Bischofskonferenz zur Amazoniensynode: Umkehr und neue Wege

Von 4. bis 7. November 2019 tagte im Kloster Laab im Walde die Österreichische Bischofskonferenz zu ihrer Herbstvollversammlung. Kernpunkt war die Beschäftigung mit der Amazonien-Synode und den zu ziehenden Konsequenzen. Ein Überblick über die Erklärungen der Bischöfe.

Nachstehend die Presseerklärungen der Österreichischen Bischofskonferenz zu den Themen:

1. Amazonien-Synode will Umkehr und neue Wege  

2. Miteinander unterwegs – Frauen und Männer in der Kirche  

3. Caritas ist der Herzschlag der Kirche  

4. „Sonntag des Wortes Gottes“ und „Jahre der Bibel“  

5. An den Grenzen des Lebens zusammenstehen 

6. Hilfe und Frieden für Syrien 

 

1. Amazonien-Synode will Umkehr und neue Wege  

Mit der Amazonien-Synode hat Papst Franziskus eine lange Zeit wenig beachtete Region und die dort lebenden Menschen in den Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit gestellt. Die ökologische Bedrohung dieser für das Weltklima so wichtigen Region war und bleibt eine zentrale Herausforderung für die gesamte Menschheit. An Amazonien wird deutlich, dass der „Schutz des gemeinsamen Hauses“, wie es Papst Franziskus in der Enzyklika „Laudato si“ formuliert hat, zu einer Überlebensfrage der ganzen Welt geworden ist. Die Synode ist ein globaler Notruf, der zu einer Konversion im Sinne eines grundsätzlichen Um-denkens und einer umfassenden ökologischen, ökonomischen, kulturellen und pastoralen Umkehr führen soll.

Stirbt Amazonien, dann stirbt die Welt. Das hat der renommierte deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber im Rahmen der Synode überzeugend dargelegt. Raubbau und Ausbeutung bedrohen schon jetzt den dortigen Lebensreichtum, die Artenvielfalt und die indigene Bevölkerung. Der Einsatz für ihre Rechte kann lebensgefährlich sein, wie das jahrzehntelange kirchliche Wirken von Bischof Erwin Kräutler im Amazonas-Raum zeigt. Noch können die drohende Vernichtung des Regenwalds und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Weltklima verhindert werden, aber „später ist zu spät“, wie es ein Synodenteilnehmer formuliert hat.

Die nötige umfassende Umkehr wird nur gelingen, wenn sie mit einer Änderung des Lebensstils und der Bereitschaft zum Verzicht vor allem jener Menschen verbunden ist, die in den Wohlstandszonen der Welt leben. Gerade der christliche Glaube kann dafür eine hilfreiche und inspirierende Quelle sein. Neben dieser persönlichen Verantwortung braucht es verbindliche globale und nationale Beschlüsse und weit größere Anstrengungen als bisher, um die drohende Klimakatastrophe abzuwenden. Auch Österreich ist gefordert, noch viel entschiedener die gesamte UNO-Agenda 2030 mit ihren nachhaltigen Entwicklungszielen und die Pariser Klimaschutzziele umzusetzen. Alle österreichischen Diözesen haben sich zu ökologischen Maßnahmen vor allem in den Bereichen Energie, Beschaffung und Finanzanlagen verpflichtet.

Da das Thema der Synode „Neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“ lautete, ging es dabei auch um Fragen nach einer zeitgemäßen Seelsorge für ein Gebiet, das mit rund 7,5 Millionen Quadratkilometern etwa 80 Mal so groß wie Österreich ist. In diesem Zusammenhang haben die Synodenväter mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit einen Vorschlag hinsichtlich einer möglichen Zulassung von verheirateten Männern zur Priesterweihe angenommen. Weil in vielen entlegenen Regionen nur sehr selten Priester anwesend sein können, soll das Amt der Ständigen Diakone gefördert werden.

