Kinderarmut: interdiözesane Arbeitsgemeinschaft tagte

368.000 Kinder und Jugendliche sind von Armut betroffen.

Am 7./8. November fand in St. Margarethen im Burgenland die Fachtagung der interdiözesanen Arbeitsgemeinschaft (IDA) für den elementaren Bildungsbereich zum Thema "Armut" statt. Susanne Marini, Fachreferentin für Elementarpädagogik der Diözese Innsbruck, nahm daran teil. Sie hebt die Wichtigkeit des interdisziplinären Austausches in Sachen Bildung hervor: „Die Forschung im Bereich der Soziologie und Sozialpolitik zeigt uns, wie stark Kinder und ihre Familien heute mehr denn je von Armut betroffen sind. Das Wissen über Armut und ihre Auswirkungen auf das psychische und physische Wohl von Kindern hilft uns, noch besser auf die Kinder in unseren Kinderkrippen, Kindergärten und Horten zu achten.“

 

Die Tagung befasste sich sowohl mit den wissenschaftlichen Studien, die uns in Österreich und Mitteleuropa zum Thema Armut vorliegen, wie auch mit praktischen Umsetzungsvorschlägen für sensible Sprache, nicht diskriminierendes Handeln in Pädagogik und bei Elternbeiträgen sowie mit politischen Forderungen, z.B. dem Ruf nach einer finanziellen Kindergrundsicherung. Auf der einmal im Jahr stattfindenden Fachtagung treffen sich Fachleute aus ganz Österreich: BAfEP-DirektorInnen, AbteilungsvorständInnen, Verantwortliche des österreichischen Kindergarten- und Hortwesens aus dem diözesanen Bereich sowie dem Ordensbereich und dem Fachverlag Unsere Kinder. 

 

Wachsender Kinderarmut in Österreich entgegenwirken 

Kindergarten, Schule und Hort könnten einen Beitrag zur Verbesserung der wachsenden Kinderarmut in Österreich leisten - sie müssten dafür aber auch selbst ausreichend ausgestattet sein. Dieses Fazit hat die St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien über die  Fachtagung gezogen. In einer Aussendung hieß es, qualitativ hochwertige Elementarpädagogik-Einrichtungen und gut ausgebildete Fachkräfte seien essenziell für den gelungenen Start der Bildungslaufbahn von Kindern, besonders für Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien. "Mehr Ressourcen für unsere Kinder und Jugendlichen!" lautete somit der Appell nach der Tagung zum Thema Kinderarmut.

 

Hanna Lichtenberger, Sozialpolitikexpertin der Volkshilfe Österreich, referierte über die Facetten eines Aufwachsens in Armut und Möglichkeiten des Gegensteuerns. Das Problem wurde zuletzt größer, wie Daten der Statistik Austria belegen: 2020, im ersten Jahr der Corona-Krise, waren 303.000 Kinder und Jugendliche von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen; im Jahr darauf waren es bereits 368.000 Heranwachsende. Insgesamt waren 2021 mehr als eineinhalb Millionen Menschen in Österreich und damit 17 Prozent der Bevölkerung armuts- oder ausgrenzungsgefährdet.

 

"Das Aufwachsen in Armut prägt alle Lebensbereiche und das ganze Leben", wies Lichtenberger hin. Betroffen sei nicht nur die reduzierte finanzielle Sicherheit. Benachteiligungen ergäben sich auch in Bezug auf die Gesundheit, den Bildungsweg oder die soziale Partizipation. Die Pandemie habe armutsbetroffenen Familien zahlreiche Herausforderungen und Belastungen beschert: Die Expertin nannte u.a. beengten Wohnraum, unzureichende digitale Ausrüstung für das Homeschooling, Isolation und Ängste. Nun, in Zeiten der Teuerung, "müssen wir als Gesellschaft den Fokus auf die Sicherung aller Kinder in diesem Land richten und ins Handeln kommen", betonte Lichtenberger.

 

Eine Umfrage von Kinderfreunden und Volkshilfe im Spätsommer habe verdeutlicht, in welcher Weise pädagogische Fachkräfte mit Kinderarmut konfrontiert sind. Auf den bestmöglichen Umgang mit mangelhafter Ausstattung der Kinder, auf Probleme durch Kindergartengebühren oder Kosten für Zusatzangebote fühlen sich Elementarpädagoginnen und -pädagogen nur unzureichend durch ihre Ausbildung vorbereitet, informierte Lichtenberger über die Umfrageergebnisse: Nur rund 15 Prozent fühlten sich "gut", rund 34 Prozent aber "nicht genügend" vorbereitet. Abhilfe schaffen würden Maßnahmen wie ein besserer Fachkraft-Kind-Schlüssel, Schulungen zum Thema Kinderarmut, Informationen über Unterstützungsangebote, mehr Ressourcen für den Austausch im Team und mehr Zeit für Elternarbeit, so die Befragten. Sie würden sich auch Sozialarbeiter wünschen, die Familien unterstützen, Hilfsangebote zu finden bzw. sie mit Hilfsorganisationen zu vernetzen.

 

Es fehlt an Ressourcen
Susanna Haas, Vorsitzende der IDA-Tagung und pädagogische Leitung der St. Nikolausstiftung, unterstützte in der Aussendung diese Anliegen. Die betroffenen Einrichtungen könnten der Kinderarmut zwar entgegenwirken, aber es fehle an Ressourcen, um armutsgefährdete Kinder und ihre Familien gezielt zu unterstützen. Haas plädierte für mehr Fachpersonal, eine kostenlose frühkindliche Bildung in ganz Österreich und unterstützende Sozialarbeit. 

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Foto: Andrew Khoroshavin/Pixabay