Bischof Hermann: Demokratiefähigkeit lernt man in der Familie

Österreichs "Familienbischof" bei Impulsreferat vor der Familienkommission: Vermittlung von Wertschätzung des "Andersseins" anderer, Konfliktfähigkeit und Kompromissbereitschaft

Familien leisten nach den Worten von Bischof Hermann Glettler einen immensen Beitrag zum Funktionieren der pluralen Gesellschaft. "Demokratiefähigkeit lernt man in der Familie - in einer verlässlichen Ehe, einer verlässlichen Partnerschaft oder Familie, wie auch immer diese zusammengesetzt ist", sagte der Leiter des Bischofskonferenz-Referats für Ehe, Familie und Lebensschutz am Donnerstag in Wien. Anlass und Schauplatz war die 50. Sitzung der Familienkommission, dem zentralen kirchlichen Austauschgremium für die in der Familienpastoral tätigen Einrichtungen, Initiativen und Aktivitäten.

 

Zu der in der Familie erworbenen "Demokratiefähigkeit" gehören laut Glettler das "Interesse und Freude am Anderssein des Anderen" und die Wertschätzung für Kinder. Dass diese in der Pubertät "die Familie ordentlich aufmischen", gelte es als positiv zu sehen, "weil da ja etwas Frisches hereinkommt", betonte der Bischof. Auch die Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit durch Dialog werde in der Familie geschult, sowie schließlich die Fähigkeit, Kompromisse zu schließen und dafür auf "maximale Durchsetzung der eigenen Position" zu verzichten. Sogar Papst Franziskus habe es als wichtigste Kompetenz von Eheleuten genannt, "gut zu verhandeln". Dies gelte es zu lernen.

 

Für die verschiedenen kirchlichen Initiativen, die sich mit der "Ehe und Familie als Berufung" beschäftigen, befand Glettler ein Zitat der Navalny-Witwe Julija Borissowna Nawalnaja als wegweisend: "Ihre Aufforderung 'Hört auf langweilig zu sein! Seid erfinderisch' müssen wir uns auch in der Familienpastoral zu eigen machen", so der Bischof an die Vertreter der Einrichtungen und Bewegungen. Kreativität sei gefragt, ebenso das Lernen voneinander, sowie das Gebet, das eine große Hilfe sei, um auch in Belastungen, Emotionen und Enttäuschungen in der Ruhe zu bleiben.

 

Die Familienkommission wurde vor mehr als 20 Jahren vom damaligen Familienbischof Küng gegründet. Bei der jüngsten Sitzung war der Fokus auf die Ehebegleitung in Österreich gerichtet. Mehr als 60 unterschiedliche Angebote gibt es dazu derzeit in den Diözesen, kirchlichen Bewegungen und Initiativen, hat das Institut für Ehe und Familie (IEF) - an dem das Treffen stattfand - ermittelt.

 

Über Fragen und Probleme von Ehepaaren bzw. Paaren in der Familienberatung sprach bei der Familienkommission Susanne Savel-Damm von der ARGE Beratung, dem Zusammenschluss der staatlich geförderten Familienberatungsstellen in kirchlicher und kirchennaher Trägerschaft. Beratung habe "starken seelsorglichen Aspekt", betonte die Expertin. Statt Menschen dabei zu sagen, was sie tun sollen, würden sie "auf ihrem Weg zur Entscheidung begleitet". Oft stecke hinter dem Scheitern von Beziehungen das Verfolgen sehr hoher Ideale. Dabei gelte jedoch: "Der Wunsch nach langer, stabiler, glücklicher Partnerschaft und Familie hat sich in den Jahren nicht verändert", so Savel-Damm.

Foto: Stefan Schweihofer/Pixabay