Dies facultatis im Zeichen des Synodalen Prozesses

Innsbrucker Diözesan- und Fakultätstag: Bischof Hermann: "Unsere Pluralitätsfitness ist ausbaufähig" - Theologe Bauer: Missbrauch, Klerikalismus und Synodalität zusammendenken

Der von Papst Franziskus angestoßene weltweite Synodale Prozess ist "weder ein Randthema noch ein Wunschkonzert", er berührt vielmehr den "Lebensnerv von Kirche" insgesamt. Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler zur Eröffnung des Diözesantages seiner Diözese am Dienstag betont. Der Innsbrucker Diözesantag geht einher mit dem traditionellen "Dies facultatis" der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck. Beide standen am gestrigen Dienstag ganz im Zeichen des Synodalen Prozesses bzw. des Themas Synodalität.

 

Wie viele andere Diözesen, so hat auch die Diözese Innsbruck die Gläubigen zu einer Befragung eingeladen. Die Ergebnisse, die bereits vor Ostern an die Bischofskonferenz übermittelt wurden, stehen ab sofort auf der Website der Diözese zum Download zur Verfügung. Demnach haben sich in Tirol knapp ein Prozent der Gläubigen an der Umfrage beteiligt. "Was denken die restlichen 99 Prozent?", fragte Glettler in einer kurzen Zusammenfassung.

 

Tatsächlich sei die Vielfalt an Stimmen und Meinungen in der Ortskirche groß: "Es gibt starke Positionen neben- und gegeneinander, liberale und konservative, die mit Vehemenz auf Durchsetzung drängen. Doch: Synodalität ist kein Wunschkonzert" - es brauche vielmehr eine Selbstverpflichtung, dass man auch die Positionen der je anderen Seite aufrichtig zu hören und zu akzeptieren bereit sei. "Leider haben wir es noch nicht geschafft, in der faktischen Meinungsvielfalt innerhalb unserer Ortskirche hörend miteinander ins Gespräch zu kommen", bilanzierte Glettler.

 

Auf die hohe Relevanz des Themas verwies gegenüber Kathpress auch der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Wilhelm Guggenberger: "Würde man den Synodalen Prozess aber als Arbeitsauftrag von oben sehen, der abzuarbeiten ist und den man nun auf ortskirchlicher ebene getrost ad Acta legen kann, wäre das ein grobes Missverständnis." Der Prozess der vergangenen Monate müsse vielmehr als "Startschuss" für einen weitaus längeren Weg auch für die Diözese Innsbruck betrachtet werden.

 

Bauer: Missbrauch und Synodalität zusammendenken 

Einen der inhaltlichen Impulse zum Thema Synodalität kam u.a. vom Innsbrucker Pastoraltheologen Prof. Christian Bauer. In seinem Vortrag plädierte Bauer für mehr Mut in der Pastoral wie in der Theologie: Es brauche ein Bekenntnis zu "mehr Synodalität" sowohl in der Diözese als auch - an die eigene Zunft gerichtet - in der Theologie. Auf kirchlicher Ebene müsse Synodalität in einem "weltpastoralen Gesamtzusammenhang" mit den Themen Missbrauch, Klerikalismus, Evangelisierung und Mission gesehen werden.

 

Missbrauch geistlicher wie sexueller Art hingen eng mit einem falschen Priester- und Kirchenverständnis zusammen, vor dem Papst Franziskus mit dem Begriff des Klerikalismus immer wieder warne. Synodalität stelle dabei - recht verstanden - mehr dar als "nur eine Reform von innerkirchlichen Machtstrukturen"; sie ziele auf ein radikal anderes Verständnis des Evangeliums bzw. der Kirche im Sinn einer "Societas Jesu", d.h. einer "gleichstufigen Weggemeinschaft von Christen". Bauer: "Wir stehen damit vor einem tiefgreifenden und weitreichenden Paradigmenwechsel: Synodalität oder Klerikalismus, das ist hier die Frage." Der anstehende Umbau kirchlicher Strukturen müsse zudem die Themen Evangelisierung und Mission mit bedenken, unterstrich Bauer weiter.

 

"Mehr Synodalität wagen" in Kirche und Uni 

"Mehr Synodalität wagen" laute daher das an Willy Brand angelehnte Motto für Kirche und Theologie: "Denn auch hier (an der theologischen Fakultät, Anm.) gibt es so etwas wie epistemischen Klerikalismus. Und auch wir müssen in Forschung, Lehre, Transfer und Verwaltung mit gutem theologischem Beispiel vorangehen - und mehr Synodalität wagen".

Der ehemalige Rektor der Universität, Otto Muck SJ, und Bischof Hermann Glettler beim Dies facultatis - Foto: Rosenkranz