Film über Franz Jägerstätter kommt in die Kinos

Ein beeindruckender Film, der unter die Haut geht, steht kurz vor seiner Kinopremiere: Ab 31. Jänner ist der Film des US-Regisseurs Terrence Malick über den seligen Franz Jägerstätter in den Kinos zu sehen.

Die Jägerstätter-Biographin Erna Putz findet den Film "Ein verborgenes Leben" des US-Regisseurs Terrence Malick trotz einiger historischer Ungenauigkeiten beeindruckend und sehenswert. Es handle sich um ein bildgewaltiges Epos, in dem der mehrfach ausgezeichnete Filmemacher mit vielen auch nonverbalen Botschaften und Symbolen den scharfen Kontrast zwischen der liebevoll-gläubigen familiären und dörflichen Lebenswelt des Innviertler Ehepaares Jägerstätter einerseits und der wie Gewitterwolken heraufziehenden verblendeten Nazi-Ideologie und ihren gewalttätigen Folgen andererseits veranschaulicht. Nicht umsonst habe der 173 Minuten lange Film in vielen Ländern großes Interesse an dem 1943 wegen Kriegsdienstverweigerung hingerichteten und 2007 seliggesprochenen Märtyrer entfacht, sagte Putz. Die oberösterreichische Theologin, Historikerin und Autorin der Biographie "Franz Jägerstätter - ... besser die Hände als der Wille gefesselt ..." (1985) äußerte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur "Kathpress" im Vorfeld der Vorführung von "Ein verborgenes Leben" ("A Hidden Life") am 21. Jänner.

Die "KirchenZeitung" der Diözese Linz veranstaltet die Oberösterreich-Premiere gemeinsam mit dem Verleih Filmladen, den "OÖNachrichten" und dem Jägerstätter-Institut im Linzer Moviemento-Kino, Bischof Manfred Scheuer und die Schauspieler Valerie Pachner (Franziska Jägerstätter) und Karl Markovics (Bürgermeister von Radegund) sowie Erna Putz haben ihr Kommen zugesagt.Als profunder Jägerstätter-Kennerin fallen Putz einige Inhalte auf, in denen Malick - wohl aus dramaturgischen Gründen - von geschichtlich unleugbaren Tatsachen abweicht. Am gravierendsten dabei: Anders als im Film dargestellt wäre Franz Jägerstätter bereit gewesen, während des Krieges Sanitätsdienst in der deutschen Wehrkraft zu leisten, wies Putz hin; bei Malick legt der allzu freundlich gezeichnete Pflichtverteidiger dem schon wegen Wehrkraftzersetzung zum Tod verurteilten Jägerstätter ein diesbezügliches Formular vor, das dieser wegen des zu leistenden Eides auf Hitler ablehnt. Historisch unrichtig ist nach den Recherchen der Biographin auch die nach der Inhaftierung feindselige Haltung der Dorfbewohner gegenüber den Jägerstätters – sogar die drei kleinen Töchter werden im Film schikaniert. Radegund sei kein "Nazi-Nest" gewesen und Jägerstätter angesehen im Ort. Der in "Ein verborgenes Leben" als fanatisch regimetreuer dargestellte Bürgermeister rettete den NS-Kritiker sogar einmal vor dem möglichen Zugriff der Gestapo, indem er den inkriminierenden Brief einer Denunziantin verschwinden ließ, betrieb Putz eine Ehrenrettung. Dass Terrence Malick das gebirgige Südtirol statt des hügeligen Innviertels als Schauplatz für seinen Streifen wählte, mag den gesuchten traditionell bäuerlichen Szenerien und der optischen Wirkung von Natur und Wetter im Hochgebirge geschuldet sein. Die anfänglichen Familien-, Dorf- und Naturidyllen kontrastiert der Regisseur mit  Naziaufmärschen im Leni-Riefenstahl-Stil und mit bedrohlichen Hitlerreden, die letztlich nichts anderes sagen als: Die Gewalt der Nazis drang bis in die entferntesten Täler und Gehirnwindungen. Solidarität zerbricht unter dieser zerstörerischen Ideologie, und es bedarf schon eines Glaubens, einer Liebe wie jener zwischen Franz und Fani, um Menschlichkeit und Haltung zu bewahren. Positiv würdigte Erna Putz, dass Malick den Konflikt zwischen den Jägerstätters und dem Nationalsozialismus und seiner Protagonisten zeigt und keinen Zwist mit den Vertretern der Amtskirche konstruiert. Diese sind zwar im Film angesichts der Entchristlichung um Schadensbegrenzung bemüht, wenn z.B. der Ortspfarrer (dargestellt von Tobias Moretti) meint, Gott hört nicht auf das, was Jägerstätterschwört, sondern sieht auf das, wie er handelt. Jener junge Pfarrer ist es dann auch, der Franziska - historisch korrekt - bei deren Reise nach Berlin zum inhaftierten Ehemann begleitet. Diese zweite Hauptfigur, die loyale Gattin Fani, findet Erna Putz durch Malick in ihrer Bedeutung für Franz besonders überzeugend gezeichnet. Die Historikerin kannte die 2013 - 100-jährig und 70 Jahre nach ihrem Mann - verstorbene Franziska Jägerstätter bestens.