Es handelt sich dabei um verheiratete Männer mit Familien, die sich neben ihrem Beruf nach entsprechender Ausbildung ihren Pfarren mit diesem Dienst zur Verfügung stellen. In einem weiteren Schritt könnten dann aus dem Kreis der Ständigen Diakone bewährte verheiratete Männer („viri probati“) die Priesterweihe empfangen. Im Blick auf kirchliche Dienste von Frauen hat sich die Synode für die Möglichkeit von weiblichen Gemeindeleiterinnen ausgesprochen sowie den Papst ersucht, die Frage nach der Zulassung zum Diakonat erneut zu prüfen.

Die österreichischen Bischöfe begrüßen und unterstützen diese Vorschläge der Synode, die sich jetzt auf die Amazonas-Region beziehen. Sie machen zugleich deutlich, dass die Grundform des priesterlichen Dienstes in der römisch-katholischen Kirche die ehelose Lebensform bleibt, wie Jesus Christus sie selbst gelebt hat.

 

2. Miteinander unterwegs – Frauen und Männer in der Kirche  

Die Bischöfe Österreichs danken allen, die aus der Kraft ihrer Taufe inmitten unserer Gesellschaft ihrer christlichen Berufung nachkommen. Die Vielfalt der Charismen und Begabungen, die in der Gemeinschaft der Kirche gelebt werden und damit zum Aufbau des Reiches Gottes beitragen, ist ein Segen für unsere Zeit. Das leidenschaftliche gelebte Apostolat der Laien ist die dynamische Präsenz von Kirche in unserer Zeit, in der das Zeugnis von Barmherzigkeit und solidarischer Hilfe im Namen Jesu immer kostbarer wird. Ausdrücklich danken die Bischöfe den Frauen, die in unzähligen Pfarrgemeinden und anderen kirchlichen Einrichtungen aktiv sind und damit wesentlich zur Lebendigkeit von Kirche beitragen. Die Kirche wäre ohne das vielfältige Engagement von Frauen in vielen Bereichen von Seelsorge nicht präsent.

Im Kontext der Amazoniensynode wurde auch die Frage nach der Zulassung von Frauen zum geweihten Amt diskutiert. Manche Erwartungen können in der aktuellen weltkirchlichen Situation der Kirche nicht so beantwortet werden, wie dies als Forderung seit längerem bekannt ist. Wir verstehen die Enttäuschung so mancher Frauen, die sich in dieser Frage eine andere Entwicklung kirchlicher Lehrauffassung wünschen. Wir sprechen dennoch die Bitte aus, miteinander im Dialog zu bleiben.

Papst Franziskus ist in seinem programmatischen Lehrschreiben „Evangelii gaudium“ auf diese Thematik eingegangen und hat in Nr. 104 die kirchliche Lehrtradition bekräftigt, wo es heißt: „Die Beanspruchung der legitimen Rechte der Frauen aufgrund der festen Überzeugung, dass Männer und Frauen die gleiche Würde besitzen, stellt die Kirche vor tiefe Fragen, die sie herausfordern und die nicht oberflächlich umgangen werden können. Das den Männern vorbehaltene Priestertum als Zeichen Christi, des Bräutigams, der sich in der Eucharistie hingibt, ist eine Frage, die nicht zur Diskussion steht, kann aber Anlass zu besonderen Konflikten geben, wenn die sakramentale Vollmacht zu sehr mit der Macht verwechselt wird. Man darf nicht vergessen, dass wir uns, wenn wir von priesterlicher Vollmacht reden, ‚auf der Ebene der Funktion und nicht auf der Ebene der Würde und der Heiligkeit‘ befinden. Das Amtspriestertum ist eines der Mittel, das Jesus zum Dienst an seinem Volk einsetzt, doch die große Würde kommt von der Taufe, die allen zugänglich ist. Die Gleichgestaltung des Priesters mit Christus, dem Haupt – das heißt als Hauptquelle der Gnade – schließt nicht eine Erhebung ein, die ihn an die Spitze alles Übrigen setzt. In der Kirche begründen die Funktionen ‚keine Überlegenheit der einen über die anderen‘. Tatsächlich ist eine Frau, Maria, bedeutender als die Bischöfe. Auch wenn die Funktion des Amtspriestertums sich als ‚hierarchisch‘ versteht, muss man berücksichtigen, dass sie ‚ganz für die Heiligkeit der Glieder Christi bestimmt‘ ist.

