Jesuit Batlogg: Frage nach Gott war für Karl Rahner zentral

"Furche"-Gastbeitrag über den vor 40 Jahren verstorbenen Konzilstheologen: Gotteserfahrung nahezubringen ist für Kirche wichtiger als moralische Lehren

 Für den enorm produktiven und einflussreichen Konzilstheologen Karl Rahner (1904-1984) war die Grundfrage nach Gott die zentrale der Theologie: "Gott ist das Wichtigste", betitelte dementsprechend der ebenfalls dem Jesuitenorden angehörende Publizist Andreas R. Batlogg seinen Gastbeitrag für "Die Furche" (28. März) über den vor 40 Jahren verstorbenen, lange Zeit in Innsbruck wirkenden "Schulmeister" der Theologie.

 

Der "späte Rahner" habe zwar als eine Art "zorniger alter Mann" Stellung bezogen gegen das Zurückgehen hinter die Öffnungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) - aus "Sorge um die Kirche", wie Batlogg anmerkte. Noch kurz vor seinem unerwarteten Tod am 30. März 1984 - am 5. März hatte er sein 80. Lebensjahr vollendet -, habe sich Rahner noch für den im Vatikan in Misskredit geratenen Befreiungstheologen Gustavo Gutiérrez eingesetzt.

 

"Wer Rahner nur mit seinen kirchenpolitischen Kommentaren in den letzten Lebensjahren wahrnimmt, verkennt, dass er Gott ins Spiel brachte, wo andere nur von Kirchenstrukturen und ihrer Reform sprachen", wies der Mitherausgeber der "Sämtlichen Werke" Rahners hin. "Zu wenig, nicht zu viel wurde ihm von Gott geredet." Wobei der Großtheologe "nicht über Gott geschwätzt" oder "geschwafelt" habe: "Plaudereien über einen Wohlfühlgott waren dem Dogmatikprofessor zuwider."

 

Unbegreiflicher Gott ist erfahrbar 

Als Jesuit geprägt von den Ignatianischen Exerzitien, habe sich Rahner dafür eingesetzt, die "Erfahrung des unbegreiflichen Gottes" für möglich zu halten, so Batlogg weiter. Rahner habe es früh kommen sehen: "Wo die Kirche als Institution nicht mehr trägt, wo Frömmigkeit auf 'Trachtenvereins-' oder 'Traditionschristentum' reduziert wird, wo Glaube nicht mehr den Alltag prägt, ist der Einzelne mehr denn je auf eine personale Gotteserfahrung angewiesen."

 

Dabei habe er sich einmal in einem Interview von der anthropozentrischen Frage distanziert, ob und warum und in welcher Hinsicht Gott für den Menschen wichtig ist. Denn letztlich sei nicht Gott für die Menschen da, sondern sie für Gott. "Ich möchte ein Theologe sein, der sagt, dass Gott das Wichtigste ist, dass wir dazu da sind, in einer uns vergessenden Weise ihn zu lieben, ihn anzubeten, für ihn da zu sein, aus unserem eigenen Daseinsbereich in den Abgrund der Unbegreiflichkeit Gottes zu springen", so die von Batlogg zitierten Worte Karl Rahners.

 

Dessen Überzeugung sei gewesen, Zugänge zur Mystik zu eröffnen, sei die vorrangige Aufgabe der Kirche heute. In Rahners Worten: "Bevor die Kirche so furchtbar viele moralische Lehren einschärft, die durchaus richtig und sinnvoll sein können, müsste sie sich viel mehr, lebendiger, anstrengen, diese ursprünglichste Gotteserfahrung einem Menschen nahezubringen." Der Mensch sei durch Jesus Christus hindurch berufen, "die absolute Selbstmitteilung des absoluten Gottes entgegenzunehmen". Nachsatz des von Martin Heidegger beeinflussten, sprachlich nicht leicht zu fassenden Theologen: "Dass man das natürlich dem normalen Menschen anders sagen muss, als es ein abstrakter, theologischer Schulmeister tut, das ist eine andere Sache."

 

Eine Meldung von www.kathpress.at 

Bild: Karl-Rahner-Archiv