Eröffnungsfeier der Täufergedenkstätte im Huttererpark Innsbruck

Bischöfe Scheuer und Muser einhellig: Wir bedauern die Handlungen und das daraus hervorgegangene vielfältige Leid zutiefst

Die Verfolgung und Vertreibung der Tiroler Täuferkirchengemeinde der Hutterer hat in Innsbruck an der Franz-Greiter-Promenade beim Hans-Psenner-Steig einen neuen Ort des Gedenkens. Das Denkmal, gestaltet von der Innsbrucker Künstlerin Verena Paula Simeoni, besteht aus zwölf naturbelassenen Steinen, die in einem Kreis aufgestellt wurden. In die Steine eingraviert ist der Bibelspruch „Denn Steine an Gottes Diadem sind sie, die über seinem Land funkeln“. Das neue Denkmal soll ein Zeichen für urbane religiöse Vielfalt sein. Der Name des Denkmals „Übrige Brocken“ stammt aus einer Schriftensammlung der Hutterer und beinhaltet die Begriffe Ordnung und Gemeinschaft. Die Gedenkstätte wurde auf Initiative des „Hutterer Arbeitskreises - Tirol & Südtirol“ von der Stadt Innsbruck im Rahmen der Neugestaltung des Uferbereiches mit Sanierung des Parks umgesetzt.

In einem Festakt wurde am Freitag die Gedenkstätte eröffnet, in der anschließenden Gedenkfeier in der evangelischen Christuskirche erinnerten kirchliche und politische VertreterInnen an die Zeiten der Ausgrenzung der Hutterer.

 

Die Hutterer haben der Großgesellschaft etwas zu bieten 

Edward Kleinsasser, Delegierter der Hutterer aus Kanada, will die Gedenkstätte nicht allein als „Erinnerung an diese dunkle Vergangenheit sehen. Die Steine sollen auch in die Zukunft hinweisen. Auf den Tafeln im Hutterer Park heißt es unter anderem „Toleranz und Respekt gegenüber anderen religiösen Gruppen und andersdenkenden Menschen, …“ Diese Worte, so Kleinsasser, „dürfen wir nie vergessen, denn die Vermahnung trifft auch auf uns heutige Hutterer zu.“ Die heutigen Hutterer würden keinen Groll wegen ihrer schweren Vergangenheit hegen. „Wir nehmen an, dass die Menschen jener Zeit verantwortlich sind, für das was sie damals taten, so wie auch wir heute verantwortlich sind für das, was wir zur heutigen Gesellschaft beitragen“, so Kleinsasser weiter. Das hutterische Leben sei meistens ein sehr schönes Leben: „Wo christliche Menschen in wahrer Nächstenliebe zusammenleben, ist die Freude und der innerliche Friede mit Gott zu merken. Da scheint das Licht.“ Die Hutterer glauben, das ihr christlicher Glaube in Jesus Christus über allem anderen steht. „Wir haben der Großgesellschaft etwas zu bieten. Unser Traum und unsere Hoffnung sind, das Vorbild unserer Vorväter erneut weiter zu tragen durch Bildung und christliche Erziehung. Tradition, Kultur und Gebräuche spielen im Gemeinschaftsleben eine wichtige Rolle, aber sie sollen zur wahren Nachfolge Christi kein Hindernis sein“, so Kleinsasser.

 

Kirche bedauert damals getroffene Entscheidungen und das hervorgegangene Leid zutiefst 

In ihrem Grußwort verwiesen die Bischöfe Manfred Scheuer (Innsbruck) und Ivo Muser (Bozen-Brixen) auf historische Einfärbungen und Verdunkelungen im Freiheitsbewusstsein der Tiroler. Dazu gehörten konstitutiv die Verfolgung der Täuferbewegung im 16. Jahrhundert, die Verbrennung Jakob Hutters am 25. Februar 1536 und die Vertreibung der Hutterer.

Gemeinsam erklärten die beiden Bischöfe: „Wir erkennen heute, dass Verfolgung, Folter und Hinrichtung von euren Vorfahren im 16. Jahrhundert ein großes Unrecht waren. Die damalige katholische Kirche trug einen großen Teil Verantwortung an diesem Unrecht. Die Erinnerung ist auch für uns heute eine Last, zu der wir uns als Verantwortliche und Mitglieder dieser Kirche bekennen müssen. Wir bedauern die damals getroffenen Entscheidungen, die Handlungen und das daraus hervorgegangene vielfältige Leid zutiefst.“ Und weiter: „Mit dem Gedenken an die Hutterer in Tirol können wir gegenwärtig die Bedeutung der Religionsfreiheit und der Gewaltlosigkeit bedenken.“

Der Superintendent der evangelischen Kirche für Salzburg und Tirol, Olivier Dantine, spannte einen Bogen von der Hutter-Gedenkfeier zum Luther-Jahr 2017, welches kein Jubeljahr alleine und nicht unreflektiert bleiben dürfe. Das Gedenkstätte möge der Versöhnung dienen.

 

Toleranz als Brücke für ein Miteinander 

Der Innsbrucker Stadtrat Helmut Fritz zeigte sich dankbar für die Verwirklichung dieser Gedenkstätte. Innsbruck habe eine lange Tradition bei religiöser Toleranz. Der interreligiöse Dialog würde in der Tiroler Landeshauptstadt besonders gepflegt.

Landtagspräsident Herwig van Staa hob die heutige Haltung der Kirchen hervor: „Hunderte Jahre bewahrten die Hutterer ihren Glauben und fanden nun Adressaten für eine Entschuldigung.“ Van Staa bedankte sich für die Bemühungen und Initiativen des Hutterer Arbeitskreises – Tirol und Südtirol. Der Landtagspräsident bemängelte aber auch den Umgang mit Toleranz in der Gesellschaft. Diese dürfe keine Einbahn sein. Toleranz wird oft von Gruppen eingefordert, die selbst nicht Toleranz üben.“

Verfolgung der Hutterer führte zur Auswanderung 

Die Täuferbewegung hat sich im frühen 16. Jahrhundert gebildet. Ihre Kennzeichen waren die Erwachsenentaufe, die Verweigerung von Eid und Kriegsdienst und das Leben in Gütergemeinschaft. Die daraus resultierende Verfolgung führte zur Auswanderung, vor allem nach Mähren, wo die Täufer toleriert wurden. Später wurden sie auch von dort vertrieben und mussten in die USA und Kanada auswandern. Dort leben noch heute rund 50.000 Hutterer auf gemeinschaftlich geführten Höfen.

Den gesamten Text der Botschaft von den Bischöfen Scheuer und Muser lesen Sie unter http://dioezesefiles.x4content.com/page-downloads/hutterer_2015.pdf

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