Jägertochter: "Berührend, aber auch belastend" 

Die mittlere der drei Jägertöchter, die 1938 geborene Maria Dammer, nannte "Ein verborgenes Leben" im Interview der Linzer Kirchenzeitung (3/2020) "großartig gemacht und wirklich berührend, aber für uns als Familie auch belastend". Die brutalen Passagen im zweiten Teil des Films über die Haft ihres Vaters in Berlin-Tegel seien für sie "bedrückend". Trotzdem finde sie es wichtig, dass so viel über ihren Vater gesprochen wird, so Dammer. Auch heutige Menschen sollten erfahren, "dass man nicht alles nachmachen soll, was einem so vorgegeben wird, sondern überlegen, ob das auch richtig ist". Genau dies sei die Haltung des Märtyrers gewesen: "Nicht auf das schauen, was die anderen sagen, sondern sich selbst informieren und nachdenken, was ist richtig und was nicht." Auf die Frage, ob sie über die todbringende Entscheidung ihres Vaters nicht verbittert sei, antwortete Dammer: "Die Mutter hat es mitgetragen ... die hat ihn so geliebt, dass er das tun hat können. Wenn ich so nachdenke, glaube ich, es hat alles so sein müssen." Nach Dammers Eindruck war Franz Jägerstätter sein ganzes Leben lang "beschützt": Er sei von einem Baum gefallen und bei Hochwasser über die Salzach geschwommen und habe beides ebenso unbeschadet überstanden wie die - verhinderte - Denunziation bei der Gestapo. "Ihm ist nie etwas passiert: Wie wenn er für das Neinsagen aufgespart worden wäre", so die Tochter des Seligen wörtlich. Im Film bekomme Jägerstätter oft zu hören, dass kein Mensch etwas von seiner Widerständigkeit erfahren werde. "Es ist aber ganz anders gekommen, als die Nazis geglaubt haben", sagte Dammer. Jägerstätter sei in der ganzen Welt bekannt.

Film schürt weltweit Interesse 

Laut Erna Putz löste der bei den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnete Spielfilm in vielen Ländern neues Interesse an Franz Jägerstätter aus: In Frankreich sei der mit 5.000 Exemplaren aufgelegte Band "Franz Jägerstätter. Etre catholique ou nazi" (dt.: "Katholik oder Nazi sein") mit einer Malick-Filmszene auf dem Einband innerhalb nur zweier Wochen vergriffen gewesen; von der Biographie des Seligen gebe es neue Übersetzungen ins Tschechische, Slowakische, Kroatische und Italienische; auch Zeitungen wie die "New York Times" oder "Le Figaro" widmeten Jägerstätter zuletzt ausführliche Berichte. Informationen zum Film auf www.filmladen.at/film/ein-verborgenes-leben

Ein verborgenes Leben - Filmtrailer

August Diehl als Franz Jägerstätter und Valerie Pachner als seine Frau Franziska sind die Hauptakteure in diesem Film. Weitere Rollen werden von Tobias Moretti und Bruno Ganz verkörpert. Der Film ist ab 31. Jänner in den Österreichischen Kinos zu sehen.