Ihr Dreh- und Angelpunkt ist nicht ihre als Herrschaft verstandene Macht, sondern ihre Vollmacht, das Sakrament der Eucharistie zu spenden; darauf beruht ihre Autorität, die immer ein Dienst am Volk ist. Hier erscheint eine große Herausforderung für die Hirten und für die Theologen, die helfen könnten, besser zu erkennen, was das dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche wichtige Entscheidungen getroffen werden, in Bezug auf die mögliche Rolle der Frau mit sich bringt.“

Die Bischöfe versichern daher ihre Bereitschaft, alles zu tun, was innerhalb der aktuellen kirchlichen Vorgaben möglich ist, um Frauen in konkrete Leitungsverantwortung auf allen Ebenen der Diözese einzubinden. Viele positive Erfahrungen der letzten Jahre ermutigen sie in dieser Entschiedenheit. Die Bischöfe erbitten diese Bereitschaft auch von allen anderen Verantwortungsträgern in der katholischen Kirche. In den letzten 50 Jahren hat sich in der Frage dieser selbstverständlichen Einbindung von Frauen in den vielfältigen Dienst der Pastoral, Verwaltung, Forschung und Lehre viel getan. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen.

 

3. Caritas ist der Herzschlag der Kirche  

Die Liebe zu Gott und zum Nächsten bildet den Kern des Evangeliums. Dieses von Jesus selbst gegebene Doppelgebot der Liebe ist der entscheidende Maßstab für den christlichen Glauben und die Mission der Kirche. Caritas ist daher ein Lebensprinzip von Kirche und gleichsam ihr Herzschlag. Die rund 1.600 Einrichtungen der neun diözesanen Caritas-Organisationen bilden gemeinsam mit der Pfarrcaritas in rund 3.000 Pfarren ein dichtes Netz der Hilfe und der konkreten Nächstenliebe in ganz Österreich. Die Bischöfe sind dankbar für das große Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kirchlichen Caritas, die gemeinsam mit rund 50.000 Freiwilligen den Grundwasserspiegel der Menschlichkeit in unserem Land hoch halten. Besonders ermutigend ist das Engagement von jungen Menschen. So erreicht die „youngCaritas“ mit ihren Aktionen ca. 100.000 Kinder und Jugendliche.

Die Grundprinzipien für das Wirken der kirchlichen Caritas sind Professionalität gepaart mit Barmherzigkeit: Hilfe soll gut sein, nicht nur gut gemeint, und sie soll die Selbsthilfe stärken. Von daher geht es der Caritas darum, Not zu sehen und zu handeln – von Mensch zu Mensch, rund um die Uhr, hier in Österreich, aber auch weltweit. In Österreich herrscht im internationalen Vergleich ein hohes Maß an sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Die Bereitschaft zusammenzustehen, anzupacken und auf die Schwächsten nicht zu vergessen, haben Österreich und Europa in den letzten Jahrzehnten groß gemacht.

