Glettler: "Familien machen pluralitätsfit"
"Familie ist kein Wunschkonzert" - im Gegenteil: Familien sind Orte, an denen sich das Leben in seiner ganzen Vielfalt und auch Zerbrechlichkeit spiegelt und somit wichtige Orte sozialen Lernens. Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler bei einem Gottesdienst am Montag im Wiener Stephansdom betont. "Pluralitätsfitness lernt man in der Familie. Kinder, Eltern und Großeltern sind gemeinsam Lernende - gerade in Zeiten galoppierender Kulturbrüche und Veränderungen", unterstrich Glettler bei dem Gottesdienst, der zugleich den Abschluss des viertägigen Europäischen Familienkongresses der Schönstattbewegung darstellte. Unter dem Motto "Familie - Hoffnung für die Zukunft" hatte der Kongress vom 28. April bis 1. Mai im Schönstattzentrum am Wiener Kahlenberg stattgefunden.
Die Spannung von Einheit und Vielfalt sei nirgendwo deutlicher zu erleben als in Familien, führte "Familienbischof" Glettler in seiner Predigt aus. Beide Pole seien dabei wichtig und Grundlage sozialen Lernens: "Damit ist die Familie der heute so notwendige, weil heilsame Ort, um mit dem Vertrauten und Fremden gut umzugehen." Die Realität kenne dabei immer auch das Scheitern und die Sprachlosigkeit, die Familien belasten könne. Das Beschwören einer "heilen Familie" könne dabei eine unnötige Belastung darstellen. "Familie ist ein permanentes Krisenmanagement". Nichts dürfe bzw. müsse dabei "in Harmoniesucht beschönigt werden".
Wo diese Krisen miteinander durchgestanden werden, stelle sich das wie eine "Erfahrung von Auferstehung" dar. Wichtig sei dabei, Familien in Krisen zur Seite zu stehen, nicht aber, sich selbst "mit Begleitung, Beratung und Seelsorge in die Mitte zu drängen". Junge Paare und Familien suchten ihren eigenen Weg und Rhythmus - das müsse man anerkennen: "Wir stehen zuversichtlich daneben - dankbar, dass Gott Alles zum Guten wandeln kann."
Der Europäische Familienkongress der Schönstattbewegung fand heuer vom 28. April bis 1. Mai im Schönstattzentrum am Wiener Kahlenberg statt. Kernelemente des Programms, das in mehreren Sprachen übersetzt und auch per Livestream übertragen wurde, waren Vorträge zu Familien- und Ehethemen.
Die Schönstattbewegung wurde 1914 vom Palottinerpater Josef Kentenich im deutschen Vallendar bei Koblenz gegründet. Die föderal gegliederte, in 33 Ländern tätige katholische Bewegung wird vor allem von Ehepaaren getragen und bemüht sich darum, den christlichen Glauben mit dem alltäglichen Leben in Einklang zu bringen. In Österreich fühlen sich den Angaben zufolge rund 650 Familien der Bewegung zugehörig, viele weitere sind durch Kurse für angehende Ehepaare, Eltern und Familien lose mit ihr verbunden. (Infos: https://schoenstatt.at/familienkongress2023)