Interreligiöser Dialog sollte heute "Normalthema" sein

Salzburger Theologin Höftberger bei Veranstaltung zum "Tag des Judentums" in Innsbruck: Jüdisch-christlicher Dialog kann Blick auf eigene christliche Tradition verändern

Zum 25. Tag des Judentums kamen auf Einladung des evangelischen Superintendenten für Salzburg und Tirol Olivier Dantine und des Diözesanbischofs Hermann Glettler heuer ca. 90 Personen ins Haus der Begegnung.

 

Der Bischof unterstrich in seinem Grußwort die Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs gerade in Anbetracht der unerträglichen Gewalteskalation seit dem 7. Oktober 2023.

 

In Bezug auf den immensen Anstieg antisemitischer Vorfälle in Österreich wies er darauf hin, dass sich die Diözese über ihre Verantwortung im Umgang mit historisch belasteten Bildern bewusst sei und unterstrich den Auftrag der Aufklärungsarbeit, ein Beispiel sind kritisch Bildhinweise neben problematischen Darstellungen, die unter Denkmalschutz stehen.

 

Das Thema der mehrfach ausgezeichneten Festrednerin Doktorin Elisabeth Höftberger von der Universität Salzburg lautete: „Religiöse Tradition in Bewegung. Wie der jüdisch-christliche Dialog unseren Blick auf Tradition verändern kann“.

 

Sie stellte den theologischen Diskurs seit Nostra aetate dar und widmetet sich vor allem der Frage, was dabei helfen kann, untergründig wirksamen Antijudaismus aufzudecken.

 

Die Referentin löste ihr eingangs gemachtes Versprechen ein und gab nach einem umfassenden theoretischen Einblick zu dialogsensibler Traditionshermeneutik und Rezeptionstheorie ganz praktische Dialoganregungen für berufliche Kontexte in Pfarren oder Schulen sowie für private Dialogmöglichkeiten mit Nachbar:innen und Freund:innen.

 

Am Beispiel des „Friedensraums Kalvarienberg“, welches im Rahmen der kirchlichen Projekte zur Kulturhauptstadt Salzkammergut konzipiert wurde, zeigte sie die Herausforderungen aber vor allem auch Chancen einer als work in progress zu verordnenden Umgangs mit historisch belasteten Traditionsvorstellungen auf. Heute finden dort verschiedenste interreligiöse Begegnungsformate statt, die einen regen Diskurs zu Gegenwart, Geschichte und Zukunft des Ortes angestoßen haben. Denn die Figuren an der Fassade, die zunächst aus Restaurationsgründen abgenommen werden mussten, sind historisches Zeugnis der Intoleranz und des Hasses gegenüber bestimmten andersdenkender Personen: Pilatus und die Gerichtsdiener sind in osmanischer Kleidung dargestellt; die Figur daneben als jüdische Person, die Jesus verspottet. Zudem verkörperte die Kirche in der Zeit der Gegenreformation ein anti-evangelisches Projekt.

 

Die Referentin ermutigte abschließend alle im Saal ihren eigenen Standpunkt offenzulegen und zu reflektieren und mitunter auch Dissens zu ertragen.

 

Der evangelische Superintendent Olivier Dantine wies in den Schlussworten auf die Selbstverpflichtung jedes einzelnen und jeder Institution hin und bedankte sich bei dem jüdisch-christlichen Lokalkomitee und dem Haus der Begegnung für die gelungene Organisation sowie bei der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule Edith Stein für die finanzielle Unterstützung.

Foto: HdB