Dennoch gibt es immer wieder neue, oft versteckte Formen von Not und Armut, denen sich die politischen Verantwortungsträger, aber auch andere gesellschaftliche Kräfte und auch kirchliche Hilfsorganisationen wie die Caritas stellen müssen: Kinder- und Altersarmut in Österreich müssen sinken, nicht steigen. Von Wohnungsverlust Betroffene und Alleinerziehende müssen mit ihren Nöten noch deutlicher wahrgenommen werden. Immer drängender werden umfassende Maßnahmen im Bereich der Pflege, aber auch die nötige finanzielle Absicherung im Hospizbereich. Ein immer größeres Problem quer durch alle gesellschaftlichen Schichten ist die zunehmende Vereinsamung von Menschen, von der Alte und Junge gleichermaßen betroffen sind. Die Bischöfe plädieren daher für einen „Pakt gegen Einsamkeit“ unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Kräfte.

Solidarität darf nicht an nationalen oder europäischen Grenzen enden: Österreich ist daher gefordert, sein immer wieder gegebenes Versprechen einzulösen, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen. Unterstützt von großzügigen Spenderinnen und Spendern werden die Caritas und zahlreiche kirchliche Hilfswerke weiterhin ihr Möglichstes tun, um den Ärmsten der Armen weltweit zu helfen und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Das Wesen von Kirche ist untrennbar verbunden mit Caritas, die dabei immer auch ein Selbstzweck ist: Hilfe gebührt Menschen allein aufgrund ihrer Not und daher unabhängig von ihrer Religion oder anderen Merkmalen. Diese Haltung ist zutiefst christlich, weil sie der überfließenden Liebe Gottes zu allen Menschen entspricht. Es ist daher ein bleibender Auftrag, diese geistlichen Quellen den vielen Engagierten in den kirchlichen Caritas-Organisationen immer wieder neu zu erschließen. Der kirchliche „Welttag der Armen“, der von Papst Franziskus eingeführt wurde und heuer am 17. November begangen wird, macht deutlich, dass der Platz der Kirche an der Seite der Menschen ist. In den Armen begegnet uns Christus.

 

4. „Sonntag des Wortes Gottes“ und „Jahre der Bibel“  

Christen sollen sich vom Wort Gottes begeistern lassen, weil es die bevorzugte Weise ist, wie sich Gottes Geist den Menschen mitteilt. Diese Überzeugung von Papst Franziskus steht hinter seiner Entscheidung, einen „Sonntag des Wortes Gottes“ einzuführen. Er wird weltweit erstmals am 26. Jänner 2020 begangen und soll die Rolle der Bibel im Leben christlicher Gemeinden stärken. Die österreichischen Bischöfe unterstützen die Einführung dieses Themensonntags, der bewusst in Nähe zur Weltgebetswoche für die Einheit der Christen angesetzt ist und damit die Verbundenheit aller Christen durch die Heilige Schrift stärken will.

Schon vor einem Jahr haben in Österreich im Zuge der Einführung der neuen Messlektionare mit den Texten der revidierten Einheitsübersetzung drei „Jahre der Bibel“ begonnen (www.jahrederbibel.at). Sie stehen unter dem Motto „BIBEL hören.lesen.leben“ und wer-den vom Österreichischen Bibelwerk inhaltlich begleitet. Höhepunkte sind die österreichweite Pastoraltagung zur Bibel (9. bis 11. Jänner 2020 in Salzburg) und die Bibel-Festwochen (25. September bis 4. Oktober 2020). Gemeinsam mit dem nun eingeführten „Sonntag des Wortes Gottes“ wollen die drei Themenjahre die Gläubigen dazu motivieren, die Bibel wieder häufiger in die Hand zu nehmen und als Quelle für ihr Glaubensleben zu entdecken. Hilfreich dabei ist eine neue Bibel-App mit der gesamten revidierten Einheitsübersetzung, den Tageslesungen und Bibelleseplänen.

