Jean Goss - Mystiker und Zeuge der Gewaltfreiheit

Der Internationale Versöhnungsbund lud ins Haus der Begegnung zu einem Tagung über Jean Goss und seine Friedensarbeit ein.

Jean Goss, dessen Geburtstag sich heuer zum 100. Mal jährt, zählt zu den herausragenden Friedensgestalten des 20. Jahrhunderts: Das Haus der Begegnung lud am 8. und 9. Juni zu einem internatonalen Tagung über Jean Goss und seine Friedensarbeit ein. 

"Jean Goss - ein Leben für die Gewaltfreiheit", so lautete der Titel der zweitägigen Veranstaltung, die vom Internationalen Versöhnungsbund organisiert wurde. In diesem Rahmen wurde unter anderem das neue Buch "Jean Goss - Mystiker und Zeuge der Gewaltfreiheit" vorgestellt, das Goss' Witwe gemeinsam mit Jo Hanssens von der katholischen Friedensbewegung "Pax Christi" im Patmos-Verlag herausbrachte.

Bischof Manfred Scheuer betonte bei der Buchpräsentation, dass Gewaltfreiheit für Jean Goss nie eine Taktik sondern immer eine christliche Daseinsform gewesen sei, die er stark gelebt habe. Die mystische Gotteserfahrung, die Goss 1940 während des Zweiten Weltkriegs erlebte, hat sein Leben nachhaltig geprägt. Aus heiterem Himmel durchströmte ihn eine ungeheure Kraft und Freude und eine tiefe Liebe zu den Menschen. Ganz außer sich vor Freude begann er diese göttliche Liebe zu leben. Der Satz„Lehre sie, sich zu lieben, so wie ich sie liebe" wurde zum Leitmotiv seiner Friedensarbeit. Bereits in deutscher Kriegsgefangenschaft setzte er sich unter lebensgefährlichen Umständen für Wahrheit und Gerechtigkeit ein.

Die unbedingte Achtung der menschlichen Person, die Liebe gegenüber den Feinden und die Erkenntnis, dass es keine größere Liebe gibt als die Liebe zu den Menschen, prägten sein ganzes Leben.

Die „unmögliche" Liebe 

Seine Frau Hildegart Goss-Mayr lernte er bei einer Tagung über Gewaltfreiheit 1953 kennen. Beide waren sie damals sehr aktiv für den Versöhnungsbund tätig, in jeweils ganz unterschiedlichen Bereichen. Hildegard in Österreich, strukturiert und ordnungsliebend, er als Franzose in Paris, impulsiv und spontan, so schien die Liebe undenkbar. „Lange Zeit sahen wir keine Möglichkeit, gemeinsam die Gewaltfreiheit zu leben, so Hildegard Goss-Mayr. Trotzdem gelang die „unmögliche" Liebe. 1958 heirateten Jean und Hildegard und Jean Goss zog nach Wien. Beide engagierten sie sich nun gemeinsam während des Kalten Krieges intensiv in der Ost-West Arbeit.

„Jean war insofern ein Prophet", so Hildegard „da er die innere Struktur der Gewalt in der jeweiligen Situation erkannte. Er konnte spontan Wahrheiten aussprechen." Jean, der impulsive und fesselnde Mensch, Hildegard die strukturierte und intellektuelle, so ergänzten sie sich bei ihren Friedensprojekten.

Geburtshelfer  

„Eine der schwierigsten Situationen war sicher die auf den Philippien. Das Land stand am Rande des Bürgerkriegs. Der Bruder des ermordeten Senators wollte unsere Gruppe mit viel Geld zum bewaffneten Widerstand aufrufen. Wir waren in einer Lage, in der wir entscheiden mussten, wie wir dieses Projekt weiter führen. Nach zehntägigem Fasten beschloss die gesamte Gruppe, dass nur ein gewaltfreier Widerstand möglich ist." Bilder von Frauen und Jugendlichen, die Panzer umringten und Soldaten Blumen anboten, gingen um die Welt. Wenige Monate später wurde die Diktatur unter Fernando Marcos 1986 gestürzt.

„Wir sind wie Geburtshelfer. Wir kommen in ein Land und treten dort mit den Gruppen vor Ort in Kontakt. Wir lehren ihnen gewaltfreie Grundhaltungen und arbeiten Konflikte anhand von Rollenspeilen durch. Die Antworten müssen sie schlussendlich selber finden!", streicht Hildegard heraus. Menschen vor Ort, die sie in die Kultur und in die Religion einführten, sind ihnen dabei zu unersetzlichen Personen geworden, ohne die sie die Konflikte nicht verstanden hätten. Das machte ihre Friedensarbeit so erfolgreich.

http://www.versoehnungsbund.at 

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Jean Goss - Mystiker und Zeuge der Gewaltfreiheit