1. Juni: Tag des Lebens

Ein offener Brief der "Aktion Leben Tirol" zum Tag des Lebens am 1. Juni, der heuer still begangen werden muss.

Regierungen ergriffen drakonische Maßnahmen: manche rechtzeitig, manche verspätet, hier konsequent, dort halbherzig. Die Ergebnisse lassen sich an Toten, Zuständen in Krankenhäusern, Kurven und Statistiken ablesen. Zahlen sind mitunter geschönt, um Versagen zu verbergen. Es geht letztlich um Leben oder Tod, Wohlstand und Wohlstandverlust, Solidarität oder „Rette sich wer kann“. Die Schwächen und Abgründe menschlichen Verhaltens werden angesichts der Pandemie recht offenkundig.

Am 1. Juni ist der „Tag des Lebens“. Er geht auf Grit Ebner zurück, die ihn 1978 als Generalsekretärin von Aktion Leben Österreich schuf. Die Kernbotschaft dieses mittlerweile in vielen Ländern begangenen Tages: Jeder Mensch ist in jeder Phase seines Lebens kostbar und einzigartig. Jedes Kind soll einen Platz haben. Werdende Eltern sollen bestmöglich beraten und unterstützt werden. 

Heuer muss dieser Tag still begangen, die Aktionen zu diesem Anlass auf den September verschoben werden. Das ist hintergründiger, als es zunächst scheint. Das Sterben der Ungeborenen geschieht lautlos, das Leiden der Betroffen auch, ihr Schmerz bleibt im Verborgenen. Wie bei den Opfern des Coronavirus und ihren Angehörigen. Dessen Opfer zählt man aber. Abtreibungen will man nicht einmal zählen. Seit Jahren verweigert sich die Politik der statistischen Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen. Man will es nicht wissen. Warum? 

Die Zahlen ermöglichten bei Corona der Regierung, fundiert Entscheidungen zu treffen, Maßnahmen zu setzen, Lockerungen vorzunehmen, Leben zu schützen und Leben zu ermöglichen. Kein Name wird genannt, nur statistische Daten. Das müsste doch auch beim Schwangerschaftsabbruch möglich sein. Auf Basis von Daten Hilfen anzubieten, Maßnahmen zu setzen, die es Frauen erleichtern, ihr Kind anzunehmen. 

Corona legt einen weiteren Missstand bloß, der Leben betrifft. Kinder von Leihmüttern stranden in der Ukraine, nicht abgeholt, weil die Grenzen dicht sind. Man findet in diesem Land nichts dabei, dass Frauen für Geld ihren Körper zum Austragen eines Kindes zur Verfügung stellen. Das erinnert fatal an Prostitution, auch dort gibt die Frau ihren Köper her. Ob das freiwillig ist oder nicht, die Gefahr und Wahrscheinlichkeit der Ausnutzung von Armut, Not oder Einfalt der Leihmutter – Mutter mit Ablaufdatum – ist einfach gegeben. So bedrückend Kinderlosigkeit sein kann, rechtfertigt dies die Benutzung einer anderen Frau, auch wenn sie „zustimmt“? Aus unserer Sicht keineswegs. Der noch so verständliche Zweck des Kinderwunsches darf niemals ethisch verwerfliche Mittel wie Leihmutterschaft heiligen! Schwangerschaft ist keine wert- und gefühlsbefreite Technik, sondern zutiefst Beziehung, Empfindung und Gefühl.

Die Würde der Frau und des Kindes müssen geachtet werden. Das kann im Schwangerschaftskonflikt großen Dilemmas führen, denn das ungeborene Kind ist Mensch und lebt. Es hat Anspruch auf Leben. In der Coronakrise hat sich deutlich gezeigt, dass der Anspruch auf Leben der Geborenen kostet und es ohne Einschränkungen der Gesellschaft nicht geht. Es gibt Grenzen, auch „koste es was es wolle“ ist schrankenlos nicht möglich. Staatsbankrott und ein Zusammenbruch der Wirtschaft und damit Massenarbeitslosigkeit gehen nicht. Wenig oder gar nichts tun, ist aber auch keine Lösung, hier wie dort.

Die nötige Unterstützung für Schwangere, für Behinderte, für Schwache kostet. Hier ist der Staat als große Solidargemeinschaft der Steuerzahler gefordert. Ganz negativ für das Leben wirkt sich hier die Haftung der Ärzte bei Vorsorgeuntersuchungen aus. Diese Haftung anstelle staatlicher Hilfe bewirkt Abtreibungen auf begründeten Verdacht und lässt vorgeburtliche Behinderung vermeidbar erscheinen und schont die Finanzen. Manche meinen auch, man könne bei Corona Alte ruhig sterben lassen, dann sie hätten ohnedies nur noch kurz zu leben. Da sehe ich Parallelen. Leben ist unteilbar. 

Gegen Abtreibung wird staatlicherseits wenig getan. Selbst Schritte wie eine Statistik vorzusehen, die ganz wenig kosten, werden unterlassen. Daher ist der Tag des Lebens so wichtig. Es geht um Bewusstsein schaffen, den Wert des Lebens betonen, der über dem Wert von Geld und Finanzen zu sehen ist. Der Schutz des Lebens ist nicht kostenlos zu haben, nirgends. Das Virus hat uns das deutlich gezeigt. So betrachtet, reicht der Tag des Lebens weit über dessen Kern- und Ursprungsgedanke Schutz des Ungeborenen hinaus. Er ist brandaktuell, denn jeder Mensch ist in jeder Phase seines Lebens kostbar und einzigartig. 

Dr. Johann Hager, Aktion Leben

www.aktionleben-tirol.org