Das Wort Gottes hat im Gottesdienst einen besonderen Stellenwert. So wird es in der katholischen Messfeier vom Ambo, einem erhöhten Ort im Altarraum, aus verkündet. Als Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils gibt es eine neue feste Leseordnung, die sicherstellen soll, dass die Gemeinden mit möglichst vielen Texten der Bibel bekannt werden. So werden in einem dreijährigen Zyklus die drei Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) relativ vollständig gelesen. Die erste Lesung, die meist aus dem Alten Testament stammt, ist thematisch darauf abgestimmt; als zweite Lesung sind meist Briefe des Apostels Paulus vorgesehen. Nach dem Evangelium legt der Priester den Schrifttext in der Homilie aus. Dabei soll sich der Prediger vom Wort Gottes bewegen lassen und diese Begeisterung weitergeben, wie der Papst mehrfach betont hat. Eine auf die Heilige Schrift bezogene Predigt stellt sicher, dass Jesus Christus im Zentrum der kirchlichen Verkündigung steht.

  

5. An den Grenzen des Lebens zusammenstehen 

Die Humanität einer Gesellschaft bemisst sich in der Bereitschaft, gerade an den Grenzen des Lebens zusammenzustehen, um jene zu schützen, deren Leben besonders verwundbar ist. Daher gehört der Schutz von vulnerablen Personen zum Fundament unserer Rechtsordnung. Es ist verfehlt, die gesellschaftliche Debatte um Beihilfe zum Suizid und Tötung auf Verlangen allein anhand von Einzelfällen zu führen. Viel grundlegender ist die Frage, wie wir als Gesellschaft in Zukunft leben wollen und ob uns dabei das Leben so heilig ist, dass man an der Hand eines Menschen, aber nicht durch die Hand eines Menschen sein Leben beendet.

Wenn Menschen den Wunsch äußern, nicht mehr leben zu wollen, dann ist dies ein Hilfeschrei, den man nicht überhören darf. Diese Menschen wollen nicht dem Leben, sondern vielmehr dem Leiden entrinnen. Studien belegen, dass das Hauptmotiv für einen Tötungswunsch nicht körperlicher Schmerz ist, sondern psychische Belastungen wie Depression, Hoffnungslosigkeit und Angst. Die Antwort darauf kann aber nicht Tötung sein, sondern professionelle Hilfe, Beratung und Beistand.

Die Bischöfe mahnen daher mit Nachdruck, die derzeitigen gesetzlichen Regelungen zum Schutz des Lebensendes beizubehalten. Ist das Verbot der Tötung auf Verlangen und der Beihilfe zur Selbsttötung einmal aufgehoben, dann ist der Schritt zu einer gesellschaftlichen Normalität nicht weit, die schließlich in eine soziale Pflicht pervertiert. Entwicklungen in diese Richtungen gibt es in Ländern, die den absoluten Schutz des Lebensendes bereits aufgegeben haben.

Demgegenüber brauchen wir eine Kultur der Sorge und des Beistands, die eine liebevolle Begleitung bis an die Schwelle des Todes gewährleistet. Die Palliativversorgung hat maßgeblich zu einer Wiederentdeckung der ganzheitlichen Begleitung eines Kranken im Kontext der modernen Medizin beigetragen. Linderung von Leid heißt auch Beistand in seelischen und psychischen Krisen. Palliative Care lehrt uns: Wenn man „nichts mehr machen kann“, dann gibt es noch „viel zu tun“! Die Politik in Österreich hat bislang ein klares Bekenntnis zu dieser Kultur des Beistands abgelegt, dem weitere konkrete Taten folgen müssen.

Schutz braucht der Mensch ebenso am Beginn seines Lebens. Das betrifft vor allem die Unterstützung und Solidarität für schwangere Frauen in Konfliktsituationen. Dieses Ja zur werdenden Mutter ist zugleich ein Ja zum ungeborenen Kind. Es muss in einem wohlhabenden Land wie Österreich möglich sein, andere Lösungen zu finden, als die Tötung heranwachsender Menschen.

