist, Krippen einfach so zu besuchen, haben manche Pfarren und Gemeinden für die Weihnachtszeit 2020 spezielle Angebote entwickelt. In Matrei in Osttirol beispielsweise werden in 40 Fenstern rund ums „Marktele“ öffentlich einsehbar Krippen ausgestellt. In Götzens soll sogar das ganze Dorf zu einer großen Krippenszenerie werden. Weitere kreative Krippen-Ideen werden auf der Seite www.dibk.at/regional veröffentlicht.

 

„Bei der Krippe zu verweilen ist das geistvollste Programm für die innere Entschleunigung während der Weihnachtszeit. Schauen uns Staunen, zur Ruhe kommen und Hinhören. Die Erzählung der Weihnacht geht zu Herzen – sie erzählt von aufgeschreckten Hirten, die ihre Furcht ablegen konnten, und von einem Paar, das nach mühsamer Reise in einem Notquartier ihr erstgeborenes Kind zur Welt gebracht haben. In der Krippe ist alles ganz nahe – die arme Bevölkerung und die wohlhabenden Gelehrten aus dem Orient, alle kommen zum Jesuskind. Die Krippe ist wie ein ,Home for All‘“, so Bischof Hermann.

 

Platz für Spielerisches 

Neben der kulturellen Komponente sind Krippen für Diözesankonservator Rudi Silberberger vor allem „religiöses Handwerkszeug“. Schon bei Franz von Assisi diente die Krippe dem persönlichen Erleben des Weihnachtswunders. Das Anpassen der Krippenszenen an den jeweils aktuellen Stand der Geschichte zu den Feiertagen gehört hier dazu. Für Silberberger, der selbst mehrere historische Krippen besitzt, haben deshalb auch einfache Spielzeugkrippen ihre Berechtigung. Mehr noch: „Es kann sinnvoll sein, wenn man eine besonders wertvolle Krippe hat, zusätzlich eine Einfache anzuschaffen, mit der Kinder spielen können.“

 

Und noch etwas ist ihm wichtig: Eine Krippe sollte laut Silberberger nicht zu lange stehen. Erst kurz vor Weihnachten sollte man sie aufbauen. „Eine Krippe lebt auch vom Wegräumen. Wenn ich sie immer vor mir habe, hat sie keinen Wert mehr. Jesus hat durch seine Menschwerdung etwas Neues begonnen – und das strahlt auch eine Krippe aus, wenn ich sie nicht immer sehe“, begeistert sich der Krippenkenner.

Bischof Hermann Glettler begeistert sich für Krippen und ihre Symbolik. Foto: Diözese Innsbruck/Cincelli

Foto: Diözese Innsbruck/Cincelli

Einige darstellbare Krippenszenen:

-       Herbergssuche; einige Tage vor Weihnachten

-       Schafe und Hirten auf der Weide

-       Maria und Josef im Stall

-       Jesuskind in der Krippe; Weihnachten

-       Hirten und Engel kommen zur Krippe

-       Anreise der drei Weisen; ab Neujahr

-       Die drei Weisen beschenken das Kind

 

Ein Quiz zum Thema Krippen in Tirol finden Sie unter folgendem Link: 

http://www.quiz-maker.com/Q622KFDML 

Auch aus Filz können Krippenfiguren gemacht werden. Foto: Diözese innsbruck/Cincelli