Die Bischöfe danken allen Initiativen, die schwangeren Frauen, Müttern und ihrem Umfeld Hilfe und Beratung bei ihrem Ja zum Leben anbieten. Diese Angebote könnten noch besser und zielgerichteter sein, wenn es in Österreich - so wie in fast allen europäischen Ländern - gesicherte Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen und ihren Ursachen gäbe. Noch immer warten die vor über 40 Jahren von der Politik angekündigten „flankierenden Maßnahmen“ auf ihre vollständige Umsetzung. Die Bischöfe unterstützen alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte, die sich dafür einsetzen, das ungeborene Leben zu schützen und zu fördern. Die Stimme für das Leben darf nie verstummen.

 

6. Hilfe und Frieden für Syrien  

Seit mittlerweile achteinhalb Jahren tobt in Syrien ein blutiger Krieg und es ist immer noch kein Ende in Sicht. So sind im Oktober im Norden und Nordosten des Landes neue Kämpfe ausgebrochen. Die Militäroffensive der Türkei und der mit ihr verbündeten Milizen hat erneut viele Opfer auch unter der Zivilbevölkerung gefordert. Hunderttausende sind auf der Flucht, darunter auch viele der letzten in der Region verbliebenen Christen. Der katholische Bischof von Aleppo, Georges Abou Khazen, hat die Offensive daher ein „menschliches Drama“ und ein „Verbrechen“ genannt. Mindestens 200.000 Menschen haben sich aus dem Grenzgebiet zur Türkei ins Landesinnere geflüchtet, wo sie nun in Notunterkünften leben. Es fehlt diesen Flüchtlingen an Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Medikamenten - und der Winter steht vor der Tür. Durch die jüngsten Kämpfe ist auch die Gefahr eines Wiedererstarkens des IS massiv angewachsen. Und in der syrischen Region Idlib wird ebenfalls noch heftig gekämpft. Drei Millionen Zivilisten sind betroffen, eine Million davon sind Kinder.

Das Leid der Betroffenen ist unerträglich und schreit zum Himmel. Weit mehr als 500.000 Menschen wurden in einem Konflikt getötet, der mittlerweile länger dauert als der Zweite Weltkrieg. Über zwölf Millionen Menschen in Syrien brauchen Hilfe. Rund zwölf Millionen Menschen wurden vertrieben, zu gleichen Teilen ins Ausland und innerhalb Syriens. Die westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Syrien verschärfen die Situation im Land. Sie treffen besonders die notleidende Bevölkerung und verhindern den wirtschaftlichen Wiederaufbau, weswegen auch die dortigen christlichen Patriarchen und Bischöfe ihre Aufhebung fordern.

Syrien braucht endlich Frieden und eine gerechte politische Lösung. Darin sind die Großmächte genauso gefordert, wie die regionalen Mächte und die Konfliktparteien im Land. Ein dauerhafter Friede wird nur auf Basis der Menschenrechte und der Religionsfreiheit sowie einer gerechten wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung möglich sein. Hoffnung darauf geben die in Genf unter der Ägide der UNO begonnenen Verhandlungen über eine neue syrische Verfassung. Mit der Hilfe für Syrien darf man aber nicht warten, bis wieder Friede herrscht. Die Bischöfe danken allen Organisationen und Hilfswerken, Ordensgemeinschaften und Pfarren, die sich für die Menschen in Not in Syrien einsetzen. Dazu zählen die Caritas, Kirche in Not, die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände, die Initiative Christlicher Orient, Christen in Not oder auch die Korbgemeinschaft. Hilfe ist angesichts der komplexen Situation im Land nicht einfach, aber sie ist möglich. Die Hilfe darf nicht nachlassen, sie gilt allen Bedürftigen ungeachtet ihrer Religion. Für die kleine christliche Minderheit im Land geht es dabei freilich zudem um ihr Überleben. Die Zahl der verbliebenen Christen wird auf höchstens noch 500.000 geschätzt. Sie brauchen Solidarität, konkrete Hilfe und politische Unterstützung auch aus Österreich.

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Die Bischofskonferenz tagte im Kloster Laab im Walde. Foto: Kathpress/Wuthe